Norderstedt/Kiel. Die fristlose Kündigung des ehemaligen Chefs des Altenheimes Haus im Park in Norderstedt wird nun vor dem Landgericht Kiel verhandelt.

Es war ein Gütetermin vor Gericht. Doch zu einer gütlichen Einigung wird es in dieser Sache sicherlich nicht mehr kommen. Zu unversöhnlich stehen sich die Rechtspositionen der Beteiligten gegenüber, wie die zwei Stunden Verhandlung vor der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kiel eindrücklich jetzt gezeigt haben.

Nun muss die Beweisaufnahme im November vor dem Landgericht unter Leitung des Richters Bildhoff ergeben, ob die fristlose Kündigung des langjährigen Geschäftsführers des städtischen Altenheims Haus im Park, Jörg-Martin Adler, die die Stadt Norderstedt im Dezember 2018 ausgesprochen hatte, rechtmäßig war. Zusätzlich hatte die Stadt Adler mit einem Hausverbot belegt. Der Ex-Geschäftsführer klagt dagegen und fordert noch ausstehende Gehaltszahlungen bis September 2019 von rund 70.000 Euro brutto. Die Stadt Norderstedt wiederum verlangt Schadensersatz von ihrem geschassten Ex-Heimleiter in Höhe von knapp 50.000 Euro und hat zudem Strafanzeige gegen ihn gestellt.

„Das wird ein heftiger Prozess“, war sich Adler schon zu Beginn des Zivilprozesses auf dem Flur des Landgerichts sicher. Mindestens 50.000 Euro möchte er noch als Abfindung von der Stadt haben, sagte der 71-Jährige im Gespräch mit dem Abendblatt. Aber von einer Trennung, die Adler noch einen finanziellen Ausgleich beschert, will die Gegenseite partout nichts wissen. Nicht einmal 30.000 Euro war die Stadt bereit, im vorgerichtlichen Mediationsverfahren an den Ex-Chef des Hauses im Park zu zahlen, stellte Anwalt Martin Krömer fest. Einzig von einer Strafverfolgung würde die Stadt absehen, wenn Adler und sein Anwalt Hauke Rinsdorf die fristlose Kündigung zum Jahresende 2018 anerkennen würden, führte Krömer in seinem letzten Angebot zur Güte aus.

Heim hat 80 Bewohner und 52 Beschäftigte

„Wir sind voll überzeugt von dieser Verhandlungsführung und wollen endlich einen Schlussstrich unter dieses Kapitel ziehen“, sagte Nicolai Steinhau-Kühl, Fraktionsvorsitzender der Norderstedter SPD. Er ist seit Anfang 2019, also nach der fristlosen Kündigung Adlers, neuer Vorsitzender des Aufsichtsrates der gemeinnützigen städtischen Gesellschaft mit ihren 52 Mitarbeitern und 80 Bewohnern in Friedrichsgabe, die das Geschäftsjahr 2018 mit einem Minus von rund 103.000 Euro (2017: plus 46.000 Euro) abschloss. Neue Geschäftsführerin im Haus im Park am Adlerkamp ist seit Juli 2019 Maja Lesniewicz-Scheibel. Die examinierte Altenpflegerin und Diplom-Pflegewirtin hatte zuvor in Hamburg mehrere Altenheime der Arbeiterwohlfahrt geleitet.

Die Stadt führt eine ganze Reihe von Gründen für die fristlose Kündigung von Adler an, der seit 2006 unbefristet Geschäftsführer des Hauses im Park war. So soll er Mitarbeitern ihnen zustehendes Geld vorenthalten sowie Post unterschlagen und weggeworfen haben, die an den Betriebsrat gerichtet war. Kollegen hätten diese Briefe im Papierkorb gefunden. Adler soll auf Firmenkosten bei Ikea und im Internet für mehrere Tausend Euro für sich eingekauft, E-Mail-Konten von Mitarbeitern eingesehen und gelöscht und mehrere Eimer Wandfarbe unterschlagen haben, um seine Wohnung in Hamburg-St. Georg und sein Ferienhaus in Mecklenburg damit zu streichen, führte Anwalt Krömer aus. In seinem Ferienhaus befand sich auch ein Gas-Heizer im Wert von 400 Euro, der eigentlich für das Heim angeschafft worden war. Auch einen Hund mit Namen Charly habe der Ex-Geschäftsführer auf Kosten der Einrichtung erworben, der aber nie, wie angeblich geplant, für Therapiezwecke ausgebildet und eingesetzt worden sei.

Adlers Anwalt widersprach: „Der Hund hat dem Heim gute Dienste geleistet.“ Die Wandfarbe sei eingetrocknet und nicht mehr zu verwenden gewesen. Den Gas-Heizer habe Adler in seinem Ferienhaus vergessen und würde ihn gern zurückgeben. Die beanstandeten Einkäufe habe es nicht gegeben, die E-Mail-Konten habe er nach wichtigen Mails durchforsten müssen.

Für die Hauptversammlung werden Zeugen geladen

Ein Mitarbeiter, dem er ein Darlehen gegeben habe, sei ihm finanziell verpflichtet gewesen, weshalb sich der Einbehalt des Geldes, angeblich knapp 1400 Euro, erkläre. Und die Post habe er, wenn überhaupt, nur aus Versehen weggeworfen, „weil wir ständig mit Werbung zugeballert wurden“, erinnerte sich Adler vor Gericht. Doch die Gegenseite betonte, dass es für die Vorwürfe zahlreiche Zeugenaussagen von Mitarbeitern des Heims gebe, die bereits von der Stadt zu Protokoll genommen wurden, so Anwalt Krömer. Dieses Zeugen werden nun wohl bei der ordentlichen Hauptverhandlung im November nochmals von Richter Bildhoff angehört werden müssen.

Mit einem Verhandlungstag werde dabei angesichts der Fülle an Vorwürfen wohl kaum auszukommen sein, stellte der Richter fest. Denn ein ganz entscheidender Punkt dazu, ob die fristlose Kündigung Adlers rechtmäßig oder unrechtmäßig erfolgte, werde dabei der Betriebsablauf und der persönliche Arbeitseinsatz Adlers sein, machte Richter Bildhoff deutlich. So wirft die Stadtseite ihrem ehemaligen leitenden Angestellten vor, im Jahr 2018 an bis zu 70 Arbeitstagen überhaupt nicht anwesend gewesen und an allen anderen Tagen bereits nach fünf Stunden Arbeit jeweils um 12.30 Uhr nach Hause gefahren zu sein.

Adler will zu Hause „an neuen Konzepten“ gearbeitet haben

Dort sei Adler aber jederzeit per Rufumleitung erreichbar gewesen und habe an neuen Konzepten für das Heim gearbeitet, begründete Anwalt Rinsdorf das angebliche Arbeiten seines Mandanten in Homeoffice. Im Übrigen werde ein Geschäftsführer in der Regel nicht nach seiner Arbeitszeit „nach Stechuhr“, sondern vielmehr nach dem Erfolg der Gesellschaft beurteilt, der er vorsteht, argumentierte der Anwalt. Seine „ganze Arbeitskraft“ dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen, wie es dem geschassten Geschäftsführer oblag, mache aber eine „Vollzeit-Tätigkeit“ nötig, hielt Stadt-Anwalt Krömer dem entgegen.

Adler soll nun bis November darlegen, wie er diese Arbeitszeit zu Hause erledigt habe, forderte Richter Bildhoff. Dafür solle ihm die Stadt Norderstedt gegebenenfalls entsprechende Unterlagen aus seiner Dienstzeit zur Verfügung stellen. „Das Argument ‚ich war immer zu Hause und telefonisch erreichbar‘, wird da nicht ausreichen“, so der Richter. Der Prozess wird am 11. November fortgesetzt.