Norderstedt. Wie bewegen sich die Menschen in der Stadt? Der sogenannte Modal Split ist der Gradmesser für die Verkehrswende in Norderstedt.
Wie sieht die Zukunft der Mobilität in Norderstedt aus: Fahren wir alle Rad, in autonomen Bussen, in Elektroautos oder doch noch im Auto mit Verbrennungsmotor? Auf diese Frage gibt es so viele Antworten, wie es Verkehrsexperten gibt. Aber der Trend ist klar: Umweltfreundliche Mobilität hat Konjunktur, dem Verbrennungsmotor prophezeien selbst Wirtschaftsanalysten bis 2040 das Aus.
Die Städte müssen reagieren, sich auf einen grundlegenden Wandel auf den Verkehrswegen einstellen und diese umbauen. Norderstedt geht die Aufgabe Stück für Stück an. Die Stadt prüft den Einsatz autonomer Busse, baut ein öffentliches Netz aus Aufladestationen für Elektroautos auf, prüft Taktverbesserungen im ÖPNV, integriert Carsharing sowie Kleinbusse in die Planung für Wohngebiete und – vor allem – investiert massiv in den Ausbau des Radverkehrs. Neue Radwege, Fahrradstraßen, Velorouten, ein Verleihfahrradsystem und Radparkhäuser entstanden – Radschnellwege sind in der Planung.
Wie sehr all das die Stadt und die Mobilität ihrer Bürger verändert, das bricht der sogenannte Modal Split auf nackte Zahlen herunter. Dieser fachsprachliche Ausdruck beschreibt die Verteilung des Transportaufkommens auf verschiedene Verkehrsmittel. In ihrem Verkehrsentwicklungsplan aus dem Jahr 2007 nennt die Stadt Norderstedt die Werte einer Haushaltsbefragung. Danach machte der motorisierte Individualverkehr damals 57 Prozent des Aufkommens aus, der Radverkehr 19 Prozent, der ÖPNV lediglich acht Prozent und die Fußgänger 16 Prozent.
Die Leute gehen zu Fuß oder nehmen Bus und Bahn
13 Jahre später ergibt sich ein anderes Bild: Laut aktuellen Zahlen aus dem Rathaus liegt der Anteil von Auto und Co. heute bei 49 Prozent, der ÖPNV hat zugewonnen auf 12 Prozent, die Fußgänger erstarken auf 24 Prozent – der Radverkehr aber schrumpft sogar um vier auf 15 Prozent.
Damit ist das über viele Jahrzehnte als Autostadt bekannte Norderstedt mittlerweile im bundesweiten Vergleich unterdurchschnittlich beim Anteil des motorisierten Individualverkehrs. Die Mittelwerte vergleichbarer Städte liegen bei 52 Prozent. Auch bei den Fußgängern (22 Prozent) und im ÖPNV (10 Prozent) liegt Norderstedt besser, nur beim Radverkehr jedoch zurück (16 Prozent).
Trotz aller Bemühungen ist die Transformation der Autofahrerstadt Norderstedt zur fahrradfreundlichen Kommune also längst nicht abgeschlossen. Sie ist das erklärte Ziel der Verwaltung. „In Norderstedt sollen mehr Menschen für das Fahrrad als Verkehrsmittel begeistert und zum Umsteigen vom Auto auf das Fahrrad bewegt werden“, heißt es in der Präambel zum 20-Punkte-Programm des Norderstedter Fahrradforums, jenem Gremium aus Vertretern aus Politik, Verwaltung und Verbänden in Norderstedt, das über Maßnahmen für das Radfahren in der Stadt berät.
„Das Fahrrad soll in Norderstedt für Wege innerhalb und zwischen den Stadtteilen ein besonders attraktives Verkehrsmittel werden. Für weitere Strecken soll das Fahrrad in Kombination mit dem öffentlichen Verkehr eine bevorzugte Alternative zum Auto werden.“ Ein Generationenproblem wird in dem Papier nicht beschrieben. Im Gegenteil: „Menschen können von Kind an bis ins höchste Alter mit dem Fahrrad fahren.“
In der Stadt Norderstedt soll sich der Anteil des Radverkehrs an den zurückgelegten Wegen bis 2026 um 50 Prozent erhöhen. 22 statt 15 Prozent sind also das Ziel. Hört sich wenig an, ist aber in Wahrheit eine verkehrspolitische und gesellschaftliche Mammutaufgabe.