Bad Segeberg. Für Dr. Uwe Denker, den Gründer der mittlerweile bundesweit tätigen Institution, ist das Jubiläum aber kein Grund zum Feiern.

Ein zehnjähriges Bestehen ist sicherlich für viele Institution ein Grund, mit einem Gläschen Sekt anzustoßen. Nicht so bei der „Praxis ohne Grenzen“, die im Januar 2010 der Segeberger Mediziner Dr. Uwe Denker aus der Taufe hob, um auf einen gravierenden Missstand im Gesundheitssystem aufmerksam zu machen: Kranke ohne Krankenversicherung. Ihnen wollte er unentgeltlich medizinische Versorgung zukommen lassen.

Daran hat sich auch zehn Jahre später nichts geändert. Im Gegenteil: Aus der einen Praxis in Bad Segeberg wurden mittlerweile zehn. Sechs in Schleswig-Holstein, eine in Hamburg und drei weitere im Rest der Republik. Sie alle arbeiten nach dem Modell des inzwischen 81 Jahre alten Facharztes für Allgemein- sowie Kinder- und Jugendmedizin. Seine Patienten kommen schon lange nicht mehr nur aus dem Kreis Segeberg, Anfragen gibt es aus allen Teilen der Welt, erzählt Denker.

Inzwischen arbeiten 70 Menschen ehrenamtlich im Hintergrund: Ärzte und Arzthelferinnen, die sich bei den wöchentlichen Sprechstunden abwechseln, sowie Fachärzte, die schnell und unbürokratisch helfen, wenn Denker für seine Patienten schnellstmögliche Hilfe benötigt. Er sammelt Spenden und verfügt inzwischen über eine gut ausgestattete Praxiseinrichtung mit Ultraschall, Geräten zur Messung der Lungenfunktion, und sogar augenärztliche Untersuchungen können in der „Praxis ohne Grenzen“ stattfinden. Das Lübecker Zentrallabor übernimmt kostenlos alle labortechnischen Untersuchungen.

Denker sieht die „Praxis ohne Grenzen“ als Provisorium

An dem Missstand im Gesundheitssystem hat sich jedoch bislang nicht viel geändert. „Deshalb sind zehn Jahre auch kein Grund zum Feiern“, betont Denker, der die „Praxen ohne Grenzen“ immer noch als provisorische Zwischenlösung versteht. Rund 1000 Patienten hat die „Praxis ohne Grenzen“ in Bad Segeberg bislang behandelt. Die meisten von ihnen entstammen der Mittelschicht, sagt Denker. Darunter viele Selbstständige, die in jungen Jahren zu einer privaten Krankenversicherung gewechselt sind, mit zunehmendem Alter aber die hohen Versicherungsbeiträge nicht mehr zahlen konnten.

Davon kann auch Bad Segebergs stellvertretender Bürgervorsteher Wolfgang Tödt ein Lied singen, der zum zehnjährigen Bestehen statt Blumen einen Umschlag mit Geld für die Praxis dabei hatte. „Ich habe mit meinem Betrieb auch nicht nur die besten Zeiten erlebt und stand kurz davor, hier anklopfen zu müssen, wurde aber von meiner Familie aufgefangen“, sagte Tödt, der es heute als Fehler betrachtet, in eine private Krankenversicherung gewechselt zu sein. Zurück in eine gesetzliche Krankenversicherung können die meisten nicht mehr, denn ab einem Alter von 55 Jahren nimmt einen keine Krankenversicherung mehr auf. Deshalb muss ein Strukturwandel im Gesundheitswesen her, der die wachsenden sozialen Lücken schließt“, sagt Denker, der weiterhin für drei Ziele kämpft: eine beitragsfreie Krankenversicherung für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, eine kostenlose, über Steuern finanzierte Grundversicherung für alle und eine Senkung der Mehrwertsteuer für Medikamente. Solange das nicht geschieht, will Dr. Uwe Denker weitermachen im Dienst von Nächstenliebe und Barmherzigkeit.