Norderstedt. Das Institut für berufliche Aus- und Fortbildung in Norderstedt, das Altenpfleger ausbildet, braucht mehr Räume und neue Materialien.

Das Institut für berufliche Aus- und Fortbildung (IBAF), das derzeit als einzige Schule in Norderstedt und näherer Umgebung Altenpfleger ausbildet, steht vor großen Herausforderungen. Denn: Sowohl Räumlichkeiten als auch Materialien fehlen, um dem neuen Pflegeberufegesetz, das ab 2020 in Kraft tritt, gerecht zu werden. „Wenn wir kein weiteres Geld vom Land bekommen, dann können wir unsere Türen schließen“, sagt Schulleiterin Gabriele Lengefeldt.

Zur Erklärung: Die drei Pflegefachberufe in den Bereichen Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege sowie Gesundheits- und Kinderkrankenpflege werden durch das neue Gesetz zu einem gemeinsamen Berufsbild zusammengeführt. Alle Schüler erhalten zwei Jahre lang eine generalistisch ausgerichtete Ausbildung, im dritten Jahr können sie sich auf einen Bereich spezialisieren. Für das IBAF bedeutet diese Änderung, sich von einer Altenpflegeschule in eine allgemeine Pflegeschule zu verwandeln.

Entsprechend breiter aufgestellt muss die Einrichtung sein. „Wir brauchen mehr Equipment, um alle Fächer unterrichten zu können. Zum Beispiel eine Wickelkommode, ein Intensivbett, eine digitale Puppe – allein diese kostet mindestens 20.000 Euro“, sagt Lengefeldt, die von Materialkosten von rund 150.000 Euro ausgeht.

Thomas Osthoff vermietet die Flächen an das IBAF und Gabriele Lengefeldt.
Thomas Osthoff vermietet die Flächen an das IBAF und Gabriele Lengefeldt. © Annabell Behrmann | Annabell Behrmann

Neben einer neuen Ausstattung werden für die umfangreichere Ausbildung zur Pflegefachfrau oder Pflegefachmann zudem mehr Räume benötigt. „Wir waren jetzt schon am Limit“, betont Lengefeldt. Schließlich biete die Schule nicht nur Ausbildungen, sondern auch Fort- und Weiterbildungen an, sagt sie. In ihrer Not hat sich die Schulleiterin an Norderstedts Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder gewandt. Gemeinsam mit der CDU-Landtagsabgeordneten Katja Rahtje-Hoffmann gab es im Februar ein Treffen im Büro der Oberbürgermeisterin. „Als ich bei ihr war, hatte ich das Gefühl, sie wird mir helfen“, sagt Lengefeldt. Doch es sei nichts passiert. Erst nach wiederholter Nachfrage bekam Lengefeldt ein Fax der Stadt zugeschickt, in dem fünf leerstehende Gebäude in Norderstedt aufgelistet wurden. „Nichts davon kam in Frage – und mehr Hilfe gab es nicht.“

Roeder hingegen bedauert es, die Einrichtung nicht unterstützen zu können. „Leider war es der Stadt bis dato nicht möglich, der Altenpflegeschule neue, zusätzliche Räume zu vermitteln. Dies auch vor dem Hintergrund eines bestimmten finanziellen Rahmens“, teilte die Verwaltungschefin auf Anfrage des Abendblatts mit. Die Vorwürfe der Schulleitung weist sie zurück: „Ich empfinde es als schade, wenn daraus abgeleitet wird, die Stadtverwaltung oder ich persönlich kümmerten sich nicht um die Sorgen und Probleme einer solchen Einrichtung.“ Allgemein hält Roeder den gesamten Bereich der Pflege für eine „gesellschaftliche Herkulesaufgabe, die es zu bewältigen gilt“. Allerdings müsse die entscheidende Weichenstellung auf bundesweiter Ebene erfolgen.

Und jetzt? Werden in Norderstedt trotz eines erheblichen Mangels keine Pflegekräfte mehr ausgebildet? Doch. Die Altenpflegeschule, die bisher nur eine Etage in einem dreistöckigen Gebäude im Rugenbarg belegte, profitiert vom Verkauf der Osthoff Omega Group. Der Besitzer Thomas Osthoff vermietet die oberen zwei Geschosse, die er bisher selbst nutzte, nun ebenfalls an das IBAF. „Ohne diese Unterstützung wäre eine gute und reibungslose Ausbildung schwierig, wenn nicht gar unmöglich geworden“, sagt Gabriele Lengefeldt.

Dennoch: Die Schule investiert derzeit in den Umbau des neuen Stockwerks – ohne jedoch über ausreichend finanzielle Mittel zu verfügen. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren arbeitet zwar an einem Fördertopf für Altenpflegeschulen. Sie sollen von dem zusätzlichen Geld Investitionen und Mieten finanzieren. Beschlossen ist allerdings noch nichts. Lengefeldt: „Wir müssen darauf hoffen. Uns bleibt nichts anderes übrig.“

Die Schulleiterin betont, wie stark das IBAF vom Land Schleswig-Holstein bisher unterstützt worden ist. Jahrelang hat die Altenpflegeschule nur 290 Euro pro Schüler im Monat erhalten – unter dem jetzigen Minister Heiner Garg wurde die Förderung auf 450 Euro hochgesetzt. Als zukünftige Pflegeschule bekommt das IBAF sogar noch mehr Geld. Trotzdem: Es reicht nicht aus, um das neue Gesetz vernünftig umzusetzen.

Nachdem die Kreistagsabgeordnete Doris Grote und Frank Schulz, sozialpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion Norderstedt, von der Notlage hörten, statteten sie der Altenpflegeschule einen Besuch ab. „Wir haben einen akuten Mangel an qualifizierten Pflegekräften“, sagt Frank Schulz. Im Jahresschnitt 2018 habe es bundesweit in der Altenpflege bei knapp 15.100 gemeldeten Stellenangeboten für examinierte Altenpfleger nur 2900 arbeitssuchende Fachkräfte gegeben. „Wir dürfen nicht auf das Prinzip Hoffnung setzen. Wir müssen als Kreis und Stadt aktiv die Ausbildungszentren für Fachkräfte, insbesondere in der Altenpflege, unterstützen und fördern“, fordert Doris Grote. Die CDU-Fraktion will das Thema nun kurzfristig in den Sozialausschuss einbringen.