Norderstedt. Eine Studie im Auftrag der Stadt Norderstedt zeigt, wie viel Aufwand und Geld für einen dreijährigen Testlauf nötig wäre.

Kleinbusse, die sich autonom 365 Tage und rund um die Uhr auch durch entlegene Norderstedter Straßen bewegen, lautlos, fahrerlos elektrisch, immer verfügbar. Die Bürger könnten das Auto stehen lassen oder komplett darauf verzichten und würden sich stattdessen von den Shuttles zur U-Bahn oder anderen Bushaltestellen bringen lassen.

Das ist der Mobilitäts-Traum, den die Stadtplaner im Norderstedter Rathaus träumen – und nicht nur hier. Dem autonomen Busverkehr wird zukünftig in vielen Regionen Deutschlands zugetraut, die Lösung im öffentlichen Personen-Nahverkehr zu sein. Sowohl im städtischen als auch ländlichen Kontext.

Ein ähnliches Projekt im Stadtpark scheiterte an der Zustimmung der Politik

Norderstedt versucht sich seit Jahren in der Konkretisierung des Traums. Im Baugebiet „Grüne Heyde“ in Harksheide etwa. In der geplanten Heimat für 1300 Neubürger ist ein ÖPNV-Konzept mit autonomen Bussen angedacht. Um praktische Erfahrungen im Einsatz eines autonomen Busses zu sammeln, sucht die Stadt eine Teststrecke. Ein Rundkurs um den Stadtparksee war in der politischen Diskussion und fand keine Mehrheit. Nun liegt die Machbarkeitsstudie für eine zweite mögliche Teststrecke vor: den Glashütter Damm.

Ein ungleich umfassenderes Projekt als das im Stadtpark. Denn es handelt sich um den Einsatz autonomer Busse im fließenden Verkehr, mitten in einem Wohngebiet, das in Zukunft im Neubaugebiet „Sieben Eichen“ 300 Häuser und an die 1000 Einwohner dazugewinnen wird. Wie auch im Stadtpark hat der Ingenieur Holger Michelmann vom Büro autoBus der interlink Consulting in Berlin die Machbarkeit autonomen Fahrens am Glashütter Damm unter die Lupe genommen. Sein Fazit: Grundsätzlich positiv und genehmigungsfähig. Aber auch finanzierbar und akzeptabel für Politik und Bürger?

Von wegen autonom: Ein Fahrer wäre immer an Bord

Zunächst das Konzept. Michelmann empfiehlt, auf dem Glashütter Damm zwischen der Segeberger Chaussee und der Poppenbütteler Straße zwei autonome Busse pendeln zu lassen. Angebunden wären die Busse im Westen an die reguläre Bushaltestelle „Harksheide, Heidehof“ (Linien 178, 278, 606 und 7550) und am Ende an die Haltestelle „Glashütter Damm“ (Linien 478, 493, 578). Acht Haltestellen hätte der Bus. Hin und zurück betrüge die „Umlauflänge“ 5,1 Kilometer. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 km/h würde der Bus dafür eine Fahrzeit von etwa 29 Minuten benötigen. Stimmig zum Fahrplan der Buslinie 493 könnten die Shuttles also im 20-Minuten-Takt die Haltestellen anfahren, und das an 22 Stunden am Tag. Soweit der Fahrplan. Doch was ist dafür alles nötig?

Autos dürften auf der Straße nicht mehr parken

Zunächst braucht es vier Busse, um einen 22-Stunden-Einsatz ohne Ladepausen zu bewerkstelligen. Hinzu kommt: Weil die rechtliche Situation autonomes Fahren nicht vorsieht (siehe Artikel rechts), muss immer ein Fahrer an Bord des Busses sein, der in Ausnahmesituationen die Software übersteuern kann.

Das kostet: Alleine die Busse und ihr Betrieb über drei Jahre schlüge bei einer Anmietung mit 2,4 bis 3,4 Millionen Euro zu Buche, je nach Bushersteller und Ausstattung. Und die Kosten für das Personal an Bord sind da noch nicht eingerechnet. Kauft die Stadt die Busse, ist der Testbetrieb mit 1,7 bis 2,7 Millionen Euro günstiger, doch es fallen nach drei Jahren Folgekosten an.

Hinzu kommt, dass die Busse ihren Freiraum brauchen. Das Parken am Straßenrand des Glashütter Damms müsste entfallen – der Bus kann parkenden Wagen nicht ausweichen. Es sei denn, die stehen in vorher eingezeichneten und ausgewiesenen Parkzonen. Damit es nicht zu gefährlichen Situationen mit anderen Fahrzeugen kommt, sollte generell Tempo 30 auf dem Glashütter Damm eingeführt werden.

Die Politik diskutiert kontrovers über den Testlauf

Im Verkehrsausschuss sorgte die Studie schon für kontroverse Diskussionen, sagt Nicolai Steinhau-Kühl, SPD-Fraktionschef und Ausschussvorsitzender. „Aber der Glashütter Damm ist für einen normalen Bus zu eng. Wir müssen uns Gedanken machen, wir wir die Menschen dort an den ÖPNV anbinden.“ Bevor die Politik irgendeine Entscheidung zum Testbetrieb der autonomen Busse trifft, soll jetzt ermittelt werden, wie viel Geld für das Projekt aus nationalen oder europäischen Fördertöpfen zu holen ist. „Wie müssen wissen, wie viel Geld an der Stadt hängenbleibt“, sagt Steinhau-Kühl.

Außerdem soll geprüft werden, inwiefern eine Kooperation mit dem Projekt für eine autonome Buslinie in Wahlstedt sinnvoll ist. Die Politik möchte dort bis 2023 eine Bus auf die Straße bekommen.

Ein weiteres Beispiel in Schleswig-Holstein ist das Projekt NAF-Bus, das vom Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur mit etwa 2,38 Millionen Euro gefördert wird. Die elektrisch betriebenen Kleinbusse sind auf einem privaten Gelände des GreenTEC-Campus in Enge-Sande und auf öffentlichen Straßen im Kreis Nordfriesland und auf Sylt schon im Einsatz. Von der Universität Kiel sind Arbeitsgruppen aus der Informatik, der Geografie und der Rechtswissenschaft beteiligt.