Norderstedt. Das Gymnasium Harksheide in Norderstedt hat die Abschlusszeugnisse in vier Veranstaltungen hintereinander in der Sporthalle übergeben.
Abiball – gestrichen. Abistreich – fällt aus. Abibuch – nicht gedruckt. Abifahrt – gar nicht erst geplant. All die schönen Rituale, die für Abiturienten normalerweise zu ihrem Schulabschluss dazugehören, mussten in diesem Jahr wegen der Corona-Krise ausfallen. „Das ist unendlich schade für unsere Schüler“, sagt Kristin Vorwerck, die seit vier Jahren Schulleiterin am Gymnasium Harksheide in Norderstedt ist. Immerhin: Am vergangenen Freitag durfte in der Sporthalle eine verkleinerte Entlassungsfeier stattfinden.
Der Organisationsaufwand sei „immens“ gewesen, sagt Vorwerck. Bis zuletzt hat die Schule zweigleisig geplant: Draußen auf dem Sportplatz hätte die Zeugnisübergabe mit allen 76 Abiturienten plus ihren Angehörigen gemeinsam gefeiert werden können. Im Freien sind Veranstaltungen mit bis zu 250 Personen erlaubt – drinnen dürfen sich nur 100 Personen gleichzeitig aufhalten. „Leider sah die Wettervorhersage nicht gut aus“, sagt die Schulleiterin. Einen Tag vor der Feier hat die Schule deshalb entschieden, alle vier Klassen getrennt voneinander in der Sporthalle zu verabschieden.
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Um 10, 12, 14 und 16 Uhr wurden die Abschlusszeugnisse übergeben, immer nach demselben Ablauf. Zwischen jeder Verabschiedung lag eine halbe Stunde Pause. In dieser Zeit wurde die Halle gesäubert und die nächste Klasse eingelassen. „Wir haben bis zum Schluss auf gutes Wetter gehofft. Für die Schüler wäre es schöner gewesen, sie hätten in der großen Gemeinschaft feiern können“, sagt Mutter Kerstin Ortmann. „Ich ärgere mich selten über Sachen, die ich nicht ändern kann“, sagt Sohn Sebastian (18). „Aber natürlich wäre der Abschluss auf dem Sportplatz netter gewesen.“
Das Gymnasium Harksheide hat dennoch versucht, das Beste aus der Situation herauszuholen. Über der Bühne hingen Luftballons, Girlanden und Plakate des diesjährigen Abimottos. Der Tisch, auf dem die Zeugnisse lagen, war mit Lametta dekoriert. Jeder Abiturient durfte zwei Begleitpersonen mitbringen. Eine Familie bildete eine Dreierreihe. Sie folgten in eineinhalb Metern Abstand aufeinander. Ganz hinten standen einzelne Stühle für Lehrer. An allen Plätzen hingen Namensschilder, um beim Einlass ein Durcheinander zu verhindern. „Wir sind glücklich, dass überhaupt eine Feier stattfindet. Sonst hätten die Schüler ihr Zeugnis per Post geschickt bekommen“, sagt Mutter Peggy Baaß.
Kein Catering – dafür brachten Familien Picknickkörbe mit
Nach jeder Rede wurden Pult und Mikrofon desinfiziert. Zur Zeugnisübergabe setzte sich die Schulleiterin einen Mundschutz auf und zog Handschuhe an. Die Schüler wurden in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen, dann hat Kristin Vorwerck die Papiere mit ausgestrecktem Arm überreicht. Wem dies dennoch zu viel Nähe gewesen wäre, hätte den Kopf schütteln und sich sein Zeugnis selbst vom Tisch greifen können. Alle Schüler nickten Vorwerck aber zu. Zumindest ein bisschen Normalität wollten sie sich erhalten, wenn schon keine Hände geschüttelt werden durften.
Anschließend versammelten sich die Abiturienten vor der Bühne. Auf dem Boden lagen Markierungen, die ihnen ihre Plätze zeigten. Dann wurde gemeinsam angestoßen. Korken knallten. Die Familien waren zum Teil mit Picknickkörben ausgerüstet, in denen sich Gläser und Sektflaschen befanden. Auch Catering war verboten. Die Schulleiterin hob ihr Glas in die Höhe: „Ich stoße auf unsere besonderen Schüler an.“
Coppernicus-Gymnasium feiert vermutlich auf dem Sportplatz
„Alles war ein wenig reduziert und angespannt. Trotzdem ist die Veranstaltung gelungen“, sagt Tim-Wei Schüler (18). Trotz aller Widrigkeiten, die die Abiturienten in diesem Jahr überstehen mussten, gelang ihnen am Gymnasium Harksheide ein Notendurchschnitt von 2,4 – wie schon in den Jahren zuvor.
Um nicht auch getrennte Veranstaltungen in der Aula abhalten zu müssen, hofft das Coppernicus-Gymnasium auf besseres Wetter. Und die Chancen stehen gut. Die Abschlussfeier findet an diesem Mittwoch statt – der Wetterbericht sagt bisher strahlenden Sonnenschein vorher. „Wir sind erleichtert, dass wir doch noch einen feierlichen Abschied bekommen“, sagt Abiturientin Jana Linn Tolksdorf. Die Unsicherheit der ganzen letzten Wochen sei das Schlimmste für sie gewesen. „Als die schriftlichen Prüfungen verschoben wurden, sind Diskussionen im Jahrgang entstanden. Wir waren unterschiedlicher Meinung, ob die Klausuren geschrieben werden sollten oder nicht“, berichtet die 17-Jährige. Nun seien aber alle froh, dass die Prüfungen nicht ausgefallen sind.
Die Verabschiedung wird aller Voraussicht nach auf dem Sportplatz mit dem gesamten Jahrgang gefeiert. Jeder Abiturient wird von zwei Personen begleitet. Jana Linn Tolksdorf nimmt ihre Eltern mit. „Natürlich wäre mein Bruder auch gern dabei gewesen. Aber ich bin dankbar, dass überhaupt eine Feier stattfinden kann.“ Für die Angehörigen, die nicht dabei sein dürfen, arbeiten die Schüler an einem Livestream, den es bei YouTube geben soll.
Glück haben die Abiturienten des Coppernicus-Gymnasiums auch mit ihrem Abiball. Ursprünglich sollte er am kommenden Freitag in der La Mira Eventlocation an der Stadtgrenze zu Norderstedt ausgerichtet werden. Der Termin konnte nun auf Ende September verschoben werden. „Wir freuen uns sehr darüber“, sagt Jana Linn Tolksdorf.