Kiel/Segeberg. Im Prozess um Beschlagnahmung von Hoftieren belasten zwei Zeugen die angeklagte Staatsanwältin schwer. Angeklagte setzte sich über alle hinweg.

Übermotiviert, ohne Augenmaß und Rücksicht auf Zuständigkeiten in Tierschutzverfahren – so charakterisierten zwei Zeuginnen die Staatsanwältin (44), die sich seit Anfang Oktober in einem Strafprozess wegen Rechtsbeugung beim Verkauf beschlagnahmter Tiere vor dem Kieler Landgericht verantworten muss. Betroffen sind auch Tierhalter aus dem Kreis Segeberg.

„Sie hat meinen Glauben an Recht und Ordnung erschüttert“, erklärte eine Amtstierärztin. Doch die Kritik der Amtstierärztin (50) und einer Polizeibeamtin (30) an der rigiden Beschlagnahmepraxis der Angeklagten trifft nicht den Kern des Vorwurfs, der für die suspendierte Staatsanwältin das Ende der Beamtenkarriere bedeuten könnte. Hat die Angeklagte beim Notverkauf beschlagnahmter Rinder und Pferde, Hunde und Hühner die Rechte der Tierhalter ignoriert?

Die Besitzer hätten laut Strafprozessordnung wissen müssen, wann und wo ihr Eigentum verkauft werden sollte und dass sie gegen die Notveräußerung hätten klagen können. In zehn Fällen soll die Angeklagte das ignoriert haben – bewusst und vorsätzlich. Letzteres bestreitet die promovierte Juristin. Sie will jene Vorschrift, die sie nach eigener Aussage reflexartig anwandte, nicht so genau gelesen haben. Dabei betrieb die Angeklagte den Tierschutz offenbar als Herzensangelegenheit. Wie eine Amtstierärztin des Kreises Dithmarschen berichtete, warf die Staatsanwältin in einem Vortrag den Ordnungsbehörden der Kreisverwaltungen mangelndes Engagement vor. „Uns Tierärzten hat sie eine Pauschalschelte erteilt“, sagte die Zeugin. „Dagegen habe ich mich verwahrt.“

Die Angeklagte setzte sich über alle anderen hinweg

Die Staatsanwältin habe sich an die Stelle der Verwaltungsbehörde gesetzt und ohne Rücksprache „auf dem Territorium des Kreises Dithmarschen“ einen 150-köpfigen Viehbestand aus dem Kreis Segeberg untergebracht. Der Viehhändler (50), der den ganzen Bestand für rund 300 Euro pro Tag in einer Maschinenhalle unterbrachte und später für 50 000 Euro kaufte, habe keine Erfahrung mit Milchkühen gehabt. Bei ihm war das Vieh „opulent untergebracht, mit Stroh bis über die Ohren“, berichtete die Amtstierärztin. Ihr fiel auf, „dass die Tiere eigentlich sehr gut aussahen“. Der Händler, der sie betreute, soll sich über die geforderte „Luxusversorgung im Wellness-Hotel“ mokiert haben. „Die Kosten sind mir egal, Hauptsache den Tieren geht es gut“, habe die Angeklagte geantwortet, „der Haushalt der Staatsanwaltschaft ist so groß, da fällt das gar nicht auf.“

Nach Aussage einer LKA-Beamtin, die jahrelang dienstlich mit ihr zu tun hatte („Wir duzten uns“), hätte es im Fall eines Landwirts aus Todesfelde mildere Maßnahmen als eine Beschlagnahme sämtlicher 152 Rinder gegeben. „Die Tierhaltung dort war nicht schön aber auch nicht schrecklich.“ Nach Einschätzung der Zeugin hätte es gereicht, dem Landwirt zu raten, „sich von einigen Tieren zu trennen, um da etwas Grund reinzubekommen“. Bei der Hofdurchsuchung sei die Staatsanwältin als Entscheiderin aufgetreten. Die Tiertransporter standen schon bereit.

Die Kripobeamtin sollte damals „die Papierlage“ auf dem Hof prüfen. Man habe klären wollen, ob die Rinder tierärztlich versorgt wurden. „Als wir aus dem Büro kamen, war die Entscheidung bereits gefallen.“ Die Zeugin erklärte zudem, ein Vorgesetzter der Angeklagten habe gemeint, „dass es vielleicht manchmal ein bisschen viel gewesen ist“.