Leezen. Bei Bezirksversammlung kritisieren Züchter, dass sie von der Politik nicht ernst genommen werden. Diskussionsbedarf beim Thema Wolf.
Die sich stark vermehrenden Wildgänse in Dithmarschen koten die Schafwiesen voll, was für mehr Krankheiten unter den Schafen sorgt. Für Kolkraben und Krähen sind frisch geborene Lämmer eine leichte Beute, und nun kommt auch noch der Wolf: Die Schafzüchter in der Region fühlen sich nicht ernst genommen in der Sorge um ihre Tiere und deren Bedrohung – weder von der Politik noch von denjenigen, die sich freuen, dass Isegrim in den Norden zurückkehrt.
„In den sozialen Netzwerken tobt ein großer Shitstorm. Wir werden beschimpft und fertiggemacht“, umschreibt es ein Schafhalter aus Kisdorf, der seinen Namen nicht nennen möchte. Zur Konferenz der Schafzüchter des Bezirks Südholstein in der Gemeinde Leezen sind 15 der 74 Mitglieder aus dem Lauenburgischen, aus den Kreisen Segeberg und Stormarn sowie aus Lübeck in Teegens Gasthof gekommen. Und eines wird bei dem Treffen schnell deutlich: Eine sachliche Diskussion zum Thema Wolfsmanagement hinzubekommen, das wird immer schwieriger. Denn längst wird diese Diskussion von allen Seiten hoch emotional geführt. „Es gibt so viele Wolfsbefürworter, da sind die Fronten verhärtet“, bringt es Schafzüchter Andreas Pirdzuhn aus Todesfelde auf den Punkt.
Der Wolf verbreitet bei den Schäfern große Panik
„Ich bin fest davon überzeugt, dass man uns zugunsten des Wolfes nicht die Wahrheit sagt“, sagt Hans-Dieter Busack aus Wakendorf II. „Wenn sie den Wolf unbedingt hier haben wollen, dann muss er auch in die Jagdliste aufgenommen werden.“ Auch Pirdzuhn sieht die Entwicklung kritisch: „Dass wir entschädigt werden, darauf kommt es gar nicht an. Ich züchte seit 25 Jahren. Das ist alles hin, wenn der Wolf einmal in der Herde war.“
Pirdzuhn glaubt nicht, dass die vom Land aufgezählten Maßnahmen erfolgversprechend sind. Er sagt: „Der Wolf ist da, eine wolfsfreie Zone wird niemand hinbekommen. Ich kann diejenigen gut verstehen, die mit Angst auf die Koppel gehen. Der Wolf verbreitet Panik. Das erste Schaf bremst noch am Schutzzaun, aber die anderen trampeln ihn nieder – und dann?“
Züchter sind auf der Suche nach Schutz-Alternativen
Gelassener ist lediglich Züchter Andreas Fick aus dem Kreis Stormarn, wenn er auf seine 40 Mutterschafe und Bock Jakob schaut: „Ich gehe beruhigt auf meine Weide: Ich habe Lamas in der Herde, die werden mit jedem Wolf fertig. Das ist für sie kein Problem.“ Schon bevor Isegrim ein Thema war, gehörten die Andenkamele bei dem 50 Jahre alten Landwirt aus der Gemeinde Langniendorf zum Tierbestand. Und seit er beobachten konnte, wie aggressiv sie einen frei laufenden Hund attackiert haben, ist er sich sicher, das seine Schafe bestens geschützt sind. „Ich glaube nicht, dass der Wolf geschossen werden muss. Das ist der falsche Weg, auch wenn ich die Sorgen der Kollegen verstehen kann.“ Man müsse Alternativen ausprobieren. „Vielleicht sind Lamas eine davon, aber es gibt bestimmt auch andere Möglichkeiten, außer einen Zaun zu ziehen“, sagt der Stormarner Züchter.
Unsicherheit herrscht offenbar bei vielen, was das Thema Einzäunung angeht: „Ich habe unterschiedliche Infos bekommen. Da ändert sich ständig irgendwas“, sagt ein Schafzüchter aus Lauenburg, dem klare Ansagen fehlen, was genau den Mindestschutz definiert und was wolfssicher ist. Denn nur Letzteres sei maßgeblich für mögliche Entschädigungen in einem ausgewiesenen Wolfsgebiet wie dem Herzogtum Lauenburg. Zudem müsse genau definiert werden, was ein Problem-Wolf sei, ergänzt Janine Bruser, Geschäftsführerin beim Landesverband Schleswig-Holsteiner Schaf- und Ziegenzüchter.
Land will 2019 mehr Geld für den Herdenschutz ausgeben
Aktuell gilt für das Land ein Elektro-Netzzaun mit 300 bis 5000 Volt als geeigneter Standard beim Herdenschutz. Es sollte mindestens 106 Zentimeter hoch sein. Als wolfssicher gelten auch vier- bis fünfzügige sogenannte Litzenzäune mit einer Mindesthöhe von einem Meter, aber das Land empfiehlt eine Höhe von 120 Zentimetern. Der Abstand zwischen dem Boden und der untersten Litze soll nicht mehr als 20 Zentimeter betragen. 400.000 Euro hat das Land Schleswig-Holstein 2018 zusätzlich für Herdenschutzpakete ausgegeben, im kommenden Jahr soll diese Summe erhöht werden.