Norderstedt. Ein Streitgespräch: Drei Katholikinnen aus Norderstedt diskutieren bei der Aktion Maria 2.0 über das Thema Gleichberechtigung.

Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Das sagt das Grundgesetz, dessen 70. Geburtstag jetzt gefeiert wird. Doch viele Frauen erleben täglich das Gegenteil. Weder gibt es für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn, noch sind Frauen paritätisch mit den Männern in Wirtschaft, Kultur und Politik vertreten. Das gilt vor allem für die katholische Kirche.

Frauen dürfen zwar Basisarbeit leisten, ehrenamtlich zumeist, und damit die Gemeinden am Laufen halten. Doch sie dürfen nicht zum Priester geweiht oder Diakonin werden. Sie dürfen keine Sakramente austeilen und damit den Gläubigen die Gnade Gottes vermitteln. Der Grund: Jesus bildete mit den zwölf Aposteln eine reine Männergesellschaft. Und daher dürfen bis heute laut katholischem Kirchengesetz nur Männer das Evangelium lesen. Weil es so nah an Jesus sei. 1994 bekräftigte Papst Johannes Paul II., dass Frauen nicht die Priesterweihe empfangen dürfen. Es sei ein Gesetz von Christi, daher unfehlbar und gehöre zum Glaubensgut der katholischen Kirche. Seine Nachfolger Benedikt XVI. und Franziskus bestätigten die Entscheidung.

Doch die katholischen Frauen lehnen sich gegen die Vorherrschaft der Männer zunehmend auf. Jetzt geht von Münster ein Weckruf aus. Die Münsteraner Katholikinnen haben die Aktion Maria 2.0 gegründet. Sie nehmen nicht mehr am Gottesdienst in der Kirche teil, sondern feiern ihren eigenen. Vor der Kirche. Als Zeichen ihrer Ausgeschlossenheit von den wichtigsten Ämtern.

Am Dienstag, 21. Mai, zogen die Hamburger Katholikinnen mit einer Mai-Andacht vor dem Hamburger St.-Marien-Dom nach. Sie wollen die Kirche erneuern und geschwisterlich mit den Männern gestalten. Das bedeutet auch: Frauen ins Priesteramt.

Und die Norderstedter Katholikinnen? Auch in der katholischen Kirche St. Hedwig, die mit der katholischen Kirche Henstedt-Ulzburg sowie den Langenhorner Kirchen St. Annen und Tannenweg die Gemeinschaft St. Katharina von Siena bildet, ist die Aktion Maria 2.0 ein Thema.

Allerdings sind nicht alle Frauen von der Aktion überzeugt. „Unsere Kirche muss modern werden, aber ich möchte auch die Traditionen erhalten, denn das ist die Geschichte von Jesus und seinen Jüngern und damit unsere Geschichte“, sagt Anja Speidel, Sprecherin des Gemeindeteams. „Die Frauen machen heute die Arbeit, und ich kenne mehrere Frauen, die hervorragende Priesterinnen wären“, sagt Christel Michl, Sozialarbeiterin und bei St. Hedwig Leiterin der Kreativwerkstatt. Es ginge darum, verkrustete Strukturen aufzubrechen. Es sei ein Anachronismus, dass Männer sich an der Macht halten würden. Außerdem habe Jesus sehr viel von Frauen gehalten.

„Wenn der Priestermangel noch größer wird, werden vielleicht auch Frauen ordiniert, denn vielfach entsteht Veränderung, um einen Mangel zu beheben“, so Michl. „Aber die Zeit ist noch nicht da“, antwortet Anja Speidel, und die Frauen in St. Hedwig seien nicht unzufrieden. Sie seien beispielsweise schon als Kommunionshelferinnen tätig und verteilen die Hostien und damit den Leib Christi beim Abendmahl, vorher eine Männerdomäne, und Mädchen würden Messdienerinnen sein. Frauen dürften aus dem Neuen Testament lesen, aber nicht aus dem Evangelium, weil es eben so nah an Jesus sei.

„Aber auch wir Frauen sind mit dem Herzen nah dran“, wendet Christel Michl ein. Veränderungen müssten allerdings „von unten“ kommen und die Entscheider erreichen, zum Beispiel durch Aktionen wie Maria 2.0 mit einem offenen Brief an den Papst. „Durch das Bild der Aktion Maria 2.0 mit den zugeklebten Mündern habe ich mich überhaupt nicht zugehörig gefühlt, denn für mich ist wichtig, dass die Menschen offen bleiben, einander zuhören, und wie Entscheidungen ausfallen, kommt immer auf den jeweiligen Priester an“, sagt Michaela Schwerdt, Kantorin und Leiterin des Weltladens. Sie darf als Lektorin während des Gottesdienstes aus dem Neuen Testament lesen, aber eben nicht das Evangelium. Für sie sei es aber nicht wichtig, ein Priesteramt auszufüllen, ihr Thema sei die Seelsorge. „Ich will Menschen zur Seite stehen“, so Schwerdt.

„Für Frauen ist es durchaus wichtig, alle Ämter in der Kirche ausfüllen zu können, weil das Nicht-Dürfen eine grundlose Herabsetzung der Frauen ist, denn sie sind genauso wie Männer für das Priesteramt prädestiniert, das Amt muss unbedingt für Frauen geöffnet werden“, fordert Christel Michl. „Mir ist das Priesteramt nicht wichtig, denn wir müssen uns um viele andere Dinge in der Kirche kümmern“, sagt wiederum Anja Speidel. Andererseits sei sie überzeugt, dass viele Frauen froh wären, wenn eine Frau ihre Beichte im Beichtstuhl abnehmen würde.

„Ob eine Frau im Priesteramt mehr Harmonie in die Gemeinde bringen würde, weiß ich nicht, ich verhalte mich neutral“, sagt Michaela Schwerdt. Anja Speidel pflichtet ihr bei. Sie möchte mehr Menschen in die Kirche holen, auch für die vielen Ehrenämter. „Das ist wichtig, doch wir stehen uns selbst im Weg, wenn wir uns in schlechte Traditionen verbeißen“, lautet Christel Michls Schlusswort. Doch die Debatte fängt jetzt erst richtig an.