Norderstedt. Mieterstrom gehört die Zukunft, das sagen die Stadtwerke. Nun sprechen sie mit den Bürgern darüber, was sich ändern wird.
„Ich bin zufrieden, die Anlage läuft problemlos“, sagt Günter Harder. Er war Energiepionier in Norderstedt und hat sich vor vier Jahren ein Balkonkraftwerk montieren lassen. Zwei Paneele, einfach am Geländer befestigt, Stecker in die Außensteckdose, und schon speiste die Sonne das häusliche Stromnetz. Rund 800 Kilowattstunden kommen im Jahr zusammen, ein Sechstel des Verbrauchs. „Ich könnte noch vier weitere Paneele ans Geländer hängen, aber die jetzige Ersparnis reicht uns“, sagt Harder.
Noch immer ist der Norderstedter eine Ausnahme, haben sich nur wenige für das Minikraftwerk entschieden. Die Offensive der Stadtwerke, Mietern die eigene Stromerzeugung zu ermöglichen, ist weitgehend verpufft. „Nicht immer eignet sich die Lage, muss der Vermieter zustimmen oder können sich die Bürger einfach noch nicht mit der neuen Technologie anfreunden“, sagt Werkleiter Theo Weirich.
Deutschland will bis 2022 aus Atomenergie aussteigen
Der individuelle Solarstrom werde aber kommen, denn: Die Stromversorgung werde dezentraler. Wie die Elektrizität künftig aus der Steckdose kommt und ob weiterhin so verlässlich, ist Thema der nächsten Diskussion mit den Bürgern. „Luxusgut Energie?“ heißt es am Donnerstag, 29. November, im Technik-Center der Werke, die damit ihre Reihe „Werk im Dialog“ fortsetzen. Es geht um nichts weniger als die Stromversorgung der Zukunft.
Und die wird sich deutlich verändern. Themen wie Mieterstrom, Blockchain-Technologie und Dynamisierung von Stromtarifen werden dominieren. Bis 2022 will Deutschland aus der Atomenergie aussteigen und einen Großteil seines Energiebedarfs regenerativ erzeugen. Noch steht der bundesweite Netzausbau jedoch aus, um zu gewährleisten, dass Wind, Sonne und Biomasse jederzeit Handys aufladen, Lebensmittel kühlen oder Wäsche waschen. „Da sind wir wieder bei unserer Überschrift. Wenn Energie nicht jederzeit und überall verfügbar ist, wird sie zum Luxusgut“, sagt Weirich. Auf der anderen Seite gibt es Strom im Überfluss, wenn der Wind kräftig pustet.
Strom wird immer teurer, alternative Modelle notwendig
Die Umlage für den Ausbau der Erneuerbaren Energien ist seit ihrer Einführung im Jahr 2000 fast stetig gestiegen. Strom wird zusehends teurer, und der Ruf der Verbraucher nach alternativer Erzeugung, an der sie mitwirken können, wird lauter. Doch welche Modelle sind zukunftsträchtig und technologisch umsetzbar? Können Bürger bald ihren selbsterzeugten Strom teilen und Sharing-Konzepte wie in den Bereichen Mobilität, Wohnen und Arbeiten verwirklichen?
Antworten auf diese Fragen werden Experten geben: Bernd Voß, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und energiepolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, Landwirt mit Milchviehbetrieb und seit 2007 Mitglied bei Wilstermarsch Energie, die Genossenschaft betreibt eine Trockenbiogasanlage für Grünschnitt; Volker Breisig, beim weltweiten Beratungs- und Prüfunternehmen PricewaterhouseCoopers im Bereich Energie tätig; Nils Sadowski, Produktmanager der Stadtwerke Norderstedt und Tilo Zimmermann, Mitbegründer und Geschäftsführer der Ponton GmbH, Experte der Blockchain-Technologie für die Energiewirtschaft – dahinter verbirgt sich eine Datenbank und Plattform, über die Verbraucher und Erzeuger direkt Strom kaufen und verkaufen, ohne wie bisher auf Versorgungsunternehmen angewiesen zu sein.
Stromversorgung wird dezentraler werden
Wer zum Beispiel von seinem Solardach einige grüne Kilowatt übrig hat, könnte sie an seinen Nachbarn liefern, der im Keller über einen großen Stromspeicher verfügt. Der schickt dann den Strom zurück, wenn die Sonne nicht scheint. In der Blockchain werden diese Transaktionen in Echtzeit aufgezeichnet und verrechnet – gut verschlüsselt, aber für alle Teilnehmer zugänglich und somit vertrauenswürdig. „Diese Technologie wird kommen, weil die Stromversorgung dezentraler werden wird“, sagt Seedorff, denn Wind-, Solar- und Biogasanlagen verteilen sich anders als Atom- und Kohlekraftwerke über unzählige Parks, bis hin zu einzelnen Hausdächern quer über die ganze Republik. Die Energieversorgung liege also nicht mehr nur bei ein paar großen Stromanbietern, sondern teilweise beim einzelnen Hausbesitzer. Der Technologiewandel werde auch die Rolle der Stadtwerke verändern. Auch darüber wird gesprochen.
Luxusgut Energie? Do 29.11, 19.00, Technik-Center der Stadtwerke, Heidbergstraße 101-111, Norderstedt. Wer bei der Veranstaltung dabei sein möchte, sollte sich schnell anmelden, da die Plätze nur für rund 100 Teilnehmer reichen. Anmeldung per E-Mail an veranstaltungen@stadtwerke-norderstedt.de oder unter 040/52104-111.