Norderstedt. Radfahrer fürchten um ihrer Sicherheit an der Ecke Langenharmer Weg/Ulzburger Straße. Die Unfallgefahr sinkt, sagt die Stadt.
Die nächsten Proteste der Norderstedter Radler sind programmiert. Schon in den vergangenen Jahren gab es viel Kritik, weil die Radfahrer im Bereich des „Meilensteins“ seit drei Jahren auf der Ulzburger Straße fahren sollen. Mit Autos, Lkw und Bussen auf der Fahrbahn – davor schrecken noch immer viele zurück und benutzen zwischen Waldstraße und Glashütter Weg den Fußweg, obwohl das verboten ist, aber geduldet wird.
„Schon diese Situation gefällt nicht jedem. Noch schlimmer kommt es jetzt, die Radfahrer sollen auf der Straße die viel befahrene Kreuzung Langenharmer Weg/Ulzburger Straße überqueren“, sagt Gerhard Schooff. Damit Radler die auf den ersten Blick leicht verwirrenden und ungewohnten Wege besser verstehen, haben Stadt und Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club, Verfechter des Radelns auf der Straße, einen Flyer entwickelt und verteilt (siehe Grafik). Geplant ist, an der Kreuzung die Infos im Großformat aufzustellen.
Wer auf dem Langenharmer Weg nach Westen Richtung Rathaus unterwegs ist, verlässt den Radweg kurz vor der Tankstelle und stellt sich in einer speziellen Radfahrfurt zwischen den Autos auf. „Da lauert schon die erste Gefahrenquelle“, sagt Schooff. „Um in die Aufstellspur zu kommen, müssen wir mit unseren Rädern die Rechtsabbiegespur queren.“
Und wer mitbekomme, mit welchem Tempo die Autofahrer auf die Rechtsabbiegespur düsten, dem könne angst und bange werden. Radler, die nach rechts in die Ulzburger Straße abbiegen wollen, stellen sich in der Abbiegespur zusammen mit den Autos auf. „Ziemlich eng“, findet Schooff. Linksabbieger fahren bis zu den markierten Flächen auf der Kreuzung und warten, bis die Autos vorbei sind. Er habe mit Radfahrern gesprochen, jungen wie alten, und die meisten würden sich weigern, auf der Straße zu fahren.
Drei Radleitsysteme auf wenigen Hundert Metern
Auf der Ulzburger Straße hingegen wird es 1,85 Meter breite Radfahrstreifen auf beiden Seiten geben, die mit einer durchgehenden dicken weißen Linie begrenzt sind und von Autofahrern nicht überfahren werden dürfen. Auf dieser Spur fahren die Radler geradeaus und müssen beim Linksabbiegen die Autos vorbeilassen. Damit wird es künftig auf wenigen Hundert Metern an der Ulzburger Straße ein bunt gemischtes Radleitsystem geben: Vom Radweg auf den Radfahrstreifen, auf die unmarkierte Straße und wieder auf den Radweg.
Noch allerdings ist das Radeln auf der Kreuzung keine Realität, noch sind die Fahrspuren auf der Kreuzung Ulzburger Straße/Langenharmer Weg nicht markiert, der Weg vom Radweg auf die Straße ist blockiert. Schooff hat die Situation vorempfunden: „Ich möchte die Radfahrer in Norderstedt auf die Probleme aufmerksam machen.“
Je nach Witterung sollen die Restarbeiten Anfang 2019 erledigt werden. Dann werden sich Bauarbeiter und Bagger auf der Ulzburger Straße nach Süden vorarbeiten und die Fahrbahn bis zur Kreuzung Rathausallee sanieren. Die Autofahrer müssen sich im Unterschied zur Baustelle in diesem Jahr umgewöhnen: Diesmal wird die Ulzburger Straße zur Einbahnstraße Richtung Norden. Der Verkehr Richtung Süden soll weiträumig umgeleitet werden. Geplant sind rund sechs Monate Bauzeit.
„Ich verstehe nicht, warum man die Kreuzung Rathusallee/Ulzburger Straße aus dem Bauvorhaben herausgenommen hat und an der Kreuzung Ulzburger Straße/Langenharmer Weg die Radler auf die Straße zwingt“, sagt Schooff.
Tatsächlich war der ursprüngliche Plan, an dieser Kreuzung genauso zu verfahren. Doch die CDU hatte die Ausbaupläne im Fachausschuss gestoppt. Viele Radler, vor allem ältere Menschen, würden durch die Neugestaltung verunsichert, hatten die Christdemokraten kritisiert. Wenn die Radler von der Rathausallee auf der Fahrbahn nach links in die Ulzburger Straße abbiegen, hätten sie die „Autofahrer immer im Nacken“, was enormen Druck erzeuge. Nun wurde der Ausbau verschoben, die Kreuzung soll neu gestaltet werden, wenn die Rathausallee umgebaut wird, was für 2020 geplant ist.
Bund fördert Modellprojekt mit 1,6 Millionen Euro
„Warum baut die Stadt am Langenharmer Weg nicht einen Radweg neben der Straße? Die Fläche ist doch breit genug“, sagt Schooff. Die Stadt verweist auf die Verkehrssicherheit. „Danach passieren weniger Unfälle, wenn die Radfahrer auf der Straße unterwegs sind“, sagt Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder. Gerade der tödliche Unfall im vorigen Sommer mache das Problem deutlich: Die Lkw-Fahrer sehen Radfahrer nicht, wenn sie rechts abbiegen und die Radler geradeaus fahren. So war auch eine 54-Jährige unter ein Baustellenfahrzeug geraten, die Frau starb noch an der Unfallstelle.
Radfahrer auf der Straße würden besser gesehen. In Hamburg sei das Radeln auf der Straße und auf Radfahrstreifen längst alltägliche Praxis. Baudezernent Thomas Bosse weist immer wieder darauf hin, dass sich die Norderstedter erst an die neue Verkehrslage gewöhnen müssten, das brauche Zeit. Zudem handele es sich um ein Modellprojekt, das vom Bund gefördert werde. Verkehrsminister Scheuer (CSU) werde 1,6 Millionen Euro nach Norderstedt überweisen und damit den Löwenanteil des rund zwei Millionen Euro teuren Ausbauprojektes übernehmen.