Kiel/Norderstedt. Der Ein-Knopf-Computer – genannt KOMP – soll Menschen, die an Demenz erkrankt sind und ihren Angehörigen die Kommunikation erleichtern.
Für Menschen mit Demenz ist der Kontakt zu Familie und Freunden besonders wichtig. Doch nicht immer wohnen die Angehörigen in der Nähe, nicht immer können Freunde regelmäßig vorbeischauen. Außerdem stellen gängige Kommunikationsmittel wie Smartphone, E-Mail, Videotelefonie oder Kurznachrichten für ältere Menschen häufig eine große Hürde dar.
Um eine soziale Isolation zu verhindern, hat die Alzheimer Gesellschaft Schleswig-Holstein in Kooperation mit dem in Norderstedt ansässigen Kompetenzzentrum Demenz und der Techniker Krankenkasse (TK) das Projekt „Gemeinsam gegen Einsamkeit“ ins Leben gerufen. Mithilfe eines einfachen Ein-Knopf-Computers – genannt KOMP – sollen an Demenz erkrankte Schleswig-Holsteiner mit Familie und Freunden in Kontakt bleiben und so das Gefühl von Einsamkeit gemindert werden.
KOMP sieht aus wie ein kleines
TV-Gerät, besitzt aber nur einen einzigen Bedienungsknopf. Mit diesem schalten die Nutzer das Gerät ganz einfach nur an und aus. Über den Bildschirm werden Fotos, Nachrichten und Videoanrufe von Familie und Freunden übertragen. Diese wiederum übermitteln ihre persönlichen Inhalte über eine App von zu Hause aus oder von unterwegs.
„Für Menschen, die nur wenig Erfahrung mit Technik haben, ist das Gerät sehr gut geeignet. Denn es erfordert keinerlei digitale Vorkenntnisse“, sagt Sozialpädagogin Anne Brandt, die das Projekt bei der Alzheimer Gesellschaft gemeinsam mit Anna Jannes betreut. „Wir sind davon überzeugt, dass es sowohl für Betroffene als auch für deren Familien eine große Hilfe sein kann.“
In Zeiten von Corona gewinnt das Projekt an Bedeutung
Drei Familien in Schleswig-Holstein testen KOMP bereits – und erste Anfragen auf eine längere Nutzung sind bei Anne Brandt schon eingegangen. Auch für die Angehörigen sei diese unkomplizierte Kommunikation enorm wichtig, betont sie. Kinder und Enkelkinder machen sich schließlich Sorgen und können häufig nicht so oft vor Ort sein, wie sie es gerne würden.
Gerade in Zeiten von Corona kommt dem Projekt eine große Bedeutung zu. Abstand halten ist für alle inzwischen an der Tagesordnung. Insbesondere ältere Menschen, die alleine wohnen und an einer Demenzerkrankung leiden, brauchen die sozialen Kontakte so dringend.
Für den Leiter der TK-Landesvertretung, Sören Schmidt-Bodenstein, ist das Projekt ein gutes Beispiel dafür, dass digitale Lösungen nicht immer mit einem ausprägten Technik-Verständnis einhergehen müssen: „Das Gerät zeigt, wie eine hochentwickelte Technik auf das Wesentliche reduziert wird und so in der Praxis auch schnell und unkompliziert genutzt werden kann.“ Kreative Ansätze von Start-ups wie No Isolation, die KOMP entwickelt haben, seien für die Zukunft der medizinischen Versorgung wichtig: „Innovative Ideen wie diese zeigen, dass die Bedarfe von älteren und erkrankten Menschen immer mehr in den Blick der Entwickler geraten. Daraus entstehen spannende Ideen, die den Alltag der Zielgruppe tatsächlich erleichtern können.“
In Schleswig-Holstein leben nach Angaben der Alzheimer Gesellschaft mehr als 60.000 Menschen mit einer Demenzerkrankung. Durch den fortschreitenden demografischen Wandel werde diese Zahl vermutlich weiter zunehmen.
Das Projekt „Gemeinsam gegen Einsamkeit“ wird im Rahmen der Selbsthilfeförderung von der TK unterstützt. Insgesamt stehen während der Pilotphase fünf Geräte in Schleswig-Holstein zur Verfügung. Ein KOMP-Gerät steht in der Musterwohnung für Menschen mit und ohne Demenz des Kompetenzzentrums Demenz in Norderstedt nach Absprache zur Besichtigung bereit. Eine wissenschaftliche Begleitung des Projektes soll Aufschluss darüber geben, ob durch dieses technische Mittel die Einsamkeit tatsächlich reduziert werden kann und die Handhabung für Menschen mit Demenz geeignet ist. Hierfür werden qualitative Interviews mit den Nutzern und deren Angehörigen geführt.