Tangstedt. Vorfahrt für Fahrradfahrer, geringere Geschwindigkeit, regelmäßiges Blitzen – Politiker haben viele Ideen zur Verkehrsberuhigung.

Die Aufgabe ist vermeintlich simpel, doch in der Praxis ist das für viele Tangstedter eine Quälerei. Wer quer durch die Gemeinde, zum Beispiel von Wilstedt-Siedlung zu dem in diesem Fall dann 4,5 Kilometer entfernten Nahversorgungszentrum an der Eichholzkoppel will, aber eben nicht mit dem Auto, sondern mit dem Fahrrad durch den Tangstedter Forst und dann über den Harksheider Weg und die Hauptstraße, der braucht starke Nerven.

Stefan Mauel, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, hat es versucht. Und fällt ein hartes Urteil über den Zustand der örtlichen Radwege. „Der Bestand ist aus meiner objektiven Sicht sehr schlecht. Dabei wären die vorhandenen Straßen durch den Forst eigentlich eine gute Verbindung für Fahrradfahrer.“ Aber eben nur in der Theorie. Es gibt keinen Abschnitt, der radtauglich wäre, also muss auf den Straßen gefahren werden – Schlaglöcher inklusive.

Die logische Konsequenz für Mauel und seine Partei: Tangstedt braucht ein Mobilitätskonzept für Fußgänger und Radfahrer. Hierfür soll das Amt Itzstedt Preisanfragen bei Planungsbüros einholen. „So etwas wird massiv gefördert“, so Mauel. „Es würde einen Fördertopf geben für den Radwegeausbau – und für die Straßensanierung.“

Arne Müssig, Fraktionschef CDU Tangstedt (Stormarn).
Arne Müssig, Fraktionschef CDU Tangstedt (Stormarn). © Christopher Herbst | Christopher Herbst

Mit jedem Meter durch die Gemeinde fallen neue Barrieren auf. So gibt es auf der Hauptstraße einen 30er-Bereich dort, wo die Fahrbahn sowieso recht eng ist. „Keiner hält sich an Tempo 30. Die Behörden wollen, dass die Leute auf der Straße Fahrrad fahren, aber die Autos kommen dort mit 50, 60 Sachen angedonnert. Die Lkw fahren Zentimeter daneben. Und die Radfahrer sind genervt.“

Er berichtet von Jugendlichen und von Senioren, die ihn angesprochen haben. Der Tenor: Es ist zu unsicher. Für Stefan Mauel, aber auch für die anderen Politiker ist die Situation paradox. „Innerorts darf man als Erwachsener nicht auf dem Gehweg fahren. Die Straßenverkehrsbehörde zwingt die Radler auf die Fahrbahn – und hält das Tempo auf den Kreisstraßen hoch.“

Denn eine durchgehende Begrenzung auf 30 km/h lehnt der Kreis Stormarn bisher strikt ab. Dabei wäre es, so die Meinung aller Gemeindevertreter, längst sinnvoller, die Hauptstraße umzubauen, möglichst mit Fahrradstreifen, um diese für den Durchgangsverkehr weniger attraktiv zu machen. Perspektivisch hofft Tangstedt sowieso auf eine Ortsumgehung, doch hierzu beginnen erst die Sondierungsrunden unter anderem mit dem Nachbar Norderstedt.

Kurzfristige Maßnahmen sind gefragt. Arne Müssig, Fraktionschef der CDU, betont: „Es gibt nicht immer nur die große Lösung. Wir haben auch viele kleine Ideen.“ Auch er befasst sich mit Radwegen. Für den Bauausschuss (morgen, 19.30 Uhr, Rathaus) beantragen die Christdemokraten entsprechend: Die Verwaltung möge auf voller Länge des Harksheider Weges zwischen Wilstedt-Siedlung und dem Ortsteil Tangstedt einen Radweg planen und realisieren. „Wir sehen auch Bedarf für weitere Radwege in Wulksfelde oder Wiemerskamp. Und es gibt Überlegungen, auf den innerörtlichen großen Straßen Fahrradschutzstreifen anzulegen.“

Ohne den Kreis geht es aber nicht. Genauso, wenn die Geschwindigkeit kontrolliert und begrenzt werden soll. Vor Weihnachten bereits beschloss die Gemeindevertretung, dass Bürgermeister Jürgen Lamp (CDU) mit dem Kreis Stormarn Verhandlungen aufnehmen müsse für einen „Blitzervertrag“. Also, wie oft und wo Radarkontrollen durchgeführt werden könnten. Allerdings besitzt Stormarn nur zwei Geräte, von denen eines meist in der Wartung ist. Arne Müssig ist ungeduldig. „Hier wird sehr, sehr selten geblitzt.“

Norderstedts nächtliche 30er-Zonen sind Vorbild

Selbst ein Tempo 30 vor der Kita in Wilstedt wurde bislang abgelehnt. Genauso wenig gibt es Bewegung bei der Forderung nach einer Beschränkung vor den Bushaltestellen entlang der Kreisstraßen. „Wir haben jetzt die Hoffnung, vielleicht ähnlich wie Norderstedt mit dem Argument Lärmschutz beim Kreis etwas zu erreichen“, sagt Müssig. Nächtliche 30er-Zonen von 22 bis 6 Uhr auf Abschnitten der Harksheider Straße, des Dorfrings, der Wakendorfer Straße, der Tangstedter Straße sowie der Hauptstraße wird die CDU im Bauausschuss beantragen. Also dort, wo schon ab 3 Uhr die Lkw von und zum Gewerbegebiet Oststraße in Norderstedt fahren. „Eine Beschränkung der Geschwindigkeit in der Nacht fördert die Nachtruhe der Anwohner von den betreffenden Kreisstraßen“, sagt Arne Müssig. Eine Qual wäre dann zumindest schon einmal beseitigt.

Bauausschuss der Gemeinde Tangstedt, Dienstag, 22. Januar, 19.30 Uhr, Rathaus.