Norderstedt. Der Kirchengemeinde fehlen 2,5 Millionen Euro für die Renovierung. Ohne die Hilfe von Spendern ist die „Rote Kapelle“ nicht zu retten.
Noch im Mai 2018 hoffte Pastor Ingmar Krüger, Anfang 2019 endlich wieder den Gottesdienst in der Vicelin-Schalom-Kirche am Lütjenmoor feiern zu können. Doch der Bau ruht immer noch. Die Außenarbeiten werden jetzt zwar fertiggestellt, doch für den Innenausbau fehlt das Geld. Konkret: 2,5 Millionen Euro.
„Die Finanzlücke müssen wir jetzt mit Spenden schließen – und da hilft schon der kleinste Beitrag“, sagt Ingmar Krüger, seit zwei Jahren Pastor an der Vicelin-Schalom-Kirche. „Wir haben den Innenausbau zurückgestellt, damit erst einmal die Außenanlagen fertig werden.“ Die Holzfassade wird rekonstruiert, die Fenster werden erneuert, aber ein geplanter Anbau wird erst einmal auf Eis gelegt.
Gebetet wird im Schalom-Kirchsaal schon seit November 2014 nicht mehr. Immer noch steht vor der Kirche ein Bauzaun, immer noch ist der Kindergarten nur über eine Holzbrücke zu erreichen, immer noch wird für die Kinder in einem Küchen-Container gekocht. Und obendrein hat am 31. Dezember nach 22 Jahren Beratungsarbeit auch noch die Straßensozialstelle Lichtblick geschlossen, die jungen Menschen in Not half. „Wir versuchen, Ratsuchende telefonisch zu unterstützen und verweisen auf die Notunterkünfte, auf das Frauenhaus und weitere Einrichtungen“, sagt Krüger.
Die Sanierung des Kirchengebäudes ist für die Gemeinde zum Albtraum geworden. Nachdem der Kirchensaal 2014 entkernt worden war, stellte sich heraus, dass die Statik des Gebäudes mangelhaft war. Die Stadt verweigerte zunächst die Baugenehmigung. Eigentlich wäre der Einbau von Stützbalken nötig gewesen. Doch das hätte die Baukosten explodieren lassen. Hinzu kamen unvorhergesehene Umbauten in der Kita der Kirche, die eine Million Euro Mehrkosten bedeuteten.
Es gab Pläne für einen 20-Millionen-Euro-Neubau
Anfang 2016 rückten endlich die Handwerker an. Die Kosten stiegen von 2,9 Millionen auf vier Millionen Euro. Der Bau wuchs den Organisatoren der Kirche über den Kopf. Schließlich übergaben sie ihn an das Bauwerk des Kirchenkreises Niendorf. Aber weitere Rückschläge ließen die Planung erneut aus den Fugen geraten: Schimmelbefall und ein Wasserrohrbruch, der das Kellergeschoss auf 300 Quadratmetern flutete. „Allein das Trocknen der Papiere des Kirchen-Archivs, das im Keller lagerte, kostet immens viel Geld“, sagt Krüger.
Pläne für einen Abriss der Kirche und kompletten Neubau gab es vor fast zehn Jahren. Der Entwurf sah einen Bau mit teilweise bis zu sieben Stockwerken vor und einen alles überragenden Kirchturm, den die Schalom-Kirche, wegen ihrer humanen Kirchen-Asyl-Politik auch „Rote Kapelle“ genannt, noch nie hatte. Um den Kirchenraum sollten Kindergarten, Büros, ein Café mit Terrasse zum Willy-Brandt-Park und Läden für Eine-Welt- und weitere Umweltprodukte arrangiert werden. Auch Sozial-Wohnungen, unter anderem für betreutes Wohnen und behinderte Menschen, sollten entstehen. Aber diese neue Kirchen-Wohnwelt sollte bis zu zwanzig Millionen Euro kosten. Die Idee scheiterte im November 2010 im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr. Die Kirchenpläne wurden als zu groß, zu hoch und viel zu teuer kritisiert.
„Heute wären wir schon froh, wenn wir die fehlenden 2,5 Millionen Euro an Spenden erhalten würden und endlich wieder einen Gottesdienst im renovierten Schalom feiern könnten“, sagt Ingmar Krüger. Der große, fast quadratische Innenraum der „Roten Kapelle“ soll wieder so hergerichtet werden, wie er war. Er soll für Gottesdienste und als Forum für die Gemeinde dienen, als Treffpunkt für Konzerte, Lesungen und Vorträge. „Der Innenraum fordert auch zu einer anderen liturgischen Gestaltung des Gottesdienstes auf, und das ist uns sehr wichtig“, sagt Ingmar Krüger.
Die architektonische Einmaligkeit der Schalom-Kirche wurde unterstrichen, als das 1974 gebaute Gebäude und seine Innenraum-Gestaltung 2008 vom Landesamt für Denkmalpflege als wichtiges Zeitdokument eingestuft und unter Denkmalschutz gestellt wurde. „Das ist jetzt gefährdet“, sagt Uwe Büth vom Kirchenbeirat.
Der Kerngedanke dieses besonderen Kirchenbaus ohne Kirchensymbole wie Kirchturm, Glocken, Wetterhahn und Orgel sei, der Gemeinde ein Forum zu bieten, in dem der Pastor eher in der Ecke denn im Mittelpunkt steht. „Im Hebräischen steht Schalom für Frieden als Prozess, der immer weiterentwickelt und gepflegt werden will, doch Frieden ist im Jüdischen auch immer Wohlfahrt“, sagte einmal der langjährige Pastor der Kirche, Christian Stehr.
Spenden für die Renovierung an die Vicelin-Schalom-Kirche, Norderstedter Bank, IBAN DE80 2006 9111 0000 602400.