Kreis Segeberg. Staatsanwaltschaft beschuldigt zwei Amtsveterinäre des Kreises Segeberg wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz.
Mehr als fünf Jahre nach der Großrazzia im Schlachthof in Bad Bramstedt bestätigt die Staatsanwaltschaft erstmals Ermittlungen gegen zwei Amtsveterinäre der Kreisverwaltung in Bad Segeberg. Der Verdacht: Sie sollen Verstöße gegen das Tierschutzgesetz in dem Hof des internationalen Fleischkonzerns Vion geduldet haben. „Die Staatsanwaltschaft sieht einen hinreichenden Tatverdacht in beiden Fällen“, sagte Oberstaatsanwalt Henning Hardeler.
Mit einer der Beschuldigten hat die Staatsanwaltschaft bereits eine Einigung erzielt. Sie hat eine Geldauflage in Höhe von 3000 Euro gezahlt. Damit ist das Verfahren eingestellt. Die Tierärztin muss weder einen Prozess befürchten noch gilt sie als vorbestraft. Mit der Auflage ersparen sich die Justiz und die Frau einen aufwendigen Prozess mit einer detaillierten Beweisaufnahme.
Auch ihrem Kollegen, gegen den ermittelt wird, hat die Staatsanwaltschaft einen Vorschlag für eine Geldauflage vorgelegt. Noch hat der Beschuldigte sich dazu nicht geäußert. Lehnt der Veterinär die Auflage ab, muss er sich in einem Prozess vor Gericht wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz verantworten. „Wir haben bis jetzt nach Aktenlage beurteilt“, sagte Hardeler. In einem Prozess werde es zu einer Beweisaufnahme inklusive einer Zeugenbefragung kommen.
Die Verfahren gegen die Veterinäre sind die letzten Kapitel in den jahrelangen Ermittlungen des Landeskriminalamtes Kiel und der Sonderabteilung Gesundheitlicher Verbraucherschutz der Staatsanwaltschaft.
Die Akten füllen inzwischen eine Schrankwand. Der furchtbare Verdacht: Der Schlachthof hatte Rinder geschlachtet, die zuvor nicht betäubt worden waren. Außerdem hatten die Ermittler Hinweise auf dramatische Hygienemängel in den Bereichen Schlachtung und Lagerung erhalten. In den Medien war von „Ekelfleisch“ und brutaler Tierquälerei die Rede.
Am 25. Februar 2014 riegelte die Polizei den Schlachthof ab. 250 Beamte, Veterinäre und Staatsanwälte durchsuchten den gesamten Betrieb. Der damalige Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) legte nach Berichten über unhaltbare Zustände bei Vion den Schlachthof vorübergehend still und erteilte strenge Auflagen.
Habeck berichtete in einer Pressekonferenz und sagte damals: „Sechs kranke Rinder waren dort für die Schlachtung vorbereitet, die nicht in die Schlachtung hätten gehen dürfen.“ Vordatiertes Verpackungsmaterial für Pansen habe man entdeckt. Einige Rinderköpfe hätten mehrere Löcher aufgewiesen, die von Bolzenschussgeräten stammten, andere hätten gar keine Löcher gehabt. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Tiere nicht oder nicht fachmännisch mit einem Schuss betäubt worden waren, bevor sie geschlachtet wurden. Habeck berichtete außerdem, ein Jahr zuvor seien dort „Schwarzschimmel, Tropfwasser und Grünalgen“ entdeckt worden.
Vion hatte die Vorwürfe in den ersten Wochen zurückgewiesen und dem Land mit Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe sowie der Verlagerung des Betriebes von Schleswig-Holstein in ein anderes Bundesland gedroht.
Schon damals war immer wieder der Verdacht laut geworden, dass die Zustände den Amtsveterinäre nicht verborgen geblieben sein konnten. Die Kreisverwaltung hatte im Schlachthof eine Außenstelle eingerichtet, die den Betrieb dort überwachen sollte. Beide Tierärzte seien „dauerhaft“ dort beschäftigt gewesen, sagte Hardeler. Aus der Kreisverwaltung selbst war der Hinweis an die Ermittler über die Zustände bei Vion gekommen.
Im vergangenen Jahr endete das Verfahren gegen den Schlachthof mit einer Geldstrafe. Das Amtsgericht Kiel verhängte gegen die Vion Bad Bramstedt GmbH ein Unternehmensbußgeld in Höhe von 160.000 Euro. Damit entsprach das Gericht einem Antrag der Staatsanwaltschaft Kiel. Das Gericht sah Verstöße gegen das Tierschutzgesetz als erwiesen an. In mehreren Fällen sollen Rinder ohne ausreichende Betäubung geschlachtet worden sein. Außerdem sollen Kühe unter starken Schmerzen gelitten haben, weil sie nicht rechtzeitig gemolken wurden. Darüber hinaus hat das Unternehmen nach Einschätzung der Kieler Justiz gegen das Lebensmittelgesetz verstoßen.