Norderstedt. Wer ein Share-Now-Auto in Norderstedt abstellt, muss jetzt eine Abstellgebühr zahlen. Steigende Kosten könnten das Aus bedeuten.
Blick auf das Radar in der App des Carsharing-Anbieters Share-Now am Mittwoch: Nur ein Mini Cabrio verliert sich im gesamten Geschäftsgebiet Norderstedt. Automangel könnte zum Dauerzustand werden. Denn wer ein Share-Now-Auto nach Norderstedt fährt, muss jetzt extra zahlen: Die Minutenkosten der zurückgelegten Fahrt, plus 4,99 Euro Abstellgebühr. Es könnte das Aus für das Angebot in der Stadt bedeuten.
Seitdem die Carsharing-Anbieter Car2Go und DriveNow zu Share Now fusionierten, gilt die Abstellgebühr. „Wir mussten reagieren“, sagt Share-Now-Sprecher Niklas Merk. Die Nachfrage in Norderstedt sei zu gering. Und die Standzeiten deutlich länger als im Durchschnitt. Fahrzeuge würden dann im Kerngeschäftsgebiet fehlen. „Grundsätzlich funktioniert das Prinzip des Carsharings am besten, wenn die Autos häufig angemietet und von unseren Kunden selbst in der Stadt verteilt werden“, sagt Merk. Share Now betreibt in 14 Ländern mehr als 20.500 Autos, in Hamburg sind es um die 1500. Abstellgebühren müssen Nutzer auch in Wilhelmsburg und Bergedorf-Ost bezahlen – allerdings nur 2,99 Euro. „Eine Schließung stand in Norderstedt nicht zur Diskussion. Wir wollen unseren Dienst langfristig in der Stadt anbieten“, sagt Niklas Merk.
Ende 2017 hatte Car2Go sein Geschäftsgebiet von Hamburg nach Norderstedt ausgeweitet. Rund um den U-Bahnhof Norderstedt-Mitte können Kunden die Fahrzeuge abholen und abstellen. Wer mit einem Smart (26 Cent je Minute) zum Beispiel die Strecke von Eimsbüttel nach Norderstedt fährt, bezahlte bisher – je nach Verkehrslage – zwischen 6 und 12 Euro. Nun kommen noch einmal 4,99 Euro dazu. Kunden werden sich künftig überlegen, ob es sich für sie noch rechnet, ein Share-Now-Fahrzeug für die Fahrt nach Norderstedt zu nutzen – was dann wieder zu einem Mangel an verfügbaren Autos in der Stadt führen wird.
Die Stadt Norderstedt setzt auf den Anbieter Greenwheels
In der Gegenrichtung, von Norderstedt nach Hamburg, ist die Fahrt deutlich attraktiver. Denn Share Now rabattiert die Minutenpreise für Kunden, die Autos aus den Randgebieten zurück in die City fahren. Der günstigste Wagen, der Smart, kostet dann nur 19 Cent je Minute. 20 Minuten Fahrt sind dann für gerade mal 3,80 Euro zu haben.
In der Mobilitätsstrategie der Stadt Norderstedt hat der Ausbau des Carsharings einen hohen Stellenwert. Doch bei Share Now hat die Stadt keinerlei Einfluss auf Gebühren oder Anzahl der Fahrzeuge. „Natürlich wäre es wünschenswert, wenn alle Gebiete diskriminierungsfrei berücksichtigt würden“, sagt Stadtsprecher Fabian Schindler.
Seit zehn Jahren teilen sich die Norderstedter bereits die Wagen des Anbieters Greenwheels. Sechs kleine rote Autos stehen an festen Stationen im Stadtgebiet. Mit drei Greenwheels-Autos startete das Angebot, und zwar in enger Abstimmung mit der Verwaltung. Die Stadt zahlte jährlich einen Zuschuss, damit Greenwheels die Stationen wirtschaftlich betreiben konnte. „Inzwischen ist das nicht mehr notwendig, da die Auslastung so gut ist“, sagt Fabian Schindler. Laut Greenwheels liegt sie durchschnittlich bei 15 bis 20 Prozent. Das würde reichen, um ein Fahrzeug wirtschaftlich zu betreiben, sagt eine Sprecherin. „Die Stadtverwaltung plant, weitere Carsharing-Standorte gemeinsam mit Greenwheels auszuweisen“, sagt Fabian Schindler. Die Standorte der Wagen werden in den Plänen für Baugebiete von Beginn an berücksichtigt.
Anders als bei Share Now muss das rote Fahrzeug von Greenwheels dort wieder abgestellt werden, wo es der Fahrer ausgeliehen hat. Die Stationen befinden sich am Busbahnhof Norderstedt-Mitte, am Birkenweg in Garstedt, am Harksheider Markt, am Heidehofweg in Glashütte sowie an der Bahnhofstraße und Ecke Waldstraße/Birkhahnkamp in Friedrichsgabe. In Henstedt-Ulzburg ist das Konzept bereits nach eineinhalb Jahren Laufzeit gescheitert. Die Station am Marktplatz vor dem CCU wurde im Sommer 2018 wieder aufgegeben.
Ridesharing-Angebote wie Moia brauchen viele Nutzer
Außerhalb von Großstädten hat das Prinzip Carsharing zu kämpfen. „Es funktioniert super im urbanen Raum. Doch in ländlichen Gegenden ist es schwieriger, die kritische Masse zu erreichen“, sagt Heiko Birnbaum, der für den Bereich Mobilität im Kreis Segeberg verantwortlich ist. Aus diesem Grund hält er es für unwahrscheinlich, dass sich Ridesharing-Modelle wie Moia, bei dem sich mehrere Fahrgäste ein Fahrzeug teilen, im Kreis durchsetzen könnten.
In Hamburg sind seit April die gold-schwarzen Elektrobusse der VW-Tochter unterwegs. „Wirtschaftlich orientierte Unternehmen brauchen viele Nutzer. Diese Masse haben wir im Kreis nicht. Die Fahrzeuge müssen permanent im Umlauf sein“, sagt Birnbaum. Er schlägt vor, dass sich Gemeinden lieber auf Ideen wie die des „Dörpsmobils“ konzentrieren sollten. In Klixbüll in Nordfriesland wurde das elektrisch betriebene Dorfgemeinschaftsauto erfolgreich eingeführt. Das Gemeinschaftsauto kann Zweitwagen ersetzen. Es könnte auch die Lösung sein für Senioren auf dem Land, die kein eigenes Auto mehr haben oder fahren können.
In Tangstedt und Kayhude ist das „Dörpsmobil“ allerdings gerade am Desinteresse der Bürger gescheitert. Senioren zum Beispiel haben oft noch ein eigenes Auto – aber niemanden, der sie damit zum Einkaufen oder zum Arzt fährt.