Wittenborn. Liane Wise und Helmuth Haupt erfüllten sich den Traum von einem Tiny Haus. Ihr Zuhause ist jetzt ein Minihaus auf dem Campingplatz.
Von außen steckt der Schlüssel. Gäste sind in dem neuen Zuhause von Liane Wise und Helmuth Haupt immer herzlich willkommen. Das Paar hat sich den Traum vom Tiny House erfüllt – und möchte seine Idee, mit weniger Ballast zu leben, teilen. „Wir brauchen keinen Zaun. Am liebsten würde ich die Haustür nie abschließen“, sagt Helmuth Haupt. In der Woche erklimmen mindestens ein bis zwei neugierige Menschen den Hügel, auf dem das 40 Quadratmeter kleine Haus steht. Es befindet sich mitten auf dem Campingplatz „Weisser Brunnen“ in Wittenborn.
Wer durch die Haustür tritt, steht direkt im Wohnzimmer. Einen Fernseher besitzen Wise (52) und Haupt (55) nicht. „Das wäre verschwendete Zeit“, sagen sie. Vom Sofa aus blicken sie aus bodentiefen Fenstern direkt auf ein Getreidefeld. Nicht weit von ihnen entfernt liegt der Mözener See. Im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Tiny House, das aus nur einem Raum besteht, hat das Paar zwei Holzbungalows zusammengestellt. Sie sind durch eine Schleuse miteinander verbunden und haben eine Länge von sechs und sieben Metern.
Tiny-House-Trend stammt ursprünglich aus den USA
In dem ersten Raum steht neben dem Sofa ein Ofen und eine Essecke. Dahinter befindet sich eine Küche, die genauso groß ist wie in manch einer Hamburger Drei-Zimmer-Wohnung. Alles ist im skandinavischen Stil gehalten. Durch den zweiten Bungalow, in dem Bade- und Schlafzimmer untergebracht sind, wirkt das Minihaus größer als es ist. Die länglichen Räume sind hell und freundlich und von Licht durchflutet.
Im vergangenen April haben Wise und Haupt gemeinsam mit einem befreundeten Zimmermann angefangen zu bauen. Im Juli hat das Abendblatt sie zum ersten Mal in Wittenborn besucht, damals stand nur der Rohbau. Kurz vor Silvester konnte das Paar dann die erste Nacht in seinem Tiny House verbringen. „Wir haben uns gleich wohlgefühlt – und erleichtert“, sagt es. Wise und Haupt hatten das Leben im Überfluss satt. Das 200 Quadratmeter große Mietshaus in Bad Bramstedt haben sie aufgegeben. Die meisten Möbel haben sie verkauft, gespendet oder an Freunde verschenkt. Nur der Esstisch, das Bett und zwei Schränke sind aus ihrem alten Leben übrig geblieben. Küche und Kleiderschrank haben sie gebraucht gekauft. „Es war ein Prozess, die Sachen loszulassen“, sagt Liane Wise. „Aber sie sind an liebe Menschen gegangen, die sie wertschätzen.“
Die alternative Wohnidee des Tiny Houses, die ursprünglich aus den USA stammt, hat sich in den vergangenen Jahren in Deutschland zum Hype entwickelt. Das spüren auch Liane Wise und Helmuth Haupt. Aus dem Interesse an ihrem Minihaus und der wöchentlichen Pilgerschaft vor der eigenen Haustür ist nun eine Geschäftsidee entstanden. Unter dem Namen „Panhaus“ – der angelehnt an den ewig junggebliebenden Peter Pan ist – bietet Haupt den Bau von Minihäusern an. Das Unternehmen befindet sich derzeit in der Gründung. Seine Massagepraxis hat der gelernte Schmied aufgegeben. Sechs Kunden haben ihr Tiny House bereits in Auftrag gegeben. Sie alle sollen auf dem Campingplatz in Wittenborn stehen und ein „Tiny-House-Village“ bilden.
Auf einem Campingplatz darf man nicht dauerhaft wohnen
Um die Häuser bauen zu können, hat Haupt eine 250 Quadratmeter große Produktionshalle in Hasenmoor angemietet. Selbstständige Zimmermänner können hier bis zu vier Häuser gleichzeitig anfertigen. Eines kostet rund 100.000 Euro.
In Hasenmoor liegt nicht nur der Firmen-, sondern auch der Hauptwohnsitz von Wise und Haupt. Denn: Auf einem Campingplatz ist es nicht erlaubt, dauerhaft zu leben. Gäste sollen hier ihre Freizeit verbringen. Außerhalb des Campingplatzes gelten Tiny Houses baurechtlich als Einfamilienhäuser und sind deshalb nur mit einer Baugenehmigung zulässig. „Die Gesetze müssen sich ändern. Der Druck auf die Politik ist hoch“, sagt Helmuth Haupt.
Mit ihrer ökologischen Bauweise liegen die Minihäuser voll im Trend. „Wir verbrauchen nur 20 Prozent von der Energie, die wir vorher in unserem großen Haus verbraucht haben“, sagt Haupt. Durch seine Holzwände lässt sich das Tiny House viel besser heizen als ein Steinhaus. „Das einzige, was fehlt, sind die riesigen Tanzflächen, die man beheizen und sauber machen muss“, sagt das Paar. „Wenn man darauf verzichten kann, lässt es sich auf 40 Quadratmetern wunderbar aushalten.“
Selbst Kater Balu und Hund Elvis finden hier Platz. Bei Wise und Haupt ist eben jeder willkommen.