Glasau. Bewohner von Glasau können Straßenlaternen mit ihren Smartphones selber einschalten – wer keins hat, tappt weiterhin im Dunkeln.

Es geht ganz leicht: Smartphone zücken, App aktivieren, auf den Button drücken – und schon wird es hell in den Straßen des kleinen Dorfes Glasau im äußersten Nordosten des Kreises Segeberg. Wer kein Smartphone besitzt oder auf diese spezielle App verzichten will, tappt weiterhin im Dunkeln. Allen anderen geht ein Licht auf.

Mit seinen knapp 900 Einwohnern mag das beschauliche Dorf Glasau nicht der Nabel der Welt sein, aber zumindest in einer Hinsicht ist es vielen anderen Orten voraus: Hier kann seit einigen Tagen jeder selbst bestimmen, ob der Heimweg im Dunkeln oder im Hellen angetreten werden soll. Denn in den Straßen des Ortes gibt es Licht per Knopfdruck.

Möglich wird es mit der Knoop-App (Knoop ist das plattdeutsche Wort für Knopf), die einige junge Softwareentwickler aus Flensburg erfunden haben. Sie haben sich zur Sourceboat GmbH & Co. KG zusammengeschlossen und basteln an individuellen Lösungen für technische Probleme, die sie ihren Kunden anbieten. Mit ihrer Knoop-App haben sie bereits Aufmerksamkeit erregt: 2019 haben sie den Digitalisierungspreis Schleswig-Holstein gewonnen, 2018 wurden sie beim yooweedoo-Ideenwettbewerb mit dem ersten Preis belohnt. Seit Ende 2019 werben die jungen Unternehmen für ihre App.

Immer mehr Gemeinden nutzen die Idee aus Flensburg

Sechs Gemeinden in Schleswig-Holstein setzen die Knoop-App seit Angang des Jahres ein. „Inzwischen sind wir schon mit etlichen Bürgermeistern im Gespräch“, sagt Simon Hansen, einer der Mitgründer und Gesellschafter aus Flensburg. Die inzwischen neunköpfige Unternehmens-Crew hat sich während des Informatik-Studiums im Flensburg kennengelernt. „Damp ist die nächste Gemeinde, die sich unserem System anschließt.“

Glasaus Bürgermeister Henning Frahm fand die Idee ebenso faszinierend wie andere Bürgermeister kleinerer Gemeinden in Schleswig-Holstein: Licht auf Knopfdruck in den Glasauer Straßen. Und das funktioniert so: Um 22 Uhr geht in Glasau das Licht aus, danach können alle, die auf ihrem Handy die Knoop-App installiert haben, für exakt 15 Minuten das Licht der Straßenlaternen anknipsen. Dann wird es im ganzen Ort hell.

Bis morgens um 7 Uhr gibt es die Möglichkeit, danach nicht mehr. Herunterladen kann die App jeder Bewohner Glasaus, der mindestens 18 Jahre alt ist. Freigeschaltet wird sie von der Gemeinde. Neben Bürgermeister Frahm sind zwei weitere Personen im Ort berechtigt, den Freischalt-Code herauszugeben. Für Neu-Glasau, das etwa zwei Kilometer vom Ortskern entfernt liegt, gibt es einen separaten Schaltkreis.

Lichter gehen vor allem am frühen Morgen an

Die Glasauer sind von dieser Möglichkeit offenbar sehr angetan. Denn seit Ende November 2019 haben sich bereits gut 100 Personen registrieren lassen. „Wer abends zu Fuß nach Hause geht oder morgens früh zur Bushaltestelle will, kann also selbst für Beleuchtung sorgen“, sagte Bürgermeister Henning Frahm. Wer Glasau mehrfach aus Jux erstrahlen lässt, kann die Rote Karte erhalten und gesperrt werden. „Es ist zu sehen, wer wie oft die App benutzt“, sagt der Bürgermeister.

Er weiß auch, dass viele App-Nutzer zunächst mal einen Testbetrieb starten, um zu sehen, ob das System funktioniert. „Hab’ ich auch gemacht“, sagt Bürgermeister Frahm. Er hat festgestellt, dass die Lichter vor allem in den frühen Morgenstunden angehen: „Wer um fünf Uhr zum Bus geht, nutzt die App.“

Die Macher von Sourceboat werben mit einer möglichen Stromkostenersparnis, nach der sie auch die Gebühr für den Service berechnen. Eine Gemeinde muss einmalige Kosten für die Installation des Steuergerätes und eine monatliche Gebühr bezahlen. Zusätzlich dazu fallen die Stromkosten für die Schaltungen an. Ungefähr bis zu 1000 Euro könne eine Gemeinde von 700 Einwohnern demnach an jährlichen Stromkosten sparen, wenn die LED-Straßenlaternen etwa drei Stunden pro Nacht ausbleiben.

Für Glasaus Bürgermeister steht der Einspareffekt nicht so sehr im Vordergrund, ihm geht es vor allem um die Sicherheit der Bürger. Simon Hansen von Sourceboard ist inzwischen auch in Gesprächen mit Stadtwerken größerer Orte, für die ebenfalls Lösungen angeboten werden. „Zum Beispiel in Randgebieten kann unsere App durchaus eingesetzt werden.“