Kreis Segeberg. Nur enge Angehörige sollen dabei sein, wenn ein Verstorbener zur letzten Ruhe gebettet wird – Regelungen werden unterschiedlich ausgelegt.
Trauer in Coronazeiten – trauriger geht es kaum. Nur wenige Hinterbliebene dürfen dabei sein, wenn der Sarg oder die Urne im Erdreich versenkt werden. Keine Umarmungen, keine Beileidsbekundungen mit Händedruck, Beileid nur aus der Distanz. In einer Situation, in der Nähe so wichtig ist, muss alles unterbleiben, was zu einer normalen Beerdigung gehört. Das verlangt von den Hinterbliebenen, aber auch von den Pastoren und Bestattern viel Disziplin.
Die Angaben der Kirchenämter lassen Spielraum für Interpretationen. Nur enge Familienangehörige sollen dabei sein, wenn ein Verstorbener zur letzten Ruhe gebettet wird. Der „kleinste Kreis“ ist zugelassen. Den Kirchengemeinden und städtischen Gemeinden obliegt es, diese Empfehlungen umzusetzen. Die Folge sind Regelungen, die von Ort zu Ort und sogar von Friedhof zu Friedhof unterschiedlich sind. Mehr als zehn Personen allerdings sind nirgends zugelassen.
„Es gibt keine explizite Benennung einer Obergrenze“, sagt Maren Führ, Friedhofsverwalterin in Tangstedt. Auf dem Tangstedter Friedhof wird darauf geachtet, dass möglichst nicht mehr als fünf Personen, besser noch weniger, zusammenkommen, wenn Urne oder Sarg beigesetzt werden. Die Familienregelung macht nach Ansicht von Maren Führ allerdings wenig Sinn: „Familienmitglieder sind nicht immer die besseren Freunde der Verstorbenen.“
In Norderstedt gilt nach Absprache mit dem Ordnungsamt die Zehn-Personen-Regelung, in Henstedt-Ulzburg und Kaltenkirchen dürfen nicht mehr als fünf Personen im „gebührenden Sicherheitsabstand“ an der Beisetzung teilnehmen, in Bad Bramstedt bleibt die Anordnung im Ungefähren: Das „unbedingt notwendige Maß an Teilnehmern“ ist dort zugelassen. In Hamburg dürfen sechs Personen auf den städtischen Friedhöfen am Grab stehen. Trauerfeiern in Kirchen, Kapellen oder in den Räumlichkeiten der Bestatter sind nicht erlaubt. Alles muss unter freiem Himmel stattfinden. Für die Bestattungsunternehmen ist diese Regelung zwar mit einem gewissen finanziellen Nachteil verbunden, weil ein Teil ihres Verdienstes normalerweise auch die Ausgestaltung der Trauerfeiern ausmacht, aber sie sind bemüht, das Beste aus den Umständen zu machen. „Wir versuchen, die Bestattung wie eine kleine Feier aussehen zu lassen“, sagt Richard Hovorka, der in Henstedt-Ulzburg ein Bestattungsunternehmen betreibt. „Dekoration, Blumen, eine Rede und auch das Aufbahren einer Urne gehören dazu; auf Wunsch kann auch Musik gespielt werden.“
Wer am Virus stirbt, wird in Desinfektionstücher gehüllt
Anders sieht es aus, wenn ein Coronatoter beigesetzt werden muss, was im Kreis Segeberg bisher einmal vorgekommen ist. Dann findet die Beisetzung ohne Beteiligung anderer Personen statt, und die Bestatter müssen besondere Vorschriften beachten: Sie selbst tragen dann Schutzanzüge, hüllen die Toten in Desinfektionstücher, bevor sie in eine flüssigkeitsfeste Unfallhülle kommen und dann in den Sarg gelegt werden. Der Sarg selbst wird ebenfalls desinfiziert. Die sonst übliche Totenwaschung darf nicht stattfinden.
Probleme könnte den Bestattern der Mangel an Schutzanzügen zum einmaligen Gebrauch bereiten. Pro Leichnam werden zwei benötigt, aber in der Praxis sind sie schwer zu bekommen. Richard Hovorka hat etwa 20 Anzüge auf Lager, sollten mehr benötigt werden, könnte es zu Engpässen kommen: Bestattungsinstitute gehören nicht zu den systemrelevanten Einrichtungen, die schnell mit Schutzanzügen beliefert werden. „Wir müssen mit einer Lieferzeit von 15 bis 30 Wochen rechnen“, sagt Richard Hovorka, der allerdings hofft, dass er eine solche Situation nie erleben muss.
Auch für die Pastoren ist die Situation neu: Keine Andachten in Kirchen oder Kapellen, nur wenige Trauernde am Grab. „Für die Angehörigen ist das schwierig“, weiß Hans-Christoph Plümer von der Garstedter Emmaus-Kirchengemeinde. „Es muss ja vorher ausgewählt werden, wer kommen darf und wer nicht.“ Er selbst hat seit Inkrafttreten der Coronabestimmungen zwei Beerdigungen geleitet. In einem Falle standen Stühle am Grab, Musik wurde per CD-Player eingespielt. Eine ungewohnte Situation für alle Beteiligten. Pastor Plümer hat an sich selbst eine interessante Beobachtung gemacht: „Weil der strenge Rahmen einer Friedhofskapelle fehlte, konnte ich freier agieren; ich habe eine gewisse Lockerheit an mir festgestellt.“ In beiden Fällen seien die Trauerfeiern kürzer gewesen als gewohnt.