Kreis Segeberg. Norderstedter CDU fordert Zusammenarbeit der Kommunen. Bürgermeister von Kaltenkirchen ruft zu Beschwerden bei Abgeordneten auf.

Die Kritik an der ärztlichen Versorgung in der Region beschäftigt jetzt auch die Politik in Norderstedt und anderen Kommunen. Stadtvertreter Frank Schulz von der Norderstedter CDU spricht sich für eine enge Kooperation aus. „Norderstedt, Henstedt-Ulzburg und Kaltenkirchen müssen an einem Strang ziehen.“

Statistisch betrachtet ist das Gebiet mit Hausärzten und anderen Medizinern überversorgt, doch immer mehr Bürger klagen über lange Wartezeiten und überlastete Praxen.

Der Norderstedter CDU-Politiker und Arzt Matthias Helt und Stadtvertreter Schulz hatten sich zu einem Gespräch über die hausärztliche Versorgung in Süd-Holstein mit Kaltenkirchens Bürgermeister Hanno Krause, Anne-Kristin Meisterjahn von der Wirtschaftsförderung Kaltenkirchen und dem Medizinstudenten und CDU-Stadtvertreter Robin Speltstößer getroffen. „Für mich ist es wichtig, dass die Patienten eine verbesserte, unkomplizierte und schnelle medizinische Versorgung erhalten“, sagt Helt nach dem Gespräch.

Krause geht mit seinen Forderungen deutlich weiter: „Ich erwarte, dass Kreistag, Landtag und Bundestag sich für eine bessere ärztliche Versorgung einsetzen“, sagte er. Die Bürger sollten sich an ihre Abgeordneten wenden und auf die Not hinweisen. Die Möglichkeiten einer Kommune seien dagegen sehr begrenzt.

Wie berichtet, sind die Probleme in Kaltenkirchen besonders groß, nachdem der Allgemeinmediziner Thorsten Wieczorrek unerwartet verstorben ist und der 70-jährige Carsten Wahn seinen Ruhestand angekündigt hat. „Die parteiübergreifende Zusammenarbeit der Kommunen mit den niedergelassenen Ärzten, dem Rettungsdienst und der Paracelsus-Klinik Henstedt-Ulzburg und anderen Kliniken ist uns dabei sehr wichtig“, sagte Krause und fügte hinzu: „Wir brauchen Hilfe.“ Kaltenkirchen sei kein Einzelfall. „Aber wir reden darüber.“

Krause widersprach auch der Darstellung der Kassenärztlichen Vereinigung, dass Patienten notfalls auf andere Orte ausweichen müssten, um versorgt zu werden. „Es ist den Menschen in unserer Stadt nicht vermittelbar, wenn einem 80-Jährigen gesagt wird, du musst jetzt zum Hausarzt nach Bad Bramstedt“, sagte Krause. Er kritisierte das Jahrzehnte alte, statische System bei der Zulassung von Ärzten.

Krause hatte schon vor Jahren geplant, die Versorgungsmisere mit dem Aufbau eines Medizischen Versorgungszentrums (MVZ) mit Haus- und Fachärzten zu beenden, doch das Projekt scheitert bislang daran, dass die Kassenärztliche Vereinigung keine weiteren Arztsitze in der Stadt genehmigt. „Weil wir angeblich überversorgt sind“, sagt Krause.

Krause hält weiter an der Idee fest, notfalls ein MVZ in städtischer Regie zu führen, falls doch mehr Arztsitze genehmigt werden „Ich kann mir eine Immobilie in städtischer Hand vorstellen, in der sich Ärzte zu fairen Preisen einmieten“, sagt Krause. „Aber uns fehlen die Ärzte, und damit drehen wir uns im Kreis.“ Inzwischen hat die Stadt 50.000 Euro bereitgestellt, um Ärzte mit Prämien in die Stadt zu locken.

In Henstedt-Ulzburg wird die ärztliche Versorgung auf Antrag der Grünen auf der Tagesordnung der nächsten Sozialausschusssitzung am 22. August stehen. Das geschieht als Reaktion auf die Diskussion in den Nachbarstädten. Die Fraktion wird beantragen, dass die Verwaltung einen runden Tisch zur ärztlichen Versorgung in der Großgemeinde einrichtet. „Wir verfolgen die Diskussionen junger Ärzte, die aus Risikogründen die Selbstständigkeit scheuen, was gegebenenfalls auch zu Nachfolgeproblemen von im Ort niedergelassenen Ärzten führen kann. Wir verfolgen die Diskussion in der Stadt Kaltenkirchen, die einen Etat von 50.000 Euro bereitstellt, um Anreize für die Niederlassung neuer Ärzte zu schaffen“, sagt Thorsten Möhrcken, der zugleich Vorsitzender des Ausschusses ist. An den Beratungen teilnehmen sollten alle Ärzte aus Henstedt-Ulzburg, Vertreter der Paracelsus-Klinik und sozialer Träger, Apotheker, Physiotherapeuten, ambulante Pflegedienste, Politik und Verwaltung, die Behinderten- und Gleichstellungsbeauftragten sowie der vom Kreistag beschlossene Koordinator zur Unterstützung von Konzepten im Gesundheitswesen. Diese Stelle ist aktuell aber noch unbesetzt.

In Bezug auf Henstedt-Ulzburg verfolgt der Grünen-Antrag mehrere Ziele. Neben einer Bestandsaufnahme und einer Bedarfsanalyse sollen die Belastungen der Mediziner zur Sprache komme. Weitere Themen sind Nachfolgefragen, die Zusammenarbeit der Ärzte untereinander und mit dem Krankenhaus, die mögliche Einstellung von Fachärzten sowie die Vor- und Nachteile von medizinischen Versorgungszentren.

„Letztlich soll ein Konzept für die Sicherstellung und den Ausbau der ärztlichen Versorgung erarbeitet werden“, so Möhrcken. In der Vergangenheit sei unter anderem die Aktion „Mehr Kinderärzte für HU“ erfolglos geblieben, sagt der Grünen-Fraktionsvorsitzende Kurt Göttsch. Dies sei nicht nachhaltig genug verfolgt worden. „Dies gilt auch für die Forderung vieler Bürger nach einem Hautarzt.“

Dass letztlich die drei Kommunen des Ballungsraums zusammen arbeiten müssen, bestreitet er nicht. „Ich befürchte nur, dass wir neben den zwei Städten untergehen. Wir bekommen immer wieder mit, dass die Leute keine Lust haben, bei einem Problem mit einem Kind nach Quickborn, Norderstedt oder Kaltenkirchen zu fahren.“

Lesen Sie am Sonnabend im Abendblatt: Was tun, wenn es keinen Hausarzt gibt? Das Abendblatt berichtet über ein Kaltenkirchener Ehepaar, das in der Klemme steckt.