Bad Bramstedt. Der Schlachthof von Vion in Bad Bramstedt steht aufgrund von Corona still – hinzu kommt ein Skandal um illegal getötete Tiere.

Der Rinderschlachthof des Vion-Konzerns in Bad Bramstedt kommt nicht aus den Schlagzeilen. Vor wenigen Tagen wurde der Betrieb wegen eines massiven Corona-Ausbruchs bei den Beschäftigten geschlossen. Jetzt teilt die Staatsanwaltschaft mit, dass sie gegen einen Tierarzt des Kreises Segeberg Anklage erhoben hat, der dort tätig war. Er soll die skandalösen Zustände bei der Schlachtung geduldet haben, die im Jahr 2014 zu einer Großrazzia von Staatsanwaltschaft, Polizei und Zoll geführt haben. Das Landwirtschaftsministerium verfügte damals eine Zwangsschließung.

Der Fall des „amtlichen Tierarztes“ – so die korrekte Bezeichnung – ist der letzte in den aufwendigen Ermittlungen des Landeskriminalamts nach der Razzia. Die Ermittler hatten bei der Durchsuchung schwere Verstöße gegen Hygienebestimmungen und Schlachtvorschriften festgestellt. Rinder sind mehrfach ohne die erforderliche Betäubung getötet worden. Vion hat eine Geldbuße von 160.000 Euro akzeptiert.

Die Vorwürfe gegen den Amtsveterinär wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz beziehen sich auf einen Zeitraum von 2011 bis 2014. „Es gibt konkrete Einzelfälle, die einen hinreichenden Tatverdacht begründen“, sagt Oberstaatsanwalt Henning Hardeler. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Tierarzt die quälerischen Tötungen hätte stoppen müssen. Das Amtsgericht Neumünster prüft jetzt, ob es die Anklage zulässt und wann der Prozess beginnt.

Der Veterinär bestreitet die Vorwürfe und hat das Angebot der Justiz abgelehnt, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Eine Kollegin des Mannes aus dem Segeberger Veterinäramt, die mit denselben Vorwürfen konfrontiert war, hatte das Angebot akzeptiert und gezahlt. Die Akten des Verfahrens füllen inzwischen eine ganze Schrankwand in der Kieler Staatsanwaltschaft. Nach der Razzia hatte das Kieler Umweltministerium eine Wiedereröffnung des Vion-Betriebs von strengen Auflagen abhängig gemacht. Schon damals war unklar, warum bei der Razzia massive Verstöße gegen das Tierwohl festgestellt wurden und Ekelfleisch beschlagnahmt wurde, die Amtsveterinäre des Kreises Segeberg jedoch den Schlachtbetrieb zuvor nie beanstandet hatten.

„Der besagte amtliche Tierarzt ist noch im Dienst beim Veterinäramt“, sagte Sabrina Müller, Sprecherin der Kreisverwaltung. „Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, der Ausgang also noch offen ist, gilt bis zu einem Urteil die Unschuldsvermutung.“

Bramstedts Bürgermeisterin Verena Jeske hat wegen des Ausbruchs des Corona-Virus bei mehr als 100 Beschäftigten des Schlachthofs in der vergangenen Woche eine „große Unruhe“ in der Stadt festgestellt. „Viele Bürger sprechen mich an und stellen Fragen“, sagt sie. Sorgen bereite ihr auch, dass in der Stadt Bürger mit südländischem Aussehen auf den Schlachthof angesprochen würden, obwohl diese dort gar nicht arbeiten. „Sie werden angemotzt“, sagt Jeske.

Außerdem äußerten ihr gegenüber viele Bramstedter Bürger Unverständnis darüber, dass die Männer unter Quarantäne gestellt wurden, deren Familien jedoch nicht. „Die Menschen haben Angst, sich anzustecken“, sagt die Bürgermeisterin.