Bad Segeberg . Kalkberg GmbH will nach Absage der Karl-May-Spiele verhindern, dass Mitwirkenden ins finanzielle Abseits geraten.
Das hätte sich wohl niemand vorstellen können: Winnetou und Old Shatterhand, die beiden unerschrockenen Helden des Wilden Westens, bekommen Kurzarbeitergeld. Karl May war ein Schriftsteller mit einer unerschöpflichen Fantasie, aber soweit reichte seine Vorstellungsgabe sicher nicht. Weil die Karl-May-Spiele 2020 wegen der Coronakrise ausfallen müssen, hat die Kalkberg GmbH für die temporär künstlerisch tätigen Mitarbeiter Kurzarbeit angemeldet. Nicht betroffen sind die hauptamtlichen Mitarbeiter in den Büros der Gesellschaft.
Karl-May-Sprecher Michael Stamp bestätigt den Schritt des Segeberger Bürgermeisters und Aufsichtsratsvorsitzenden, Dieter Schönfeld, sowie der Kalkberg-Geschäftsführerin Ute Thienel: „Ja, es wurde Kurzarbeit angemeldet. Abgesehen von denen, die bereits im Rentenalter sind und kein Kurzarbeitergeld bekommen können, steht keiner ohne Vergütung da.“
Damit macht die Kalkberg GmbH den Schritt, den Dieter Schönfeld schon vor einigen Wochen zu Beginn der Coronakrise in Betracht gezogen hatte: Man fühle sich für die Mitwirkenden verantwortlich, niemand solle ins finanzielle Abseits geraten. „Wir sind schließlich eine große Karl-May-Familie“, sagt Michael Stamp, dessen aktuelle und für dieses Jahr geschriebene Bühnenfassung des Karl-May-Buches „Der Ölprinz“ ohne Abstriche mit den aktuell verpflichteten Darstellern im kommenden Jahr auf der Bühne des Freilichttheaters am Kalkberg umgesetzt werden soll.
Auch Alexander Klaws könnte Kurzarbeitergeld beantragen
Jeder, der für die Karl-May-Saison 2020 einen Vertrag hat, kann Kurzarbeitergeld bekommen. Michael Stamp betont ausdrücklich, dass diese Regelung auch für die Gaststars Katy Karrenbauer und Sascha Hehn gilt. Winnetou-Darsteller Alexander Klaws kann ebenfalls davon profitieren. „Wir bieten es an, weil die für diese Zeit ja gebunden sind und möglicherweise andere Angebote abgelehnt haben.“ Ob Karrenbauer, Hehn oder Klaws das Kurzarbeitergeld tatsächlich beziehen, hängt von ihnen persönlich und der jeweiligen Auftragslage ab. Da zurzeit viele Produktionen in der TV-, Film- und Theaterbranche gestoppt worden sind, könnte es für einige ein gewisser Ausgleich sein.
Das Kurzarbeitergeld wird vom Beginn der Proben Ende Mai bis zum Saisonende Anfang September gezahlt. Die Gagen und Gehälter der Mitwirkenden vor und hinter den Kulissen werden monatlich ausgezahlt. Die Schauspieler haben einen Angestelltenvertrag und werden auf Basis der einzelnen Vorstellungen monatlich für die Zeit vom Beginn der Proben bis zur letzten Vorstellung bezahlt. Das erste Gehalt wäre also im Juni fällig.
Auch andere Einnahmequellen sind weggebrochen
Für viele der langjährigen Darsteller aus dem Ensemble sind die Karl-May-Gagen ein wichtiges Standbein in ihrer jährlichen Kalkulation. „Es ist einfach nur traurig“, sagt Joshy Peters, der schon seit 1987 am Kalkberg spielt und jeweils einen Angestelltenvertrag für die Dauer der Spiele und der Probenzeit bekommt. Er ist froh über die Möglichkeit, Kurzarbeitergeld zu beziehen. „Damit kann ich die Miete und viele andere Ausgaben bezahlen.“ Für ihn und viele andere freie Schauspieler sind in diesem Jahr wichtige Einnahmequellen vorübergehend versiegt: TV-Produktionen und Synchronisationsarbeiten werden auf unbestimmte Zeit verschoben. Peters zum Beispiel hat seit 2014 eine durchgehende Rolle in der ARD-Krimi-Serie „Nord bei Nordwest“ – wann wieder gedreht wird, weiß zurzeit niemand.
Aber nicht nur die Schauspieler können vom Kurzarbeitergeld profitieren, auch die Backstage-Mitarbeiter sind einbezogen.
Die Kalkberg GmbH rechnet durch den Ausfall der Spiele für dieses Jahr mit einem Verlust von 2,5 Millionen Euro. Der Verlust kann allerdings durch Rücklagen aufgefangen werden. Für die Büro-Mitarbeiter der Kalkberg GmbH gibt es trotz der Saisonabsage viel zu tun: Viele Tausend Briefe mit Umbuchungswünschen gehen ein. Wer Eintrittskarten für die Spielzeit 2020 erworben hat, kann diese auf das kommende Jahr umbuchen lassen und behält – sofern gewünscht – genau die gewünschten Sitzplätze. Für alle Gäste, die sich derzeit noch nicht auf eine konkrete Vorstellung festlegen möchten, ist es zudem möglich, sich einen Gutschein im Wert des bereits gezahlten Eintrittspreises ausstellen zu lassen. Er besitzt eine Gültigkeit von drei Jahren.