Henstedt-Ulzburg. Gemeinde Henstedt-Ulzburg hat erstmals eine Bürgermeisterin. Sitzung im Bürgerhaus unter besonderen „Corona“-Vorkehrungen.
Mit der Vereidigung von Ulrike Schmidt und zugleich der Verabschiedung des bisherigen Bürgermeisters Stefan Bauer ist die Ablösung im Henstedt-Ulzburger Rathaus vollzogen worden. „Ich habe sehr viele Ideen, die wir weiterentwickeln wollen nach dem hoffentlich baldigen Ende der Corona-Krise“, sagte Schmidt bei einer kurzen Rede während der Gemeindevertretung. Diese Sitzung fand, um den Infektionsschutz zu gewährleisten, unter besonderen Vorkehrungen im Bürgerhaus statt. Maximal 50 Gäste waren zugelassen, jeder Politiker saß an einem Einzeltisch, bei Gesprächen im Saal herrschte Maskenpflicht, Mikrofone wurden nach jedem Wortbeitrag desinfiziert, auf Händeschütteln wurde verzichtet.
Schmidt arbeitete zuletzt für die OSZE
Am 1. März hatte Ulrike Schmidt bereits im ersten Wahlgang überraschend die absolute Mehrheit geholt. Die 47-Jährige war als parteilose Kandidatin im vergangenen Oktober von der SPD nominiert worden, führte dann über mehrere Monate einen Wahlkampf, der bewusst einen Schwerpunkt auf viele Gespräche mit der Bevölkerung setzte. Sie nahm darauf kurz Bezug – denn nicht vergessen ist, dass ihr Hauptkontrahent, der CDU-Mann Holger Diehr, mit dem Selbstverständnis eines Verwaltungsprofis angetreten war. Schmidt, die zuletzt für die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) mit Fokus auf Osteuropa tätig war, stellte einen Gegenentwurf dar. Ihre Amtszeit beträgt acht Jahre, der erste offizielle Arbeitstag ist der 2. Juni.
„Ich werde nicht nahtlos weitermachen“, sagte sie, „aber ich denke, viele haben sich das auch nicht gewünscht. Es gibt einige Herausforderungen, auch gesellschaftliche Entwicklungen, die wir überdenken sollten.“ Explizit erwähnte sie „überkommen geglaubte Rollenbilder“, die aktuell wegen der Corona-Krise wieder zum Vorschein kommen würden. Also die momentan für viele Frauen hohe Belastung mit Kinderbetreuung und zugleich Homeoffice. Ebenso sagte Schmidt, dass der Klimaschutz für sie eine hohe Bedeutung haben werde. Bekannt ist, dass sie bereits in der Großgemeinde lebt und im Ortsteil Henstedt ein Haus gekauft hat. Sie ist unverheiratet, ihr Lebensgefährte Hadis Muaremi weilt momentan bei seiner Familie in Nord-Mazedonien, kann wegen der Einreisebeschränkungen in dieser Zeit nicht nach Deutschland kommen.
Nüchterner Abschied von Stefan Bauer
Bürgervorsteher Henry Danielski hatte zuvor bei der Verabschiedung von Stefan Bauer auch Bezug genommen auf die gerade in jüngerer Vergangenheit nicht einfache Zusammenarbeit mit der Politik. „Wie immer, tritt man mit viel Euphorie an, mit Visionen, Erwartungen, Zielen. Das wird bei ihnen nicht anders gewesen sein als bei den Bürgern. Schnell mussten sie einsehen, dass sie nicht alles umsetzen können, was wünschenswert war, schnell holt einen die Realität ein, wie in jeder Beziehung, man erreicht nicht immer das Optimale, muss Kompromisse eingehen“, sagte der CDU-Politiker. „Die Zusammenarbeit war nicht immer leicht, aber das bringt das Geschäft so mit sich.“ Aber beim letzten Neujahrsempfang sei „sehr gut zu erkennen“ gewesen, was Bauer für die Gemeinde geleistet habe.
Seinerzeit hatte der 50-Jährige im Januar mit einer längeren Rede bereits Bilanz gezogen und viel Applaus bekommen. Diesmal lief es nüchterner ab, die Anwesenden verzichteten weitestgehend – abgesehen von Danielski und Mitarbeitern der Verwaltung – auf Standing Ovations. Stefan Bauer sprach von einer „unwirklichen Zeit“, in der er sich verabschiede, richtete zunächst Worte an seine Frau Madita: „Danke, dass du mir den Rücken frei gehalten hast.“ Namentlich erwähnte er auch den leitenden Beamten Jens Richter, „der für ein hohes Maß an Beratung steht“. Generell habe Henstedt-Ulzburg ein „großartiges Verwaltungsteam“.
Bauer bedankt sich bei den Bürgern
Bauer hatte 2014 als unabhängiger Kandidat die Wahl gewonnen. In der Bevölkerung galt er als angesehen, das Verhältnis zu großen Teilen der Lokalpolitik verschlechterte sich allerdings im Laufe der Jahre. Im November 2019 stellte Bauer eine Art „Vertrauensfrage“, wollte von den Fraktionen Bekenntnisse haben, ob sie ihn unterstützen würden. Die Resonanz war negativ, kurz vor Weihnachten verkündete der Bürgermeister dann seinen Rückzug. Seine Schlussworte nun passten zu dem Widerspruch zwischen Beliebtheit bei vielen Bürgern und Streit mit den Fraktionen. „Herzlichen Dank an alle Bürger der Gemeinde, die mich getragen und mir Kraft gegeben haben. Und danke auch an sie, liebe Gemeindevertreter, dass ich unschätzbare Erfahrungen sammeln durfte. Wofür es gut sein wird, werden wir sehen.“