Kaltenkirchen. Das Deutsche Rote Kreuz eröffnet eine Pflegeschule in Kaltenkirchen für 80 Auszubildende. Neue Vorgaben sind Herausforderung für die Ausbilder.
Pflegekräfte fehlen auch im Kreis Segeberg. Bisher wurde der Nachwuchs nur in Norderstedt ausgebildet, jetzt hat das DRK eine weitere Pflegeschule eröffnet. In Kaltenkirchen ist die Einrichtung mit 15 Auszubildenden gestartet, ihre Zahl soll auf 80 anwachsen.
Traumberuf: Altenpflegerin. Hai Yen hat ihr Heimatland Vietnam verlassen, um an der neuen Pflegeschule des Deutschen Roten Kreuzes in Kaltenkirchen eine Ausbildung zu absolvieren. „Das ist meine Leidenschaft. Ich möchte Menschen helfen“, sagt die 22-Jährige. Ihr Deutsch ist zwar noch nicht perfekt, aber sie spricht mutig drauflos. „In Vietnam gibt es nur wenige Altenheime“, sagt sie, „deswegen müssen wir uns woanders Arbeit suchen.“
Erst seit zwei Wochen lebt Hai Yen in Deutschland. Einen Kulturschock hat sie nicht erlitten, „aber das Wetter und die Sprache sind noch ungewohnt.“ Mit Hai Yen lassen sich sechs weitere Vietnamesen zur Altenpflegerin bzw. zum Altenpfleger ausbilden. Ein Jahr lang haben sie sich in Sprachkursen auf ihre neue Heimat vorbereitet. Jetzt leben sie gemeinsam in einem Wohnheim in Kaltenkirchen, das zum DRK gehört.
Die neue Pflegeschule an der Werner-von-Siemens-Straße hat am 1. Oktober ihren Betrieb aufgenommen. Kaltenkirchen ist nach Kiel, Eutin und Heide der vierte Standort, den der Landesverband des DRK eröffnet hat. „Wir haben hier ein gutes Objekt gefunden. Außerdem unterstützt uns die Stadt sehr stark“, sagt Stefan Gerke, Geschäftsführender Vorstand des DRK Segeberg. Das Deutsche Rote Kreuz hat konkrete Pläne, ein Grundstück am neuen Flottmoorpark zu kaufen und ein Zentrum darauf zu errichten. Dort könnten weitere Wohnungen für Auszubildende entstehen. In der Politik sei bereits darüber abgestimmt worden, sagt Gerke, nur gekauft werden müsste das Gelände noch.
Azubis mit Vorbildung absolvieren verkürzte Lehre
15 Schüler betreut die Pflegeschule derzeit. „In zwölf bis 18 Monaten möchten wir auf 80 Auszubildende wachsen“, sagt Gerke. Sie absolvieren eine verkürzte Lehre, werden zwei statt drei Jahre ausgebildet. „Die Schüler haben eine Vorbildung. Zum Teil sind sie Krankenpflegehelfer oder Altenpflegeassistenten. Die Vietnamesen haben in ihrer Heimat sogar ein mehrjähriges Studium durchlaufen“, sagt Schulleiterin Theresa Junghölter. Vorkenntnisse seien die Voraussetzung für die verkürzte Lernzeit gewesen.
Aber warum wollen Berufstätige und Studierte noch eine weitere Ausbildung abschließen? „Viele möchten noch mehr Wissen erlangen und das Fachkraftniveau erreichen“, sagt Diny Juds, selbst Pflegefachkraft und Dozentin des DRK. Durch die unterschiedliche Berufserfahrung lässt sich auch die große Altersspanne in der Klasse erklären: Die jüngste Schülerin der Klasse ist Hai Yen mit 22 Jahren, der Älteste ist 37.
Im Kreis Segeberg gibt es nur eine weitere Schule, die Altenpflegerinnen und -pfleger ausbildet: das Institut für berufliche Aus- und Fortbildung (IBAF) in Norderstedt. „Der Fachkräftemangel ist nicht wegzureden“, sagt Juds. Um ihm entgegenzuwirken und den Beruf attraktiver zu gestalten, tritt ab 2020 ein neues Pflegeberufegesetz in Kraft. Der Hintergrund: Die drei Pflegefachberufe in den Bereichen Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege sowie Gesundheits- und Kinderkrankenpflege werden durch das neue Gesetz zu einem gemeinsamen Berufsbild zusammengeführt. Alle Schüler erhalten zwei Jahre lang eine generalistisch ausgerichtete Ausbildung, im dritten Jahr können sie sich auf einen Bereich spezialisieren. Für das IBAF bedeutet diese Änderung, sich von einer Altenpflegeschule in eine allgemeine Pflegeschule zu verwandeln. Das DRK muss ab dem kommenden Jahr ebenfalls eine generalistische Ausbildung anbieten.
„Es ist eine große Herausforderung, die Vorgaben umzusetzen“, sagt Schulleiterin Theresa Junghölter. Das Curriculum und die Module müssten neu angepasst werden. „Ich bin gespannt, wie man den Inhalt, der durch die Generalistik zunimmt, in drei Ausbildungsjahre stecken will.“ Auf lange Sicht hält Junghölter das neue Gesetz aber für eine sinnvolle Idee. Ebenso wie Stefan Gerke. „Veränderungen ziehen Mühe nach sich. Aber wenn der Beruf dadurch attraktiver wird, halte ich sie für richtig und wichtig“, sagt er.
Anleiterinnen sind für die praktischen Blöcke freigestellt
Eine weitere Besonderheit: Das DRK hat mit Sandra Mahncke und Nathalie Maroszkanycz zwei Praxisanleiterinnen freigestellt. Sie kümmern sich während der praktischen Blöcke im DRK-Pflegeheim am Ehrenhain und im Seniorenzentrum um die Auszubildenden. Ein großer Luxus, den das Deutsche Rote Kreuz sich leistet. „Es ist ein Geschenk, dass die Praxisanleiterinnen die Ausbildung so gut und intensiv begleiten können“, sagt Diny Juds, Normalerweise sind die Mitarbeiterinnen in ihren Schichtdienst eingebunden und können sich nur nebenbei um Schüler kümmern. „Wir wollen aber gute Fachrkräfte ausbilden, die gute Arbeit leisten. Sie bringen das Ansehen des Berufes wieder zum Leuchten“, sagt Juds.