Im Interview spricht Anne Rumpel, Chefin von Wasserski Norderstedt, über ihren Werdegang, ihre Motivation und über verrückte Hobbies.
Flotter Schritt, fester Blick, fröhliches Naturell. Anne Rumpel ist eine Powerfrau mit Herz. 2012 baute die 35 Jahre alte Ostholsteinerin ihr Unternehmen Wasserski Norderstedt im Stadtpark auf. Dazu gehören auch die Adventure-Golfanlage und das Restaurant „Haus am See“. Dort hat Abendblatt-Mitarbeiterin Bianca Bödeker mit ihr über Kraftorte und Kiteboarding auf den Kanaren, über Mitarbeiterführung und Mutterwerden gesprochen – und über den besonderen Tag, als Angela Merkel hinter dem Tresen verschwand.
Anne Rumpel, in Norddeutschland leben die glücklichsten Menschen der Republik. Wie glücklich sind Sie?
Anne Rumpel Das hinterfrage ich nicht. So wie es ist, ist es für mich ziemlich schön. Dazu gehört ein ruhiges Zuhause, in dem ich mich wohlfühle. Dieses Bewusstsein habe ich vor einem Jahr entwickelt. Stelle ich fest, dass mir alles zu viel wird, nehme ich mich zum Durchatmen einfach mal raus. Dazu gehören neuerdings auch freie Wochenenden. Mein Kraftort ist meine Heimat Süsel in Ostholstein. Der Zusammenhalt in meiner Familie gibt mir unfassbar viel Kraft.
Sie waren 27 Jahre alt, als Sie hier in Norderstedt den Schritt in die Selbständigkeit wagten. Wie herausfordernd und mutig war das?
Wenn ich aus der Entfernung auf das gucke, was ich hier tue, ist das ziemlich irre – mit der Größe der Anlage und den Gegebenheiten wie dem Wetter, auf das wir uns einstellen müssen. Der Stadtpark nimmt stets an Popularität zu. Es kommen auch immer mehr Menschen aus Hamburg und Umgebung hierher. Während der Hauptsaison 90 Mitarbeiter gut und persönlich zu betreuen, ist mit Abstand die größte Herausforderung. Ich glaube, dafür muss man eine Menge Mut haben. Den realisiere ich aber nicht. Ich kenne das nicht anders. Meine Familie hat ja schon immer so gearbeitet.
In Ihrer Familie dreht sich viel um Wasserski. Erzählen Sie uns davon.
Meine Familie befasst sich seit mehr als 30 Jahren damit. Wir hatten bei uns in Süsel einen nicht genutzten Baggersee. Dort hat mein Opa mal Kies abgebaut. Auf einer Kiestagung traf mein Vater Bruno Rixen, den Erfinder der Wasserskianlage. Der meinte, man könnte aus einem Kiestümpel auch eine Wasserskianlage machen. Das haben mein Vater und seine zwei Brüder ausprobiert. Erst mal nebenbei. Denn eigentlich baut unser Familienunternehmen Straßen. Mein Vater gab Anfängerkurse, meine Mutter verkaufte Tickets und Pommes. Mittlerweile stehen drei Wasserskianlagen auf dem See in Süsel.
Sie sind 1983 geboren. Standen Sie als Kind schon auf Wasserski?
Ja, ich habe gleich mitgemacht. Mit meinen Schwimmflügeln musste ich sehen, dass ich irgendwie klar komme.
...hat ja ganz gut geklappt.
In der Tat. Wasserskifahren ist meine Leidenschaft. Das habe ich jahrelang ausgeübt und es 1997 zur Deutschen Meisterin geschafft. Den Sport hier am Standort auszuüben, ist für mich nicht möglich, weil es mein Arbeitsplatz und nicht mein Freizeitort ist. 2017 habe ich mit Kiten angefangen, auf Fuerteventura dann mit Wellenreiten weitergemacht. Das ist einfach mega! Da drehe ich total durch. Sich im Wasser durchspülen zu lassen und an nichts zu denken, das ist auch so eine Erfahrung. Du sitzt einfach da und wartest auf die nächste Welle.
Sie sind gelernte Bankerin, haben auch in Norderstedt gearbeitet.
Genau. Nach der Realschule habe ich drei Jahre bei der Sparkasse in Ostholstein gelernt. Dann die Fachhochschulreife nachgeholt und bin dorthin zurückgekehrt. Berufsbegleitend habe ich noch den Studiengang Sparkassenfachwirt abgeschlossen. Für die Sparkasse bin ich dann von Ostholstein nach Norderstedt in die Filiale Langenhorner Chaussee gewechselt. Irgendwann hatte ich das Gefühl: Es muss was passieren. Nach der Landesgartenschau 2011 hatte meine Familie die Möglichkeit, die im Nachnutzungskonzept vorgesehene Wasserskianlage inklusive Adventure-Golfanlage und Restaurant zu bauen. Damit sind wir Pfingsten 2012 an den Start gegangen.
Und wie lief’s so?
Die ersten beiden Jahre waren Chaos in Perfektion. Ich war Bankerin und Wasserskitante, aber keine Gastronomin. Wenn ich den Kunden in der Sparkasse die Kaffeetasse brachte, habe ich immer gesagt: „Also, Kellnerin sollte ich nie werden.“ Ich konnte es einfach nicht. Im Januar 2013 absolvierte ich dann ein mehrwöchiges Praktikum im Mövenpick Hotel Hamburg. Danach hatte ich es besser im Griff. Von der Köchin bis zum Wasserskilehrer.
Sie führen ein 90-köpfiges Team. Wie machen Sie das?
Eine Mitarbeiterin hat mir mal ein Schild geschenkt, auf dem steht: Hier arbeitet die Chefin noch persönlich. Ich bin viel hier, jedoch sicher mehr im Hintergrund als früher. Viele Mitarbeiter kommen aus einem gemeinsamen Freundeskreis. Der Schlüssel ist, dass wir alle ein sehr persönliches Verhältnis zueinander haben und füreinander einstehen.
Was schätzt Ihr Team an Ihnen?
Dass ich eine Menge Spaß am Leben und an der Arbeit habe. Es gelingt mir gut, Mitarbeiter mit der Leidenschaft für das, was ich hier tue, anzustecken. Ich bin ehrlich, nicht nachtragend, und gebe gern auch eine zweite Chance.
Was war das Einschneidende in Ihrem Leben?
Das hier. Der Wandel vom Angestelltensein in die Selbständigkeit.
Was mögen Sie an Norderstedt?
Norderstedt hat eine schöne Gemeinschaft, die Menschen helfen sich. Es ist ein wenig dörflich hier. Das empfinde ich als sehr angenehm. Hier ist es ziemlich grün, man kann gut einkaufen. Meinen Lieblingsitaliener erreiche ich zu Fuß. Auch wir hier im Stadtpark haben ein tolles Gemeinschaftsgefühl entwickelt. Unseren „Stadtparkranger“ Olaf dürfen wir wenn nötig immer um Hilfe bitten. Wir pflegen auch gute Kontakte zu Geschäftsführer Kai Evers und Veranstaltungsleiterin Eva Reiners. Viele Menschen packen ehrenamtlich mit an, wie bei den Parkputzaktionen des Fördervereins Stadtpark Norderstedt. Außerdem gibt es das gesamte Jahr über tolle Veranstaltungen. Einige davon, wie das Seefest, richten wir selbst aus.
In diesen Sommerferien bieten Sie wieder Wasserskikurse für Groß und Klein an.
Ja, denn man kann nicht früh genug mit Sport anfangen. Die Kinder sitzen nicht zuhause vor der Konsole, sondern betätigen sich in der Natur. Sie sind an der frischen Luft, fallen abends müde ins Bett und schlafen ausreichend. Das ist positiv für die körperliche Entwicklung, fördert Konzentrationsfähigkeit und Sozialverhalten. Es ist schon eine richtige Community entstanden. Wenn ich die Begeisterung sehe, dann weiß ich, warum ich das hier mache.
Wie dankbar sind Sie?
Ich bin sehr dankbar. Vor allem für meine Familie. Uns Kindern wurde die Möglichkeit gegeben, die Unternehmensfolge anzutreten. Ich frage mich heute, wie mein Vater mir das Vertrauen schenken konnte, ein Unternehmen in diesem Umfang zu führen. Er hat es mir geschenkt, einfach so. Für diese Chance bin ich ihm unendlich dankbar.
Das heißt, Sie sind angekommen im Leben?
Noch nicht ganz: Ich liebe Kinder und möchte gern Mutter werden, wenn es der liebe Gott will. Meine gesamte Sippe ist voller Kinder. Mein ältestes Patenkind Joshi ist elf. Ich erinnere mich an die Anfänge: Wenn mir hier alles zu viel wurde, dann habe ich mir immer eine „Dosis Emma“ abgeholt. Sprich, mir die Kleine meiner besten Freundin geschnappt. Das war dann der Moment, in dem ich zur Ruhe kam.
Wen würden Sie gern mal treffen?
Darauf kann ich keine Antwort geben. Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel war im Mai 2017 mal hier. Die hatte einen Wahlkampfauftritt in der Waldbühne. Meine Küchenchefin Judith erzählte mir, dass sie kommt. Ich guckte sie an und fragte: „Willst du für sie kochen?“ Sie antwortete: „Warum nicht?“ Also habe ich eine Mail nach Berlin geschickt. Eine Woche vor dem Wahlkampfauftritt klingelte das Telefon und das Büro von Frau Merkel war am Apparat. „Wir brauchen einen ruhigen Anlaufpunkt, bevor es losgeht. Wo sie was zu essen bekommt und einen Cappuccino trinken kann“, hieß es. Wenige Tage später fuhren hier die schwarzen Limousinen vor. Angela Merkel aß eine Kleinigkeit zwischen unseren Restaurant-Gästen. Das war schon besonders. Wir haben ein paar schöne Fotos gemacht. Sie verschwand kurzzeitig auch mal hinter dem Tresen, um meiner Küchenchefin die Hand zu schütteln.
Haben Sie noch mal Lust auf etwas Verrücktes?
Mit 18 habe ich mal einen Fallschirmsprung aus 4000 Metern gemacht. Das war schon ziemlich verrückt. Es war toll, aber das mache ich nie wieder, weil ich es einmal überlebt habe. Ich weiß nicht, ob ich etwas so verrücktes brauche. Bei dem Trubel hier habe ich es in meiner Freizeit gern einfach mal ruhig. Da ist es für mich schon verrückt, am Strand zu sitzen und hinterher auf dem Campingplatz zu schlafen.
Was hätten Sie immer dabei?
Ein Buch. Ich liebe Lesen. Gern mal leichte Kost zum Abschalten. Da verliere ich mich und brauche über nichts nachzudenken. Herrlich!
Ihr Lebensmotto?
No risk, no fun!