Neumünster/Bad Segeberg. Fall vor dreieinhalb Jahren: Drei Kinderbetreuerinnen und zwei Bademeister stehen wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht.
Dreieinhalb Jahre nach dem tödlichen Badeunfall eines sechsjährigen Jungen in einem Freibad in Bad Bramstedt (Kreis Segeberg) müssen sich ab Mittwoch, 8. Januar, fünf Angeklagte in einem mehrtägigen Strafprozess wegen fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht Neumünster verantworten.
Laut Vorwurf der Kieler Staatsanwaltschaft gehörte das Opfer zu einer Gruppe von 15 Kindern, die am 23. Juni 2016 von drei Betreuer(-innen) in das Warmwasserfreibad Roland Oase begleitet wurden. Neben diesen Aufsichtspersonen stehen zwei Bademeister vor Gericht, die dort ebenfalls ihre Sorgfaltspflicht verletzt haben sollen.
Zwei Jugendliche entdeckten damals gegen 13 Uhr den Sechsjährigen leblos im Wasser treibend und alarmierten sofort die Badeaufsicht. Die Retter konnten den Jungen offenbar zunächst reanimieren. Der Junge verstarb jedoch laut Anklage am Folgetag im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Junge lief unbeaufsichtigt zum Nichtschwimmerbecken
Vor dem tödlichen Badeunfall sollen die verantwortlichen Kindergärtnerinnen zweimal mit ihren drei- bis sechsjährigen Schützlingen ins Wasser gegangen sein. Beide Badegänge verliefen unter lückenloser Aufsicht, hieß es. Der später verstorbene Junge soll danach jedoch unbemerkt die Gruppe verlassen und allein zum Nichtschwimmerbecken gelaufen sein.
Die Zahl der tödlichen Badeunfälle in Deutschland hatte im Jahr 2016 mit 537 Todesopfern einen Höhepunkt erreicht. Zwei Jahre zuvor waren es noch 392 Ertrunkene gewesen. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) weist seit Jahren darauf hin, dass immer weniger Grundschulen in der Lage seien, Kinder mit ausreichendem Schwimmunterricht gegen die Gefahr des Ertrinkens zu wappnen. Das liege auch an der Schließung zahlreicher kommunaler Bäder.
Die meisten Opfer ertrinken laut Statistik in unbeaufsichtigten Flüssen, Seen und Teichen. An den bewachten Stränden von Nord- und Ostsee ertranken im Jahr 2017 laut DLRG 28 Menschen. Zwölf weitere starben in Freibädern, Hallen- und Naturbädern und privaten Pools.
Nach den Zahlen der DLRG waren mehr als drei Viertel der Ertrunkenen männlich. Nicht statistisch erfasst seien jährlich bis zu 100 Verunglückte, die – wie im Fall Bad Bramstedt – zunächst wiederbelebt werden können, später jedoch an den Folgen des Badeunfalls sterben. Für den Prozess hat das Amtsgericht Neumünster drei Verhandlungstage angesetzt.