Tangstedt. Vor allem die Themen Wohnungsbau und Verkehr stehen im Fokus der Ortsentwicklung. Einwohner arbeiten am Konzept mit.

Die Wunschliste ist umfangreich. Ein neues, besseres, ruhigeres, lebhafteres, bunteres, sozialeres, größeres oder lieber doch möglichst dörfliches Tangstedt. Je nachdem, welcher Bürger gefragt wird, ist die Antwort eine andere. Und gefragt wurde fast jeder in der Gemeinde. Erstmals will sich Tangstedt ein Ortsentwicklungskonzept geben, das für die nächsten Jahre im Optimalfall so etwas wie ein Leitfaden sein soll. Das Lübecker Planungsbüro BCS stellte auf einer Einwohnerversammlung das vor, was auf drei Workshops mit den Bewohnern der Ortsteile, in Arbeitsgruppen mit Vereinen und Politik, bei einer Haushaltsbefragung und bei einem Rundgang mit „Kinderdetektiven“ zusammengekommen ist. „Wahnsinnig viele Ideen“, sagte Stadtplanerin Stephanie Eilers, die mit ihren Kolleginnen Dörte Mehranshad und Mareen Heppner gekommen war.

Die vielen Vorschläge, manche vernünftig, manche sehr „ambitioniert“, zu gewichten, ist nicht einfach. „Mangelhaft ist der fehlende Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft, das Angebot an Wohnungen, der schlechte Straßenzustand und das Fuß- und Radwegenetz“, sagte Mareen Heppner. Beliebt sei der Tangstedter Forst. „Und der Verkehr ist ein großes Thema. Es wird eine Entlastung gewünscht und ein Ausbau des ÖPNV-Angebots.“

Es geht hin und her bei der Wunschliste. Vielen liegt die Gestaltung des Ortskerns rund um das Rathaus am Herzen. Ein neues Café, eine Eisdiele, seniorengerechtes Wohnen, das wollen gerade ältere Tangstedter. Nur: Beim Thema „Wohnungsbau“ kommt die Gemeinde nur langsam voran. Kürzlich wurde durch die politische Mehrheit ein Vertrag mit einem Investor für die „Kuhteichwiese“ abgelehnt. Zwar gab es ein Konzept für bezahlbaren Wohnraum, doch die Größe des Projekts stieß auf Kritik. Hier wird das Bauleitverfahren nun wieder von vorn beginnen. Auf der anderen Seite der Hauptstraße ist es ähnlich kompliziert. Bürgermeister Jürgen Lamp (CDU) verhandelt mit einer Erbengemeinschaft über den Kauf einer Fläche nahe der Lindenallee. Dort könnte ein Mischgebiet, also Wohnen und kleines Gewerbe, entstehen.

Dass sich zu wenige Firmen ansiedeln können, ist bekannt, es fehlt an adäquaten Grundstücken. Als die BCS-Stadtplanerinnen ein Areal südwestlich des Kompostwerks Bützberg skizzieren, regt sich sofort Widerstand. Die Fläche gehöre dem Gut Wulksfelde, werde landwirtschaftlich genutzt, sagt ein Zuhörer.

Gewünscht wird ein Kreisel an B 432

Über Mobilität und Verkehrsberuhigung wird leidenschaftlich gestritten. „Eine 30er-Zone innerhalb Tangstedts, ein Kreisel an der Bundesstraße 432, optische Entschleunigung“, so etwas werde gewünscht, sagte Dörte Mehranshad. Und: „Neue Geh- und Radwege von Wulksfelde nach Wiemerskamp.“ Dazu hätten die Kinder gesagt: „Wir kommen hier überhaupt nicht mehr über die Straße.“

Mit fünf „Lupen“ hat das Planungsbüro wichtige Kernbereiche zusammengefasst. An der südlichen Einfahrt nach Wilstedt könnte ein Komplex gebaut werden mit Flächen für den WSV Tangstedt, der perspektivisch seinen jetzigen Standort an der Straße Weg am Sportplatz aufgeben möchte. Eine Mehrzweckhalle käme hinzu, eine weitere Kita, ein Jugendtreff. Es wäre so etwas wie der Lückenschluss zwischen Tangstedt und Wilstedt.

Beim Bereich am Rathaus geht es erneut um Wohnungen und generell um ein ansehnliches Zentrum. Die dritte Lupe legt den Fokus auf die Grundschule, die eine neue Zuwegung von der Hauptstraße brauche – inklusive weiterer Wohnungen. Das wäre besagte Fläche an der Lindenallee, über die noch verhandelt wird. In Wilstedt-Siedlung soll es grüner werden: Gemeinschaftsflächen am Wald, ein Gemeinschaftsgarten mit Streuobstwiese, eine Waldkita, ein neuer Bolzplatz. Auch die Menschen in Rade haben eigene Vorstellungen. Der Bereich gegenüber der Alten Rader Schule könnte ein Park werden mit Pavillon und Bücherschrank.

Was BCS klarstellte: Es war nicht Aufgabe des Büros, die politische oder rechtliche Machbarkeit der Vorhaben zu untersuchen und Gutachten anzufertigen. Auch die Finanzierung ist eher ein Problem der Lokalpolitik und der Itzstedter Amtsverwaltung. Bürgermeister Lamp ist mit dem Zwischenstand trotzdem zufrieden. „Das war tolle Arbeit. Hier waren verschiedene Gruppen beteiligt, es war nicht nur einseitig.“ Im Januar soll das Ergebnis noch einmal in schriftlicher Form veröffentlicht werden. „Die Politik hat viel zu tun. Das eine oder andere werden wir umsetzen können. Aber nicht alles. Wir sind nicht der Alleinentscheider“, so Lamp. Und diejenigen Mitbürger, die sogleich vermuteten, die Rohfassung des Konzepts sei quasi Ortsrecht, beruhigte er: „Keine Panik. Da sind noch viele Veränderungen möglich. Bürger können genauso Einfluss nehmen über Besuche der Gremien.“