Norderstedt. Vor dem Norderstedter Amtsgericht schweigt der Angeklagte eisern, wird aber dennoch zu einer Strafe von 1800 Euro verurteilt.

Zehn Monate lang arbeitete der neue Mitarbeiter ohne Fehl und Tadel. „Er war zuverlässig, sauber und korrekt“, stellte der Junior-Chef einer Zustellfirma fest. Das – wie sich zeigen sollte, vorschnell erteilte – Lob im Amtsgericht Norderstedt galt einem Paketzusteller, der laut Staatsanwaltschaft im September des vergangenen Jahres zwei Pakete verschwinden ließ. Deren Inhalt: 26 Handys im Gesamtwert von immerhin 14.000 Euro. Die Anklage: Diebstahl.

Zum Strafvorwurf verweigerte der 39 Jahre alte Rumäne die Aussage. Vergeblich versuchte der Pflichtverteidiger, seinen Mandanten zu einem Meinungswechsel zu bewegen. „Ich kann nicht zugeben, was ich nicht gemacht habe“, ließ der zweifache Familienvater über seinen Dolmetscher erklären.

Videoaufnahmen zeigten, wie Angeklagter Pakete zur Seite legte

Dafür schilderte der Junior-Chef des Paket-Depots der Post-Tochterfirma in Norderstedt, dass die 80 Mitarbeiter alle Hände voll zu tun hätten, um täglich rund 15.000 Sendungen zu bewältigen. Ohne den Einsatz von Scannern sei der wachsende Paketberg nicht mehr zu schaffen. Mit den Scannern sei der Weg jedes Paketes ganz genau zu verfolgen. Vom Eingang im Depot bis zur Ablieferung beim Empfänger werde jedes Paket insgesamt viermal gescannt. „Die Fehlerquote des Systems ist gleich null“, berichtete der Zeuge.

Gegen den Angeklagten sprach auch, dass Videoaufnahmen zeigten, wie er die Pakete ungescannt von der Rampe nicht in den Lieferwagen schob, sondern zur Seite legte. Dazu hatte der 39-Jährige genau jenen Elektro-Discounter in seinem Zustellbezirk, dessen Pakete verschwunden waren. Bekannt unter den Kollegen war, dass dieser Empfänger pro Tag bis zu 80 Sendungen mit hohem Wert erhielt. Eine Hausdurchsuchung beim Angeklagten blieb allerdings ohne Ergebnis.

Urteil: Geldstafe in Höhe von 1800 Euro

Der Angeklagte war vor zehn Jahren aus Osteuropa nach Deutschland gekommen, seitdem arbeitete er als Fahrer und Baugehilfe. Nach seinen Angaben ernährt er seine vierköpfige Familie von den 700 Euro, die er netto im Monat verdient – hinzu kommt noch das Kindergeld.

Bis zuletzt schwieg der Beschuldigte eisern. Doch es nützte ihm nichts, denn der Norderstedter Amtsrichter hielt die Anklage für bewiesen. „Andere Möglichkeiten sind ausgeschlossen“, betonte er.

Das Urteil war eine Geldstrafe in Höhe von 1800 Euro wegen zweifachen Diebstahls. Mit einem Geständnis, so sagte der Richter abschließend, wäre der Angeklagte mit der Hälfte der Summe davongekommen.