Henstedt-Ulzburg. Die Gemeinde Henstedt-Ulzburg hat zum zweiten Mal einen Kursus für Flüchtlinge angeboten. Hier lernen geflüchtete Mädchen endlich zu schwimmen.

Rosen Shabi ist ein aufgewecktes und lebenslustiges Mädchen. Aber Rosen hat mit ihren 14 Jahren schon allerhand erlebt. Vor vier Jahren flüchtete ihre Familie aus dem Irak und landete über Umwege in Hen­stedt-Ulzburg. In der neuen Heimat hat Rosen schnell Anschluss gefunden und die fremde Sprache zügig erlernt. „Wir sind damals mit 90 anderen Menschen in einem Boot aus dem Irak geflüchtet“, erinnert sie sich zurück und fügt hinzu, dass 60 Prozent aller geflüchteten Menschen im Wasser sterben.

Aber das ist nicht der einzige Grund, warum Rosen Shabi unbedingt schwimmen lernen wollte: Vor gut zwei Jahren war sie mit Freunden im Freibad und wurde von einem der Besucher ohne Vorwarnung ins Wasser geschubst. Ein traumatisches Erlebnis, bei dem die damalige Nichtschwimmerin fast ertrunken wäre. „Daraufhin habe ich im Jugendzentrum Tonne gefragt, ob es einen Schwimmkursus für Mädchen gibt“, erklärt Rosen. Die zuständige Erzieherin Signe Stamer vom Verein In Via Hamburg setzte sich mit der Gemeinde in Verbindung und machte sich für einen Mädchen-Schwimmkursus stark, der im vergangenen Jahr erstmals in der Holstentherme in Kaltenkirchen stattfand.

In diesem Jahr ging das Projekt in die zweite Runde: Diesmal hatte auch Rosen Shabi einen der begehrten Plätze ergattert. Ein Aufbaukursus in den Herbstferien sollte den Mädchen die Angst vor dem nassen Element nehmen. Vom 2. bis zum 20. Dezember besuchten Rosen und die anderen acht Mädchen täglich die Holstentherme, um unter Anleitung von Yüksel Eldem das Schwimmen zu erlernen. Für den Schwimmlehrer eine durchweg positive Erfahrung: „Erst musste ich die Mädchen an die Hand nehmen. Dann hat man gesehen, wie sie Ehrgeiz entwickelt haben und mehr wollten. Schön, dass wir dieses soziale Projekt unterstützen, ich würde jederzeit gern wieder mitmachen.“

Bürgerstiftung unterstützt Projekt mit 3560 Euro

Von den neun Teilnehmerinnen haben zwei das „Froschabzeichen“, drei das „Seepferdchen“ und vier das „Bronzeabzeichen“ erschwommen. Rosen Shabi war mit ihrem Seepferdchen nicht ganz zufrieden. „Ich wollte unbedingt das Bronzeabzeichen schaffen“, betont sie. Doch die anfängliche Angst vor dem Wasser ist längst der Freude gewichen. „Beim Schwimmen fühle ich mich frei, kann tauchen, Spaß haben und alles um mich herum vergessen.“

Der Schwimmkursus für geflüchtete Mädchen hat Rosen Shabi aber noch ein weiteres Geschenk beschert – nämlich acht neue Freundinnen. „Es fühlt sich an, als würden wir uns alle schon ewig kennen“, sagt Rosen über die anderen Mädchen, die ihr eng ans Herz gewachsen sind. Sie kommen aus Afghanistan, Syrien und dem Irak. Die Harmonie in der Gruppe blieb auch dem Bade-Betriebsleiter Thomas Stegemann nicht verborgen. „Ich freue mich für die Mädchen, die sich untereinander geholfen und angefeuert haben“, sagt er.

Ein schöner Erfolg für alle Beteiligten, an dem die Bürgerstiftung maßgeblichen Anteil hat. Der gemeinnützige Verein unterstützte das Schwimmprojekt mit 3560 Euro, was fast die gesamten Kosten abdeckte. „Uns ist es wichtig, dass die Menschen in Henstedt-Ulzburg friedlich miteinander leben und Neubürger integriert werden. Schön, wenn wir mit dieser Spende dazu beitragen konnten“, sagt Volker Dornquast von der Bürgerstiftung.

Die Gleichstellungsbeauftragte Svenja Gruber fand ebenfalls lobende Worte: „Dass geflüchtete Mädchen schwimmen lernen, ist ein wichtiger Baustein für die Gleichberechtigung. Es stärkt das Selbstvertrauen und erlaubt es den Mädchen, unbeschwert ins Freibad zu gehen.“

Das Schwimmprojekt soll fortgeführt werden

Die Initiatoren des Schwimmprojektes blicken positiv in die Zukunft: Im kommenden Jahr will die Koordinierungsstelle für Integration der Gemeinde Henstedt-Ulzburg zusammen mit In Via Hamburg, der Gleichstellungsbeauftragten der Gemeinde, Svenja Gruber, und der Holstentherme Kaltenkirchen erneut einen Schwimmkursus für Flüchtlingsmädchen anbieten. Schon jetzt gab es mehr Interessenten als Plätze. „Unsere anfänglichen Bedenken bezüglich der Eltern haben sich schnell zerstreut, die Resonanz war durchweg positiv“, sagt der Integrationsbeauftragte der Gemeinde Henstedt-Ulzburg, Wenzel Waschischeck.