Bad Bramstedt/Kiel. Die Ermittlungen wegen „Ekelfleischs“ aus Bad Bramstedt gegen Amtsveterinäre und Mitarbeiter des Schlachthofes gehen weiter.

Die Großrazzia im Bramstedter Rinderschlachthof des Fleischkonzerns Vion und jahrelange Ermittlungen haben zu ersten juristischen Konsequenzen geführt: Das Amtsgericht Kiel verhängte gegen die Vion Bad Bramstedt GmbH ein Unternehmensbußgeld in Höhe von 160.000 Euro. Damit entsprach das Gericht einem Antrag der Staatsanwaltschaft Kiel, die unterstützt vom Landeskriminalamt seit Februar 2014 ermittelt.

Das Gericht sieht Verstöße gegen das Tierschutzgesetz als erwiesen an. In mehreren Fällen sollen Rinder ohne ausreichende Betäubung geschlachtet worden sein. Außerdem sollen Kühe unter starken Schmerzen gelitten haben, weil sie nicht rechtzeitig gemolken wurden.

Darüber hinaus hat das Unternehmen nach Einschätzung der Kieler Justiz gegen das Lebensmittelgesetz verstoßen. Bei der Fleischproduktion und Lagerung soll es Hygiene- und Haltbarkeitsvorschriften missachtet haben. Nach der Großrazzia im Februar 2014 sprachen Ermittler von „Ekelfleisch“, das sichergestellt worden sei. Das Unternehmensbußgeld wurde gegen den Betrieb, nicht gegen einzelne Personen, wegen struktureller Mängel verhängt.

250 Polizisten, Staatsanwälte und Zollbeamte hatten den Schlachthof im Gewerbegebiet im Norden der Stadt durchsucht und diverse Beweismittel sichergestellt. Außerdem überprüften Fachleute des Landwirtschaftsministeriums die technischen Anlagen. Wegen Hygienemängeln wurde der Betrieb noch am selben Abend gesperrt. „Die Akten füllen eine komplette Schrankwand“, sagt Oberstaatsanwalt Henning Hardeler.

Das Unternehmen hat Widerspruch gegen die Entscheidung des Gerichts eingelegt. Wegen eines Feiertages in Bayern war der Vion-Konzern zu einer Stellungnahme nicht in der Lage. Sollte das Unternehmen seinen Widerspruch aufrecht erhalten, kommt es wegen der Geldbuße zum Prozess.

Außerdem teile die Staatsanwaltschaft mit, dass die strafrechtlichen Ermittlungen gegen einzelne Personen fortgesetzt werden. Erstmals wurde bekannt, dass die Behörden gegen zwei Mitarbeiter der Kreisverwaltung ermitteln, die als Amtsveterinäre im Schlachthof tätig waren. Verantwortlich für diese Untersuchungen ist die Abteilung Korruption des Landeskriminalamtes. Zu den beschuldigten Personen gehören außerdem zehn Beschäftigte der Vion Bad Bramstedt GmbH. Dazu zählen nach Angaben der Staatsanwaltschaft leitende Mitarbeiter des Bramstedter Betriebs. Ihnen werden die gleichen Delikte vorgeworfen wie dem Unternehmen.

Staatsanwalt spricht von einem immensen Aufwand

Dass die Ermittlungen sich so lange hinziehen, begründet Hardeler mit dem Umfang des Verfahrens. „Das ist ein immenser Aufwand“, sagte er. Spezialisten wie Buchhaltungsfachkräfte wurden hinzugezogen.

Der Schlachthof ist der größte in Schleswig-Holstein und wurde nach der Razzia für mehrere Wochen von den Behörden geschlossen. Er hat 390 Beschäftigte, darunter viele Leiharbeiter. Der Jahresumsatz liegt angeblich bei 200 Millionen Euro. Vion schaltete nach der Schließung des Schlachthofs zunächst auf stur und behauptete, in Bad Bramstedt sei alles in Ordnung. Per Eilverfahren beim Verwaltungsgericht Schleswig wurde versucht, die Schlachterlaubnis wiederzuerlangen. Heinz Schweer, damals Direktor Landwirtschaft bei Vion Deutschland, bezifferte die Verluste durch die Sperrung auf fünf Millionen Euro. Im Landwirtschaftsministerium ließ man sich davon nicht beeindrucken. Der damalige Umwelt- und Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wies die Kreisverwaltung Segeberg an, ein Verfahren zum Widerruf der Betriebszulassung einzuleiten. Mit anderen Worten: Vion lief zeitweise Gefahr, den Schlachthof für immer schließen zu müssen. Die Schließung des Schlachthofs hatte auch die damalige Landrätin Jutta Hartwieg in Bedrängnis gebracht. Die Landrätin stellte sich zunächst hinter den Schlachthof und ihre Amtsveterinäre und beteuerte, dort sei alles bestens.