Nahe. Die „NahBar“ an der B 432 konnte sich eine Wiedereröffnung bisher nicht leisten. Jetzt wurde eine Spendenaktion gestartet.
Vor fünf Jahren hat Melanie Wellendorf die „NahBar“ an der B 432 in Nahe übernommen und sie zu ihrem „Baby“ gemacht. „Hier steckt so viel Liebe und Herzblut drin“, sagt die 35-Jährige. Sie wirft einen Blick durch die Räume, sieht, was sie geschaffen hat. Als „Kultkneipe mit Herz“ bezeichnen ihre Gäste die „NahBar“. Melanie Wellendorf kennt die meisten persönlich. Für jeden hat sie ein freundliches Wort übrig. Ihre Kneipe ist Treffpunkt dreier Generationen. Jung und Alt tanzen, singen, feiern gemeinsam. Die Angst der Besitzerin, all das wieder zu verlieren, ist groß. Die Corona-Pandemie bedroht ihre Existenz. Die Bar steht vor dem Aus.
„Ich weiß nicht, wie es weitergeht“, sagt Wellendorf. Zwar dürfen eingetragene Schankwirtschaften wie die „NahBar“ wieder öffnen. Doch bisher konnte sich die gebürtige Schweizerin, die in Hamburg aufgewaschen ist, den Betrieb nicht leisten. Die zusätzlichen Kosten im Falle einer Wiedereröffnung für Strom, GEMA, GEZ, Reinigung, Hygienematerial und Ware übersteigen die Einnahmen bei Weitem. „Ich verdiene maximal zehn Prozent des normalen Umsatzes“, sagt die Wirtin. Ihr komplettes Team besteht aus elf Mitarbeitern, ihre „kleine Familie“, wie Wellendorf sagt, musste sie entlassen. „Das ist mir super schwer gefallen.“
Corona-Soforthilfe deckt nicht einmal die Fixkosten
Angebrochene Bierfässer im Wert von 400 Euro musste Wellendorf wegkippen. Die Corona-Soforthilfe deckt nicht einmal die Fixkosten der letzten drei Monate. So lange hat die Bar schon geschlossen. Wellendorf hat sich um einen KfW-Kredit bemüht – dieser wurde jedoch abgelehnt. „Das war ein Schock für mich. Weil ich in den ersten Jahren so viel in den Laden investiert habe, sind die Einnahmen für ein Darlehen zu gering“, sagt sie. Vor zwei Wochen noch war ihre Verzweiflung so groß, dass sie aufgeben wollte. „Ich kann nicht noch mehr Schulden machen. Ich muss sie vor mir persönlich und meinem Kind rechtfertigen können“, sagt die alleinerziehende Mutter eines 15 Jahre alten Sohnes. Dann hat ein guter Freund einen Spendenaufruf bei „gofundme“ gestartet und Wellendorf neue Hoffnung gegeben. Mehr als 3500 Euro sind bereits zusammengekommen. Vor der Kneipentür liegen immer wieder kleine Geschenke wie Blumen, Karten und Briefe mit aufmunternden Worten. Die „NahBar“-Besitzerin hat sich deshalb entschieden, weiterzukämpfen und ein Hygienekonzept beim Ordnungsamt einzureichen. Sollte es genehmigt werden, möchte sie Anfang Juni die Wiedereröffnung feiern. Bereits am Mittwoch vor Himmelfahrt hat Wellendorf einen Außer-Haus-Verkauf angeboten. Um sie zu unterstützen, hat manch ein Kunde schon mal 50 Euro für eine Cola bezahlt.
„NahBar“ muss bereits um 22 Uhr schließen
Doch feststeht: Selbst wenn der Betrieb wieder startet, ist noch lange nichts normal. Wegen der Hygienevorschriften muss Wellendorf den kompletten Tresenbereich absperren. Um die Barhocker hat sie bereits Flatterband gewickelt. Auf den Sitzflächen kleben Zettel mit der Bitte, Abstand zu halten. Im vorderen Bereich der Kneipe kann sie gerade einmal zehn Tische vergeben. „Im schlimmsten Fall verdiene ich mit einem Tisch nur 4,50 Euro am Abend, wenn die Gäste nur zwei Bier trinken.“ Normalerweise spielen DJs oder Livebands Musik, zu der die Gäste tanzen. Nun dürfen sie sich im Raum nicht bewegen. Nur leise Hintergrundmusik ist erlaubt. „All das, was einen familiären Betrieb ausmacht, fehlt.“ Hinzu kommt: Die „NahBar“ darf nur bis um 22 Uhr öffnen. Sonst kommen die Besucher um diese Uhrzeit erst.
Im hinteren Bereich der Kneipe stehen Billardtisch, Flipperautomat und Tischkicker. Ob die Geräte benutzt werden dürfen, wenn sie regelmäßig desinfiziert werden, ist noch unklar. „Sollte ich die ganzen Unterhaltungsmöglichkeiten nicht anbieten dürfen, lohnt es sich nicht, die Bar wieder zu eröffnen“, sagt Wellendorf. Ohne Darlehen kann sie sich nicht lange über Wasser halten.
Einen zusätzlichen finanziellen Verlust muss die Kneipenwirtin hinnehmen, weil der diesjährige Schleswig-Holstein-Cup in Nahe mit mehr als 90 Handball-Mannschaften abgesagt wurde. In den vergangenen Jahren sind nach den Spielen Hunderte Sportler zum Feiern in die „NahBar“ gekommen. Von den Einnahmen konnte Melanie Wellendorf einen zweiwöchigen Urlaub finanzieren. Der muss nun ausfallen. Für sie ist aber ohnehin erst einmal am wichtigsten, ihr „Baby“ wieder zum Laufen zu bringen.