Kiel/Bad Segeberg. Birgit K. erhebt schwere Vorwürfe gegen die Staatsanwältin, der sowohl Rechtsbeugung als auch Diebstahl vorgeworfen wird.

Saal 126 im Landgericht: Es geht auf den neunten von 36 Prozesstagen zu, gegen eine Kieler Staatsanwältin, der vorgeworfen wird, in Tierschutzverfahren das Recht gebeugt zu haben. Mittlerweile ist die 7. Strafkammer für die Verhandlungen vom großen Saal in einen kleineren umgezogen. Das Medieninteresse ist nach wie vor da, doch so viele Besucher, wie zum Auftakt, kommen nicht mehr.

Am siebten Tag sitzt unter anderem Birgit K. im Zeugenstand. Die heute 70-Jährige berichtet vom 2. November 2012. Dem Tag, an dem ihre eigenen Pflege- und Pensionshunde, insgesamt 16 Tiere, auf die Anzeige einer Hartenholmerin hin beschlagnahmt und notveräußert worden waren, ohne dass sie die Chance hatte, Widerspruch einzulegen. Sie war in den Verdacht geraten, eine Tierquälerin und Betrügerin zu sein. Wie berichtet, bestätigten die dreijährigen Ermittlungen dies nicht. Das Verfahren wurde eingestellt.

Birgit K. hat gerade eine Herz-OP hinter sich. Der beantragte Rechtsbeistand wird vom Gericht allerdings abgelehnt. Die Pensionärin habe schließlich auch mit der Presse gesprochen, kritisiert die Verteidigerin von Staatsanwältin Maya S. „Das ist doch alles nur Show“, ist Rechtsanwältin Annette Voges sicher. So holt sich Birgit K. mit dem Juristen Frank Knuth auf eigene Kappe Beistand. Er vertritt auch den Zirkus Las Vegas, bei dem ein Elefant und vier Raubkatzen beschlagnahmt und notveräußert wurden – zu Unrecht, wie das Amtsgericht Norderstedt feststellte.

Zwei Polizisten konnten sich vor Gericht an nichts erinnern

Wie Birgit K. berichtet, konnte sie später nur vier ihrer eigenen Hunde zurückbekommen. Die anderen sah sie nie wieder. Anders als zwei Polizisten, die sich zuvor im Zeugenstand an nichts erinnern konnten, ruft Birgit K. den Tag, als die Ordnungsbehörden mit einem Durchsuchungsbeschluss zu ihr kamen, in vielen Details wach. Eine E-Mail, die seinerzeit auf dem beschlagnahmten Computer gefunden wurde, wird ihr von der Verteidigerin vorgehalten. Darin geht es um einen Hund, für den eine Pflegestelle gesucht wird. Als Birgit K. sich dazu in der Mail bereiterklärt, ermahnt die besorgte Bekannte aus einem Verein, der Hunde aus Rumänien rettet, dass es womöglich zu Ärger kommen könne, weil Birgit K. schon so viele Hunde habe.

Was die Bekannte denn damit meine, wollte Voges wissen. Die Verteidigung sieht in der E-Mail offenbar einen Verdachtsansatz, dass Birgit K. Hundehandel betrieben haben könnte. „Da müssen sie die Schreiberin schon selbst fragen“, lautete die Antwort von K. Zumal ein Gericht bereits 2015 entschieden hatte, dass das nicht so war. Im Verfahren gegen die Staatsanwältin wird jedem Anfangsverdacht gründlich nachgegangen. Die E-Mail-Schreiberin selbst wurde nicht als Zeugin gehört.

An Tag acht der Hauptverhandlung bestätigt eine Tierheimleiterin, die ebenfalls als Zeugin geladen war, vieles aus den Schilderungen von Birgit K. Auch, dass die Hunde in einem guten Zustand waren.

Von Anfang an verfolgen den Prozess ein paar Zuschauer aus der Initiative „gerechter Tierschutz“ mit. Sie hatte sich nach den Beschlagnahmungen in Todesfelde gegründet. Selbst ein harter Kern derjenigen, die womöglich selbst noch in den Zeugenstand gerufen werden könnten, und darum nicht im Gerichtssaal dabei sein dürfen, sind vor Ort. „Das sind schon Stammkunden“, sagt eine Mitarbeiterin aus der Landgerichtskantinen und schaut zum großen Tisch, an dem sich die Männer und Frauen mit Kartenspiel die Zeit vertreiben. „Wir werden alle Prozesstage hier sein“, sind sich Dieter Scherrer, Hans Beil und die anderen einig.