Norderstedt. Von August an greifen die Vorgaben des schleswig-holsteinischen Sozialministeriums. Die Politik diskutiert über die Qualität in der Betreuung.

Zwar weiß noch niemand im Rathaus oder in der Kommunalpolitik, ob und wenn ja wie viel Mehreinnahmen die große Kita-Reform des Landes Schleswig-Holstein in die Kassen der Stadt Norderstedt spült. Doch die Diskussion um die Verwendung möglicher Mittel ist schon entbrannt.

Die FDP Norderstedt sagt, dass ihr Parteifreund, Sozialminister Heiner Garg, der Stadt Norderstedt durch die Reform 7,5 Millionen Euro in Aussicht gestellt habe. Doch von Mehreinnahmen kann momentan überhaupt noch nicht die Rede sein. Im Gegenteil: „Momentan müssen wir erst mal zahlen“, sagt Sozialdezernentin Anette Reinders. Zurzeit scheint es sogar fraglich, ob die Stadt überhaupt mit einem finanziellen Plus aus der Reform hervorgeht.

Der Jugendhilfeausschuss wird sich in seiner Sitzung am heutigen Donnerstag (18 Uhr, Rathaus) mit den notwendigen Satzungsänderungen befassen, die schon zum August greifen werden. Sie könne die Norderstedter Eltern beruhigen, sagt Reinders. Die Beiträge werden nicht steigen, auch mittelfristig nicht, denn: „Den vom Land festgelegten Beitragsdeckel halten wir ein.“ 226 Euro soll ein Ganztagsplatz für alle Drei- bis Sechsjährigen im Norden von August an kosten. Norderstedter Eltern zahlen derzeit 230 Euro und damit deutlich weniger als die meisten Väter und Mütter in Schleswig-Holstein. Für die Jüngsten fallen künftig 288 Euro an, Norderstedt verlangt auch für einen ganztägigen Krippenplatz 230 Euro.

Auch weitere Vorgaben aus Kiel erfüllen die Norderstedter Kitas schon jetzt: Der Betreuungsschlüssel liegt bei 2,1 Erzieherinnen und Erzieher pro Gruppe. Norderstedt überweist Hamburger Einrichtungen die Kosten für die Betreuung von Norderstedter Kindern. Und in Norderstedt werden einmal gegebene Zusagen für einen Kita-Platz nicht mehr zurückgenommen. Nachbessern muss die Stadt bei der Sozialstaffel, der Ermäßigung für Geschwister und bei den Geldleistungen für Tagesmütter und -väter. Bei der Sozialstaffel ändert sich die Bemessungsgrundlage, das Sozialgesetzbuch. „Das wird aber in der Praxis kaum Folgen haben, da die meisten Eltern mit wenig Einkommen, die unter die Sozialstaffel fallen, ohnehin von den Gebühren komplett befreit sind“, sagt Reinders.

Künftig sinken die Elternbeiträge für das zweite Kind auf 50 Prozent, bisher waren es 70 Prozent des Regelsatzes. Die Sätze für die Tagespflege hingegen werden steigen. „Insgesamt rechnen wir aber nicht mit einer signifikant höheren Belastung, da wir auch mehr Zuschüsse aus Kiel bekommen“, sagt Reinders.

Die FDP erntet harsche Kritik für einen überflüssigen Antrag

Dass mögliche Zuschüsse aus Kiel komplett in die Qualität der Betreuung und die Senkung der Elternbeiträge investiert werden, wollen die Liberalen mit einem Antrag jetzt schon festklopfen. Miriam Raad sitzt für die FDP im Jugendhilfeausschuss und gibt zu: „Wir können zurzeit noch nicht sagen, wie hoch die Mehreinnahmen sind. Aber wir wissen schon jetzt, dass der vorgesehene Beitragsdeckel und der verbesserte Qualitätsstandard aufgrund der guten Vorleistungen der Stadt erfüllt sind. Alles, was wir an finanziellen Mitteln vom Land mehr bekommen, soll auch in diesem Bereich des städtischen Haushaltes verbleiben und damit Kindern und Eltern zugute kommen.“

Doch für diesen Antrag bezieht die FDP nun von den anderen Parteien mächtig argumentative Prügel. „Der Antrag ist doch kompletter Unsinn“, sagt Petra Müller-Schönemann, CDU-Stadtvertreterin und Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses. Natürlich würde jeder grundsätzlich zustimmen, dass eventuelle Mehreinnahmen für eine bessere Betreuungsqualität und geringere Elternbeiträge eingesetzt werden sollten und langfristig keine Elternbeiträge mehr erhoben werden. „Das ist doch eine Selbstverständlichkeit.“ Aber momentan kenne niemand die finanziellen Folgen der Kita-Reform, der Antrag sei überflüssig. So sehen das auch die WiN-Fraktion und die Freien Wähler und Demokraten. „Der Antrag zielt, wie viele der FDP in letzter Zeit, auf billige Effekthascherei ohne Verständnis für die größeren Zusammenhänge. Wir werden nicht zustimmen“, sagt Stadtvertreter Arne Lunding, der für die Grünen im Jugendhilfeausschuss mitarbeitet. Es habe noch niemand im Ausschuss dafür plädiert, die erreichte Qualität in Norderstedt herabzusetzen. Im Gegenteil gehe es darum, sie kontinuierlich zu verbessern.

„Es bringt uns nicht weiter, jetzt mal schnell so einen Antrag rauszuhauen“, sagt Miro Berbig, Fraktionschef der Linken. Zielführend könne er sein, wenn die Zahlen vorliegen und die finanzielle Situation klar ist. Diese grundsätzliche Zustimmung kommt auch von der SPD. „Bevor wir über Mehreinnahmen oder überhaupt über Geld sprechen, gibt es noch viele Fragen zu klären“, sagt SPD-Stadtvertreterin Sybille Hahn.

Für die AfD sind Kitagebühren ein Standortfaktor für eine familienfreundliche Stadt. „Um im Wettbewerb mit anderen Städten bestehen zu können, ist es ebenso wichtig, die Elternbeiträge zu senken wie die Betreuungskapazitäten auszubauen“, sagt Christian Waldheim.