Bad Segeberg. Der Wild-West-Star Gojko Mitic aus dem Osten wurde in Bad Segeberg von 1992 bis 2006 als Winnetou-Darsteller gefeiert.

Als 1964 der Film „Unter Geiern“ in die deutschen Kinos kam, war natürlich Pierre Brice der strahlende Held, der die Karl-May-Figur Winnetou zu einem untadeligen Helden des Wilden Westens emporstilisierte. Wer genauer hinsah, entdecke einen gewissen Georg Mitic als Darsteller des Häuptlingssohns Wokadeh im Abspann.

Viele Jahre später wurden dem damals noch unbekanntem Georg allerhöchste Karl-May-Ehren zuteil: Der Franzose Pierre Brice und der Serbe Gojko Mitic, so der richtige Name, sind bis heute die populärsten Winnetou-Darsteller im deutschsprachigen Raum.

Winnetou-Darsteller Gojko Mitic feiert 80. Geburtstag

Brice ist vor fünf Jahren verstorben, aber Gojko Mitic, der in Bad Segeberg 15-mal den Winnetou spielte, ist längst eine lebende Legende: Der Schauspieler feiert in seinem Haus mit Seegrundstück in Berlin-Köpenick am heutigen Sonnabend, 13. Juni, seinen 80. Geburtstag. Zumindest an diesem Tag meidet er die Öffentlichkeit: Interviews gibt er nicht.

Wer in den 60er- und frühen 70er- Jahren in Dresden, Leipzig oder Ost-Berlin groß wurde, für den ist Gojko Mitic bis heute der Inbegriff des edlen Indianers geblieben. Er war der Held, der die Kinobesucher aus der tristen DDR in die Weite des Wilden Westens entführte. Diese „Republikflucht“ kostete nur 1,50 Ostmark an der Kinokasse. So wie dieser Gojko Mitic wollten alle sein: furchtlos, edel und langhaarig. Nichts wünschten sich Kinder und Jugendliche mehr, als so wunderbar reiten und schießen zu können.

In Segeberg wurde Gojko Mitic Nachfolger von Pierre Brice

Als Sportstudent knüpfte Gojko in seiner jugoslawischen Heimat, dem heutigen Serbien, Kontakte zum Film, trat als Komparse und Stuntman in Erscheinung und ergatterte schließlich immer größere Rollen – zum Beispiel in den bundesdeutschen Karl-May-Filmen. 1966 bekam er dann in dem DEFA-Film „Die Söhne der großen Bärin“ die erste Hauptrolle als Indianerhäuptling und begründete damit seine DDR-Karriere, in der er es schließlich zu einer Art Nationalheiliger brachte, dem sogar ein Rocksong gewidmet wurde. Er spielte Theater, führte Regie, moderierte im Fernsehen und sang Lieder. Seine Filme waren in der DDR das Pendant zu den Sissi-Filmen in Westdeutschland: Jedes Jahr zu Weihnachten wurden sie im Fernsehen gesendet.

Nach der Wende setzte die Segeberger Kalkberg GmbH auf die DDR-Popularität und engagierte Gojko Mitic als Nachfolger von Pierre Brice als Winnetou. Ein kluger Schachzug: Von 1992 bis 2006 verkörperte der Schauspieler die Winnetou-Figur. Im Westen unbekannt, im Osten ein Star: Kurz nach der deutschen Wiedervereinigung war es ein mutiger und völlig überraschender Schritt, ausgerechnet ihn als Hauptdarsteller zu präsentieren. Das Kalkül ging auf: Vor allem aus den neuen deutschen Bundesländern strömten die Besucher nach Segeberg, um „ihren“ Gojko zu erleben.

Aber auch bei den westdeutschen Karl-May-Besuchern kam Gojko Mitic gut an. Bei seinem Abschied als Winnetou im Jahre 2006, nach mehr als 1000 Vorstellungen, spielten sich ebenso herzzerreißende Szenen ab wie 1991, als Pierre Brice endgültig sein Lederkostüm ablegte. 2013 kehrte Mitic für eine Saison als Winnetou-Vater Intschu tschuna an den Kalkberg zurück. 2016 wurde er zum Ehrenhäuptling der Segeberger Karl-May-Spiele ernannt. In der Geschichte der Segeberger Karl-May-Spiele nimmt Gojko Mitic also eine Sonderrolle ein. „Gojko Mitic hat das Publikum 15 Spielzeiten lang verzaubert“, sagt Kalkberg-Geschäftsführerin Ute Thienel. „Er ist ein wahrer Freund unserer Spiele, seine Beziehung zu unserem Theater geht weit über ein normales Bühnenengagement hinaus. Wir wünschen ihm alles Gute und vor allem jede Menge Gesundheit und Lebensfreude.“

Aber auch als Rentner ist Gojko Mitic noch aktiv. Im vergangenen Jahr mimte er in einem russisch-serbischen Kinofilm („Balkanlinie“) den Chef einer serbischen Polizeistation, er tritt in TV-Serien in Erscheinung und war als Winnetou-Vater an dem Dreiteiler „Winnetou – der Mythos lebt“ neben aktuellen Stars wie Wotan Wilke Möhring (Old Shatterhand) und Milan Peschel (Sam Hawkens) beteiligt.

In der TV-Serie „SOKO Leipzig“ ging es 2011 um den „Fall Gojko Mitic“. Natürlich mit ihm selbst in der Hauptrolle. 2019 erhielt er den Preis für das filmkünstlerische Lebenswerk von der DEFA-Stiftung.