Kreis Segeberg. Kreiswehrführer fordert Anschaffung neuer Container. Kaltenkirchener Einsatzkräfte mussten an der A 7 einen Elektro-Mini im Wasser versenken.
Claas-Hendrik Heß ist seit Anfang Mai ein begehrter Gesprächspartner der Feuerwehren. Der stellvertretende Wehrführer aus Kaltenkirchen wurde gemeinsam mit seinen Kameraden zu einem Einsatz gerufen, an den er sich noch lange erinnern wird: An der Autobahn 7 stand ein Elektroauto in Flammen – für eine Feuerwehr in Schleswig-Holstein eine Premiere. Bei diesem Einsatz erlebten die Feuerwehrleute genau die Probleme, auf die sie in Schulungen vorbereitet wurden und mit denen sie künftig wegen der rasant ansteigenden Zahl der E-Autos immer häufiger konfrontiert sein werden: Die Fahrzeuge sind nur mit großem Aufwand zu löschen. Zurück bleiben giftiges Löschwasser und Schrott.
Der elektrisch betriebene Mini stand komplett brennend auf dem Parkplatz Moorkaten, als Heß als Einsatzleiter und seine Kameraden am 7. Mai alarmiert wurden. Zwar gelang es den Einsatzkräften nach rund fünf Minuten, die Flammen zu löschen, doch die Wärmebildkamera zeigte danach alarmierende Bilder: Die Temperatur der Batterie unter der Rücksitzbank stieg in dem ausgebrannten Wrack rasant wieder nach oben und hätte das Feuer erneut entfachen können.
Heß traf zwei Entscheidungen: Erneut mussten seine Kameraden löschen. Außerdem forderte er einen Kran und einen Container des Betriebsamtes Norderstedt an. Den Container ließ er mit Löschwasser fluten, der Kran versenkte darin den Mini bis zum Armaturenbrett. Oben drauf verteilte die Feuerwehr Löschschaum. „So haben wir es gelernt“, sagt Heß. Nach vier Stunden konnten die ehrenamtlichen Helfer wieder in die Wache zurückkehren.
„Wir stehen vor neuen Herausforderungen“, sagt Heß. „Das war in erster Linie ein Gefahrguteinsatz.“ Beim Brand eines E-Autos entstehen hochgiftige und aggressive Stoffe wie Folsäure. Darum ließ er an der Unglücksstelle sämtliche Siele verschließen. Auch die Einsatzdauer ist ungewöhnlich: Ein Brandeinsatz bei einem Auto mit konventionellem Antrieb dauert durchschnittlich gerade mal eine Stunde.
„Das ist für uns Neuland“, sagt auch Jörg Nero, Kreiswehrführer und damit ranghöchster Feuerwehrmann im Kreis Segeberg. Er stellt sich die Frage, wer künftig die Container für die Einsätze bereitstellt. Innerhalb der Feuerwehren gehen die Meinungen auseinander. Die eine Fraktion sagt, die Feuerwehr müsse eigene Container anschaffen. Nur sie sei in der Lage, die Behälter schnell an die Einsatzstelle zu schaffen. Der Kreisfeuerwehrverband prüft derzeit, ob er zentral Container deponieren wird. Die andere Fraktion sagt, dass dies nicht die Aufgabe der Feuerwehr sei.
„Wir müssen die Strukturen für diese Einsätze erst aufbauen“, sagt Nero. Darüber diskutiere der Verband mit Juristen, der Politik und der Unteren Naturschutzbehörde. In jedem Fall will Nero dafür eintreten, dass die Folgekosten für die aufwendige Entsorgung nicht von den Feuerwehren getragen werden müssen. Auch das Fortbildungsangebot an der Landesfeuerwehrschule befasst sich zunehmend mit den E-Autos. „Das wächst jetzt langsam auf“, sagt Nero.
Auch andere Fragen beschäftigen die Feuerwehren. „Wir haben keine verlässlichen Erfahrungen, wie lange Batterien brennen“, sagt Claas-Hendrik Heß. Diese Frage stellt sich beispielsweise, wenn ein batteriebetriebenes Auto in einer Tiefgarage in Flammen steht. Dort wäre die Feuerwehr gezwungen, das Auto kontrolliert ausbrennen zu lassen und Schäden an anderen Fahrzeugen so weit wie möglich einzugrenzen.
Auf eine weitere Frage wissen die Feuerwehren noch keine Antwort. Nachdem die ersten Hersteller auf Messen Lastwagen mit Batterien vorgestellt haben, rätseln die Brandbekämpfer, wie sie gegen ein Feuer in Fahrzeugen dieser Größenordnung vorgehen sollen. „Da wiegt eine Batterie schon mal 3,5 Tonnen“, sagt Nero. „Die können wir nicht in einen Container heben.“
Froh sind die beiden Feuerwehrmänner, dass die Hersteller der E-Autos großes Interesse an der Aufklärung der Brandursache haben. Kaum hatte der Abschleppunternehmer den Container mit dem ausgebrannten Mini auf seinem Gelände in Neumünster abgestellt, kündigte ein Spezialist des Herstellers seinen Besuch an.
ADAC ruft Feuerwehren zu Fortbildungen auf
„Das ist ein großes Problem“, sagt ADAC-Sprecher Hans Pieper über die Probleme mit brennenden E-Autos. Er rief dazu auf, die Feuerwehren fortzubilden und die Forschungen zu intensivieren, wie die Risiken minimiert werden könnten. „Wenn so ein Auto brennt, hat man keine Chance. Auch nicht mit einem Feuerlöscher“, sagt Pieper. Die einzelnen Zellen im Akku entzünden sich gegenseitig. Die Prozesse sei kaum zu stoppen. Wie viele E-Autos auf deutschen Straßen bereits in Flammen aufgegangen sind, weiß der ADAC nicht. „Wir führen darüber keine Statistik“, sagte Pieper.
Bei Crashtests habe der Automobilclub festgestellt, dass die Batterien von E-Autos sehr gut geschützt sind, sodass davon bei Kollisionen keine Gefahren ausgehen. Brennt ein Auto, gelten für die Insassen eines E-Autos dieselben Regeln wie bei konventionellen Antrieben: schnell und sicher stoppen, dann schnell raus aus dem Auto.
Außerdem rät Pieper, die beim ADAC erhältliche Sicherheitskarte für das jeweilige Fabrikat im Auto zu hinterlegen, um die Feuerwehr bei einem Unfall über die Bauweise des Fahrzeuges zu informieren.