Norderstedt. Stadtvertreter Tobias Schloo (SPD) will 2021 für Mandat im Bundestag zu kandidieren. Zunächst muss er sich parteiintern behaupten.
Seit Tobias Schloo 13 Jahre alt ist, engagiert er sich in seiner Freizeit in der Norderstedter Kommunalpolitik. Hockey, Tennis, Judo, Fußball, Schulorchester – in seiner Jugend hat er viele Hobbys durchprobiert. Doch nichts hat ihn so sehr gefesselt wie die Politik. Schon lange ist der 27-Jährige Stadtvertreter der SPD, nimmt in der Woche an drei bis vier Sitzungen teil, hilft am Wochenende im Ortsverein. Natürlich alles ehrenamtlich. Hauptberuflich arbeitet er als Sales Manager in einer Logistikfirma in Hamburg-Lokstedt.
„Ein Fußballer, der unter der Woche bis zu viermal trainiert und am Wochenende ein Spiel hat, betreibt ein genauso zeitintensives Hobby wie ich“, sagt Schloo. „Der wird auch nicht gefragt, ob er das beruflich unter einen Hut bekommt.“ Der Norderstedter träumt davon, mehr aus seiner Leidenschaft zu machen. „Das Hobby zum Beruf zu machen, wäre ein Stück weit Erfüllung für mich.“ Genau deshalb will Schloo 2021 in den Bundestag einziehen.
Schloo muss sich zunächst innerhalb der SPD behaupten
Der junge Politiker hat sich beworben, um für die Sozialdemokraten als Direktkandidat im Wahlkreis Segeberg/Stormarn-Mitte zu kandidieren. Ungefähr ein Vierteljahr hat er über diesen Schritt nachgedacht. Nun ist er ihn gegangen. „Wir haben aktuell die missliche Lage, keinen SPD-Bundestagsabgeordneten aus unserem Wahlkreis zu haben“, sagt Schloo. Der letzte sei Franz Thönnes gewesen. Von 1994 bis 2017. Um wieder auf Bundesebene vertreten zu sein, gab es für Schloo nur eine nahe liegende Lösung: „Ich steige selbst in den Ring.“
Um weiter vom Bundestag träumen zu dürfen, muss sich der Stadtvertreter allerdings zunächst einmal innerhalb der eigenen Partei behaupten. Einen weiteren Bewerber um die Kandidatur gibt es zwar noch nicht. „Aber ich gehe davon aus, dass es noch mehr Bewerbungen geben wird. Ich weiß von einzelnen Leuten, dass sie auch mit dem Gedanken spielen“, sagt Schloo. Die Bewerbungsfrist endet am 2. August. Sollte es noch weitere Interessenten innerhalb der SPD geben, entscheidet die Wahlkreisversammlung im Herbst über die Nominierung.
„Das ist ein mutiger Schritt“, sagt Nicolai Steinhau-Kühl, Fraktionsvorsitzender der SPD in Norderstedt, über Schloos Bewerbung. „Als Direktkandidat in den Bundestag einzuziehen, wird nicht einfach. Aber Überraschungen sind möglich. Ich wünsche ihm viel Erfolg.“
Sollte Schloo tatsächlich von der SPD als Kandidat aufgestellt werden, erwartet ihn mit Gero Storjohann (CDU) ein harter Konkurrent. Der 62-Jährige, der in Seth lebt und seit 2002 im Bundestag sitzt, will erneut kandidieren. Er kann sich der Unterstützung seines Heimat-Kreisverbands sicher sein. Der CDU-Kreisvorstand Segeberg hat sich einstimmig für Storjohann ausgesprochen. Bei der vergangenen Bundestagswahl erhielt er 41,1 Prozent der Erststimmen. Der damalige SPD-Kandidat Alexander Wagner erzielte 27,3 Prozent.
„Ich schätze meine Chancen gar nicht so dramatisch schlecht ein“, sagt Schloo. Er ist nicht der Meinung, dass vorherige Ergebnisse in Stein gemeißelt seien. „Bei der nächsten Wahl gibt es keinerlei Amtsbonus für irgendwen. Das ist ein vollkommen offenes Rennen.“ Schon bei der Kommunalwahl 2018 habe er seinen Wahlkreis, der vorher von der CDU dominiert wurde, direkt gewonnen.
Sollte Schloo es tatsächlich in den Bundestag schaffen, wäre er damit nicht der einzige mit einer Verbindung nach Norderstedt. Günther Heyenn begann seine politische Laufbahn 1957 mit dem Eintritt in die SPD Friedrichsgabe, gehörte der ersten Norderstedter Stadtvertretung an. Von 1976 bis 1994 war er Abgeordneter des Bundestags. Franz Thönnes hatte lediglich für eineinhalb Jahre einen Zweitwohnsitz in der Stadt.
Schloo ist in Norderstedt aufgewachsen und am Lessing-Gymnasium zur Schule gegangen. Selbst als er in Lüneburg Volks- und Betriebswirtschaftslehre studierte, wohnte er weiterhin in seiner Heimatstadt. „Ich bin der Region sehr verbunden. Hier ist mein Zuhause“, sagt er. Gemeinsam mit Freundin Denise Loeck, die ebenfalls SPD-Stadtvertreterin ist, wohnt er in einer kleinen Wohnung in Glashütte. Seit neun Jahren sind die beiden Jungpolitiker ein Paar. „Das ist ein großer Luxus, jemanden zu Hause zu haben, der einen versteht.“
Politik hat Schloo schon immer interessiert. Angefangen hat er im Kinder- und Jugendbeirat der Stadt. „Dann kam irgendwann der Zeitpunkt, an dem ich mich fragte, wo meine politische Heimat liegt.“ Letztendlich hat er sie in der SPD gefunden. 2008 ist er eingetreten. Seit gut zehn Jahren ist Schloo Mitglied im Sozialausschuss, seit 2018 sitzt er diesem vor. Eine kurze Zeit war er Aufsichtsratsvorsitzender der Das Haus im Park gGmbH, von 2016 bis 2018 engagierte er sich als Kreisvorsitzender der Jusos.
Digitalisierung und Wohnen gehören zu seinen Kernthemen
Schloo liegt besonders die Digitalisierung am Herzen. „Gerade jetzt in Zeiten von Corona sieht man, wie wichtig es ist, gutes Internet zu haben.“ Ohne eine gute Infrastruktur sei es schwierig, Homeoffice-Konzepte in die Tat umzusetzen und zur Lebensrealität der Menschen zu machen. „Norderstedt ist ein Leuchtturmprojekt. Aber sofern man ein bisschen weiter rausfährt, muss ordentlich investiert werden. Das ist auch Aufgabe des Staates“, meint Schloo.
Ein weiteres Kernthema für ihn ist das Wohnen. „Ich streite in Norderstedt schon lange für eine städtische Wohnungsbaugesellschaft. Auch von Bundesseite aus muss mehr investiert werden, damit Wohnen bezahlbar bleibt.“
Und was qualifiziert ihn seiner Meinung nach für den Bundestag? „Ich habe Politik von der Pike auf gelernt“, sagt Schloo, „als Ökonom kann ich auch die wirtschaftlichen Fragen, die hinter den Entscheidungen stehen, bewerten.“ Sein Alter interessiert ihn bei seiner Kandidatur nur am Rande. „Natürlich bin ich deutlich jünger als die meisten Bewerber und als mein potenzieller Gegenkandidat Gero Storjohann, dessen Söhne knapp jünger sind als ich“, sagt Schloo. Dennoch: „Am Ende mache ich Politik für Inhalte und Menschen. Da spielt mein Alter keine Rolle.“