Norderstedt. Stadt und der Flughafen Fuhlsbüttel legen neues und verbessertes Lärmschutzprogramm auf. 4300 Haushalte profitieren davon

Schallschutzfenster nicht mehr nur im Schlafzimmer, sondern auch in Kinder- und Wohnzimmern und elektronische Fensteröffner und -schließer, die per Zeitschaltuhr oder Handy gesteuert werden können – das sind die Neuheiten im „Freiwilligen Lärmschutzprogramm 8++“, das der Flughafen Hamburg und die Stadt Norderstedt aufgelegt haben. 4300 Haushalte im Südwesten der Stadt, die besonders unter dem Lärm leiden, können bis Ende 2019 vom den Maßnahmen profitieren.

Bisher wurden 40 Millionen in den Schallschutz investiert

„Niemand muss mehr aufstehen, um nach Mitternacht bei frischer Luft zu schlafen, weil sich die Fenster nach dem Ende des Flugbetriebs automatisch öffnen und morgens ebenso schließen, wenn es ab 6 Uhr wieder losgeht. Das erhöht den Komfort und die Chance auf ruhigen Schlaf“, sagte Norderstedts Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder, die das neue Schutzprogramm am Dienstag mit Flughafenchef Michael Eggenschwiler im Norderstedter Rathaus vorstellte. Das sei das Maximum an Lärmschutz, das momentan möglich sei.

„Wir sind uns unserer Verantwortung gegenüber den Anwohnern bewusst“, sagte Eggenschwiler. Daher habe der Airport in den vergangenen 40 Jahren mehr als 40 Millionen Euro in den Lärmschutz investiert. Von 2007 bis 2010 und im Jahr 2017 haben Flughafen und Stadt mehr als 170 Haushalte mit Schallschutzfenstern ausgestattet und rund 700.000 Euro investiert.

Wie in den Vorjahren finanzieren Flughafen und Stadt auch das aktuelle Programm gemeinsam. Norderstedt stellt dem Flughafen Saisonparkplätze zur Verfügung und kassiert dafür Miete. 350.000 Euro waren es in diesem Jahr, für 2019 rechnet Eggenschwiler mit einer ähnlichen Summe. Dieses Geld fließt komplett in das Lärmschutzprogramm und deckt drei Siebtel der Kosten. Den gleichen Anteil übernimmt der Airport, das letzte Siebtel zahlen die Bürger. Bei durchschnittlichen Einbaukosten von rund 3700 Euro sind das 528 Euro.

Roeder sieht im Ausbau des Lärmschutzes einen Schritt dahin, gemeinsam mit dem Flughafen daran zu arbeiten, die Belastungen der Norderstedter durch Fluglärm zu reduzieren – ein Vorhaben, an dem die Norderstedter Verwaltung bisher ebenso gescheitert ist wie die Politiker und die örtliche Initiative für Fluglärmschutz, die seit Jahrzehnten vergeblich dafür kämpft, die Starts und Landungen über die Stadt hinweg zu reduzieren und gerechter zwischen Hamburg und dem Umland zu verteilen.

Vorrangiges Ziel ist, Flüge nach 23 Uhr zu reduzieren

„Daher muss unser vorrangiges Ziel bleiben, die Flüge nach 23 Uhr zu verringern“, sagte die OB. Das sieht auch die Norderstedter CDU so, die das aktuelle Maßnahmenpaket, mit dem der rot-grüne Senat in Hamburg die Zahl der verspäteten Flüge einschränken will, als „faulen Kompromiss“ bezeichnet. Hamburg wolle prüfen, ob der Flugplan geändert werden muss. Der Senat wolle für die Prüfung von Verspätungsgründen eine Bearbeitungsgebühr von 500 Euro erheben, die Fluglärmschutzbeauftragte soll mehr Personal bekommen. Im Dialog mit den Fluggesellschaften wollen die Verantwortlichen auf freiwilliger Basis erreichen, dass die letzte geplante Landung und der letzte geplante Start vor 22.45 Uhr erfolgen. „Anstatt bei Verspätungen die verantwortlichen Fluggesellschaften kräftig abzukassieren, werden mit unverbindlichen Absichtserklärungen die Fluggesellschaften fast schon ermuntert, sich Hamburg als Ausweichflughafen bei Verspätungen auszusuchen“, sagt die CDU.

Obwohl 44 Prozent der Flüge und 65 Prozent der Starts 2017 über Norderstedt abgewickelt wurden, habe es der Flughafenchef noch nie für nötig gehalten, an einer Sitzung der Norderstedter Stadtvertreter teilzunehmen und sich ihren Fragen zu stellen. Die CDU fordert Eggenschwiler auf, annehmbare Vorschläge zu machen, wie die Norderstedter Bürger vor übermäßigem Fluglärm nach 23 Uhr geschützt werden können. „Das wird in einer der nächsten Sitzungen des Hauptausschusses geschehen“, versprach die OB. Das habe sie den Politikern auch mitgeteilt. Der Flughafenchef werde deutlich machen, wie komplex das Thema sei und wie eingebunden der Hamburger Flughafen in den gesamteuropäischen Luftverkehr sei. Das schränke die Eingriffsmöglichkeiten des Flughafens ein.

Der Flughafen informiert in einem Flyer über das neue Lärmschutzprogramm. Er wird an die betroffenen Haushalte verteilt und enthält ein Antragsformular. Infos zu den Lärmschutzprogrammen unter www.hamburg-airport.de/de/laermschutzprogramm.php