Norderstedt. Die Kochs verloren bei einem Brand alles. Jetzt können die sechs Familienmitglieder wieder auf ihrem Grundstück am Waldweg wohnen.
Das Jahr 2018 wird für die Familie Koch aus Norderstedt als Horror-Jahr in die Geschichte eingehen. Haus abgebrannt, alles verloren, obdachlos mit vier Kindern. 2019 soll das Jahr der Hoffnung und des Neuanfangs werden. Und es sieht danach aus, als ob dies Realität wird.
Am Dienstagmorgen bahnten sich in den frühen Morgenstunden zwei Schwertransporter mit Polizeieskorte ihren Weg von Hamburg-Jenfeld bis vor das Grundstück der Kochs am Waldweg in Norderstedt. Huckepack auf den Ladeflächen: Zwei je 40 Quadratmeter große stabile Wohnhäuser in Holzbauweise – komplett bezugsfertig mit doppelverglasten Fenstern, Heizung und allen Anschlüssen für Wasser und Strom. „Alles lief glatt. Wir haben lediglich an einer Kreuzung in Hamburg den Schirm einer Ampel rasiert“, sagt Transportunternehmer Thomas Usinger. Sein engagiertes Team hatte direkt nach dem Eintreffen in Norderstedt und unter Mithilfe eines Schwerlastkrans damit begonnen, die beiden Häuser auf das Grundstück der Kochs zu hieven. Gegen Mittag war es vollbracht – und einer der größten Wünsche der Kochs nach der Brandkatastrophe war erfüllt: Die Familie hat auf ihrem eigenen Grundstück ein neues Dach über dem Kopf. Schlicht zwar und beengt, aber bezahlbar.
Ein Gutachter der Versicherung wird entscheiden, ob das abgebrannte Haus der Familie saniert oder abgerissen und neu gebaut wird. Bis alles geschafft ist, können gut fünf Jahre vergehen. Die beiden Holzhäuser ermöglichen es den Kochs, bezahlbar in ihrer alten Nachbarschaft zu leben. „Für das Geld, das mir die Versicherung zur Anmietung einer Wohnung gegeben hätte, würde ich in Norderstedt kaum was finden“, sagt Ewald Koch. „Jetzt haben wir was Eigenes. Und das fühlt sich doch mehr wie ein Zuhause an.“
Flüchtlinge lebten zuvor in den Holzhäusern
Die beiden Häuser gab es umsonst. Eine Spende der Stadt Hamburg. Verantwortliche der Flüchtlingshilfe in der Hansestadt hatten im Hamburger Abendblatt über das Schicksal der Kochs gelesen und schließlich den Kochs die Häuser angeboten. Sie gaben bislang geflüchteten Menschen in Hamburg-Jenfeld ein Obdach auf Zeit und werden nun nicht mehr gebraucht. „Die wären sonst verschrottet worden“, sagt Koch. Lediglich für den Transport der Häuser – immerhin etwa 5000 Euro – und für die vorbereitenden Arbeiten auf dem Grundstück mussten die Kochs aufkommen. „Dank der unglaublichen Anteilnahme so vieler Menschen in der Region haben wir viele Geldspenden bekommen. Ohne dieses Geld hätten wir das alles hier nicht stemmen können“, sagt Koch.
Auch wenn der Stadionsprecher von Eintracht Norderstedt mit einer Beinprothese und krankheitsbedingt als Frührentner lebt, heißt das nicht, dass er nicht anpacken kann. Gemeinsam mit dem Schwiegervater, der Familie und Freunden hat Koch alle Vorarbeiten für die Aufstellung der Häuser selbst erledigt. In nur einer Woche haben die Kochs einen Teil des Grundstücks gepflastert, Bäume gefällt und ein Abwasserrohr zum Siel gelegt. „Morgen legen uns die Stadtwerke die Anschlüsse für Strom und Wasser.“ Und schon kurz nach der Aufstellung der Häuser haben sich er und sein Schwiegervater an das Dach der Holzhäuser gemacht und alles abgedichtet.
Einen exakten Plan für die Aufteilung des neuen Zuhauses hat Ewald Koch sich auch schon gemacht. In einem der beiden Häuser sollen drei Schlafräume entstehen, für seine beiden Töchter und seine Ehefrau und ihn. „Meine beiden Söhne wohnen mittlerweile beide in eigenen Wohnungen.“ Im anderen Holzhaus soll der Wohnbereich mit kleiner Küchenzeile und einem Mini-Bad mit Duschkabine unterkommen. Beide Häuser will Koch mit einer neuen Tür noch verbinden. In den kommenden Wochen wird ihm die Arbeit nicht ausgehen. „Wir wollten ja höchstens bis Ende Januar in unserer jetzigen Bleibe wohnen. Das schaffen wir, denke ich.“ Derzeit leben die Kochs im Reihenhaus einer Bekannten in Langenhorn – die hatte sich spontan bereiterklärt, ihr Haus für die Kochs zu räumen und zog zu einem Freund.
Während Ewald Koch am Dienstag dabei zuschaut, wie die Holzhäuser ihren Platz finden, geht sein Blick immer wieder mit Wehmut auf die Brandruine seines Hauses dahinter. „Die Klinkerwände, die habe ich selber gemauert. Und zwei meiner Kinder wurden in diesem Haus geboren.“ Er weiß, dass das Löschwasser bis tief in die Substanz des Hauses vorgedrungen ist. Ob es zu retten ist? Fraglich.