Henstedt-Ulzburg. Michael Greiner nennt die Wilstedter Straße einen „Running Gag“ und den Wochenmarkt eine „tolle Einrichtung“. Ein Rundgang.

Michael Greiner erinnert sich noch gut an die Zeit, als er mit seinen Freunden in der Natur unterwegs war und versucht hat, in der Alster Fische zu fangen. Meistens vergeblich, aber Spaß hatten die Kinder dabei. Heute steht die Oberalsterniederung unter Naturschutz, das Angeln ist natürlich untersagt.

46 Jahre lang gab es „auf“ dem Rhen – niemand wohnt „in“ Rhen – das Schreibwarengeschäft Greiner. Zunächst führte es der Vater, seit 1996 war Sohn Michael verantwortlich für das Geschäft an der Wilstedter Straße, direkt gegenüber vom Centrum Rhen.

Am 1. August ist das wahrscheinlich am längsten bestehende Einzelhandelsgeschäft im Ortsteil in andere Hände übergegangen, aber Michael Greiner (54) hatte all die Jahre reichlich Gelegenheit, den Rhen, seine Besonderheiten und seine Bewohner kennenzulernen.

Wilstedter Straße erregt die Gemüter der Rhener

Eine Besonderheit ist schon die Straße, an der das Schreibwarengeschäft liegt: Die Wilstedter Straße erregt die Gemüter der Rhener schon seit vielen Jahren. Michael Greiner nennt die Straße einen „Running Gag“ und spielt damit nicht nur auf den Zustand, sondern auch auf die vergeblichen Bemühungen von Politik und Verwaltung an, diese Straße auszubauen.

Sie ist Wohnstraße, Durchgangsstraße und Zubringerstraße für die Paracelsus-Klinik, die seit 1974 Jahren an der Wilstedter Straße steht, in dieser Zeit zweimal den Betreiber und einmal den Namen gewechselt hat. Sie ist schmal, sie ist teilweise kaum passierbar, sie ist stellenweise so kaputt, dass man um sein Auto fürchten muss, sie ist eine der meist befahrenen Straßen im Ort. Alles in allem ist sie eine Lebensader für den Ortsteil.

Ausbau der Straße zieht sich hin

Jedes Jahr wird der Ausbau der Straße angekündigt, aber es passiert nichts. Die Rhener ärgern sich, aber sie arrangieren sich zähneknirschend mit dieser Unzumutbarkeit. Michael Greiner fällt dazu nur ein Satz ein: „Das ist traurig!“

Diese Skulptur steht vor dem Centrum Rhen. Donnerstags findet auf diesem Platz der immer gut besuchte Wochenmarkt statt.
Diese Skulptur steht vor dem Centrum Rhen. Donnerstags findet auf diesem Platz der immer gut besuchte Wochenmarkt statt. © Frank Knittermeier | Frank Knittermeier

Gegenüber von Michael Greiners altem Laden steht das Centrum Rhen, 1980 als Nahversorgungszentrum gestartet, später als Dienstleistungszentrum gelandet.

Hier gibt es Arztpraxen, Rechtsanwälte, eine noch verbliebene Bank, ein paar Läden, eine Apotheke und mit dem Rewe-Supermarkt immerhin noch ein gut funktionierendes Lebensmittelgeschäft. Viele Geschäftsleute haben in den vergangenen Jahrzehnten versucht, hier Fuß zu fassen, viele sind gescheitert.

Das Wohngebiet dahinter, in großen Teilen erschlossen vom Henstedt-Ulzburger Bauträger Manke, entstand ebenfalls um 1980. Bis dahin konnten die Rhener hier in einer Heidelandschaft hinüber zum Henstedter Moor wandern.

Rhener Wochenmarkt seit 40 Jahren Treffpunkt

Michael Greiner freut sich besonders über den Rhener Wochenmarkt auf dem Marktplatz vor dem Centrum Rhen, der auch nach 40 Jahren noch ein Anziehungs- und Treffpunkt für die Bewohner des Ortsteils ist. „Das ist immer noch eine tolle Einrichtung“, sagt der Geschäftsmann. „Er ist beliebt, da ist immer viel los.“

Weiter geht es zur Neubausiedlung am Schäferkampsweg, wo zunächst in den 1990er-Jahren die damalige Realschule und heutige Gemeinschaftsschule auf einer grünen Wiese errichtet wurde. Hier gibt es ein Jugendzentrum, einen vor wenigen Wochen eröffneten DRK-Kindergarten, neue Straßen und neue Häuser. Im Laufe von wenigen Jahren ist hier ein neuer Ortsteil innerhalb des Ortsteils Henstedt-Rhen entstanden.

Die Rhener Gemeinschaftsschule wurde in den 1990er-Jahren auf einer Wiese gebaut. Inzwischen ist am Schäferkampsweg eine ganze Wohnsiedlung entstanden.
Die Rhener Gemeinschaftsschule wurde in den 1990er-Jahren auf einer Wiese gebaut. Inzwischen ist am Schäferkampsweg eine ganze Wohnsiedlung entstanden. © Frank Knittermeier | Frank Knittermeier

Viele Neubausiedlungen, die bis heute das Ortsbild prägen, sind in den 1960er-Jahren entstanden, als sich Rhen zu einem Wohnort für Zugezogene wandelte. Es gab ausreichend freie Flächen, die Verkehrsanbindung war durch den Bau der Schleswig-Holstein-Straße sehr gut, der ANB-Anschluss Meeschensee garantierte eine schnelle Fahrt nach Hamburg, die Landschaft mit den Mooren, Wäldern und landwirtschaftlichen Flächen war reizvoll.

Villen nahe der Alsterquelle kosten Millionen

Am Immbarg, direkt angrenzend an das heutige Naturschutzgebiet Henstedter Moor, entstanden Villen auf Grundstücken, die einst zu Pfennigpreisen verkauft wurden, weil niemand geglaubt hatte, dass dort wirklich einmal gebaut werden durfte. Wer sich rechtzeitig und vorausschauend Land gesichert hatte, konnte frohlocken. Heute gehört dieser Bereich zu den teuersten und bevorzugten Wohngebieten im Hamburger Umland. Für Villen im Bereich der Alsterquelle werden Millionensummen verlangt – und gezahlt.

Henstedt-Rhen war auch ein beliebter Wohnort für die Profi-Fußballer des HSV, als der noch sein Trainingsquartier an der Ochsenzoller Straße in Norderstedt hatte.

Eine Besonderheit ist der Einwohnerverein Rhen, der 1955 gegründet wurde, um Forderungen an die Behörden zu unterstützen, und heute immer noch eine wichtige Integrationskraft im Ort ist. Das Mitteilungsblatt „Der Rhener“ erscheint im 65. Jahrgang und wird sechsmal im Jahr an 3000 Haushalte verteilt.

Grundstück für Bau der Feuerwache gesichert

Eine Feuerwehr gibt es demnächst möglicherweise auch: Die Gemeinde hat sich bereits ein Grundstück am Kreuzungsbereich Norderstedter Straße/Kiefernweg für den (noch nicht beschlossenen) Bau einer Feuerwache gesichert. „Eine Feuerwehr würde Rhen gut tun“, glaubt Michael Greiner. „Und sie wäre auch wichtig, weil auf dem Wagenhuber-Gelände an der Norderstedter Straße ja ein neues Wohnquartier entstehen soll.“

Die Alsterquelle ist natürlich ein Anziehungspunkt für Naturliebhaber, für Wanderer und Touristen, die sehen wollen, wo der berühmte Hamburger Fluss seinen Ursprung hat. Aus der mit einer Mauer eingefassten und einer Bronzeplatte gekennzeichneten Quelle blubbert dunkles Wasser, dass dann zunächst in Richtung Nordosten rinnt, keinesfalls aber strömt.

Die Stadt Hamburg ist Eigentümerin des Geländes, das natürlich auf Henstedt-Ulzburger Gebiet liegt. Rings um die Quelle gibt es ein breites Wanderwegenetz. Wer Zeit und Kraft hat, kann von hier aus bis zur aufgestauten Hamburger Binnen- und Außenalster wandern. Leichter ist diese Strecke mit dem Fahrrad zu bewältigen: Von der Quelle bis zur Mündung in die Elbe ist die Alster 56 Kilometer lang. Ein kleines, für Hamburg und Henstedt-Ulzburg aber ein wichtiges Flüsschen.

Detlev von Liliencron setzt Quelle literarisches Denkmal

Michael Greiner kennt das Gebiet seit seiner Kindheit natürlich ganz genau: „Die Alsterquelle ist für Rhen schon etwas ganz Besonderes. Seit meiner Kindheit bin ich immer wieder gerne hier.“ Die Ausschilderung lässt zwar zu wünschen übrig und stellt Ortsunkundige oft vor ein Rätsel, aber das ist für die Rhener eher zweitrangig. Sie sind seit jeher stolz auf die Hamburger Enklave.

Michael Greiner: „Die Alsterquelle ist für Rhen schon etwas Besonderes.“
Michael Greiner: „Die Alsterquelle ist für Rhen schon etwas Besonderes.“ © Frank Knittermeier | Frank Knittermeier

Und der Autor Detlev von Liliencron (1844-1909) hat der Quelle in seinem autobiografischen Roman „Leben und Lüge“ ein kleines literarisches Denkmal gesetzt:

„Jeder in Hamburg Geborene müsste verpflichtet sein, wenigstens einmal in seinem Leben hinzugehen, um dort mit übereinandergeschlagenen Armen seine tiefe Verbeugung zu machen vor der heiligen Quelle.“