Norderstedt. Norderstedter müssen im Norden am meisten Geld für ein Dach über dem Kopf ausgeben – mit bis zu 40 Prozent des Einkommens.

Wenn es ums Wohnen geht, ist Norderstedt nach Sylt nicht nur die teuerste Stadt in Schleswig-Holstein. Die Mieten haben ein Niveau erreicht, das auch bundesweit für einen Rang im oberen Tabellenfeld reicht. In der aktuellen Studie des Hamburger Immobiliendienstleisters F+B zu den Miethöhen in Deutschland wird Norderstedt auf Position 20 geführt – die Analysten haben 573 Städte und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern, die über einen Mietenspiegel verfügen, untersucht.

In Schleswig-Holstein ist Norderstedt einsamer Spitzenreiter, die drei anderen Städte, die einen Mietspiegel haben, rangieren deutlich weiter unten in der Tabelle. In Lübeck (Platz 96), Kiel (119) und Neumünster (163) sind die Mieten deutlich günstiger. Laut Norderstedter Mietspiegel, der auf den Daten von 2017 fußt, beträgt die Durchschnittsmiete 9,45 Euro pro Quadratmeter netto kalt. Die aktuelle Wohnungsmarktanalyse des Hamburger Instituts für Wohnen und Stadtentwicklung hat sogar mehr als zehn Euro im Schnitt ermittelt (wir berichteten).

Mietindex deutlich über Bundesschnitt

In jedem Fall liegen die Mietpreise deutlich über dem von F+B errechneten durchschnittlichen bundesweiten Mietpreis von 6,92 Euro. Diesen Wert haben die Analysten mit dem Index 100 versehen und für Norderstedt die Indexzahl 121 vergeben, die Norderstedter zahlen 21 Prozent mehr Miete als die Mieter im bundesweiten Schnitt. Damit rangiert die Stadt direkt hinter den Metropolen Frankfurt/Main (Indexwert 123) und Düsseldorf (122). Hamburg liegt mit einem Index von 125 knapp vor Norderstedt. Spitzenreiter ist die 20.000-Einwohner-Gemeinde Karlsfeld im Münchner Umland mit einem Mietindex von 153, knapp vor der Bayern-Metropole (151).

Probleme wegen Mieterhöhungen sind das tägliche Geschäft von Kurt Plagemann, Geschäftsführer des Mietervereins Norderstedt.
Probleme wegen Mieterhöhungen sind das tägliche Geschäft von Kurt Plagemann, Geschäftsführer des Mietervereins Norderstedt. © FOTO: Michael Schick

Allerdings liegen die Mieten in anderen Städten im Hamburger Umland wie Ahrensburg, Reinbek oder Wedel auf einem ähnlichen Niveau wie in Norderstedt. Sie tauchen in der Analyse nicht auf, weil es dort keine Mietspiegel gibt. „Es wäre wünschenswert, dass mehr Städte und Gemeinden ein solches Instrument haben, hilft es Mietern wie Vermietern doch sehr beim Vergleich der Mietpreise“, sagt Kurt Plagemann vom Mieterverein Norderstedt.

Mieterhöhungen gehören zum Tagesgeschäft

Für ihn und sein Team sind Probleme wegen Mieterhöhungen inzwischen zum Tagesgeschäft geworden. Vermieter schöpften die so genannte Kappungsgrenze zunehmend aus – danach dürfen die Wohnungseigentümer die Miete innerhalb von drei Jahren um höchstens 20 Prozent und maximal bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete anheben. Ist die Miete ohnehin schon hoch, schlage eine Erhöhung umso mehr zu Buche.

„Wenn Oma stirbt und bisher fünf Euro pro Quadratmeter gezahlt hat, kann der Vermieter die Miete innerhalb von sechs Jahren zweimal um 20 Prozent oder zwei Euro erhöhen. Bei 50 Quadratmetern sind das 100 Euro im Monat, ein Aufschlag, den viele Rentner oder junge Leute kaum zahlen können“, sagt Plagemann, der neidvoll über die Stadtgrenze guckt. Denn die Hamburger haben die Mietsteigerung im Drei-Jahres-Zeitraum auf 15 Prozent begrenzt. Norderstedts Stadtvertreter hatten vor viereinhalb Jahren darauf verzichtet, die Grenze einzuziehen. In der Stadt gebe es keine Miethaie, außerdem setze die Verwaltung auf ein lokales Bündnis für Wohnen, denn: Gegen Wohnungsmangel und die daraus resultierenden hohen Mieten helfe nur Bauen.

15 Euro pro Quadratmeter

Das sieht auch Kurt Plagemann vom Mieterverein so: „Insofern begrüße ich es, dass die Stadt Baugebiete ausweist und in den nächsten Jahren doch eine erhebliche Zahl an neuen Wohnungen schaffen will.“ Sorgen macht ihm hingegen die neue Rubrik im Mietspiegel: Seit der letzten Ausgabe gibt es eine weitere Baualtersklasse, die die Wohnungen von 2004 bis jetzt umfasst. Schon im aktuellen Vergleichsinstrument beträgt die Durchschnittsmiete für eine Ein-Zimmer-Wohnung 14,04 Euro, für einen Wohnung mit 80 bis 92 Quadratmetern werden im Schnitt 10,50 Euro aufgerufen.

„Und die Mietwerte in dieser Rubrik werden vermutlich steigen, weil die Daten aus der Neuvermietung bei der neuen Auflage des Mietspiegels erstmals richtig durchschlagen werden“, sagt Plagemann. Wer in Norderstedt in eine der schicken neuen Wohnungen ziehen will, muss auch schon mal 15 Euro für den Quadratmeter Wohnraum ausgeben. Für so manchen Normalverdiener nicht zu bezahlen. Schon jetzt geben die Mieter in Norderstedt durchschnittlich 35 Prozent ihres Einkommens fürs Wohnen aus, Senioren und Alleinerziehende sogar 40 Prozent.