Ammersbek. Auf dem Gelände der Sportgemeinschaft geht es in dieser Saison so nackt zu wie noch nie. Camper verbringen viel Zeit im Pool.
Im Vorzelt herrschen an diesem Tag bummelig 43 Grad, kein Lüftchen regt sich. Eigentlich der perfekte Ort für ein Interview zum Thema „Nacktcampen bei Gluthitze“. Doch Frank Ehrenberg, Vorsitzender der FKK-Sportgemeinschaft Hamburg e.V., schlägt für das Gespräch ein schattiges Plätzchen am Pool vor. Auch schön.
Der 58-Jährige ist – wider Erwarten – nicht nackt. Er trägt ein Poloshirt und kurze Jeans, an den Füßen Flip-Flops. „Viele denken, dass wir uns kurz nach Betreten des Campingplatzes sofort alle Kleider vom Leib reißen und rund um die Uhr nackig durch die Gegend rennen“, sagt Ehrenberg. Das sei nicht so. Doch dagegen spräche nichts. Schließlich ist das 16.000 Quadratmeter große Gelände am Rande des Naturschutzgebiets Duvenstedter Brook in Ammersbek speziell für FKK-Anhänger gedacht.
Junge Familien täten dem Platz gut, sagen die Camper
Von 33 Stellplätzen sind 22 belegt. Zu sehen ist aber kein Mensch. „Montags sind die meisten festen Camper zu Hause, um dort nach dem Rechten zu schauen“, sagt Frank Ehrenberg. An den Wochenenden sei alles voll. „Vor allem bei dieser Hitze zieht es unsere Vereinsmitglieder regelrecht auf den Platz.“
Und nicht nur die. Urlauber aus Frankreich, Schweden und Holland waren in den vergangenen Wochen zu Besuch. Einige wollten nur einen Zwischenstopp einlegen. Blieben dann aber eine Woche und länger auf dem im Wald versteckten FKK-Campingplatz. Warum? „Die Landschaft ist großartig“, schwärmt Ehrenberg. „Natur pur – und trotzdem nur einen Katzensprung von Hamburg entfernt. Wem hier langweilig wird, dem ist nicht zu helfen.“ Auch das hübsch angelegte Vereinsgelände bietet viel: Neben dem großen Pool gibt es Tischtennisplatten, diverse Sportflächen, Fitnessgeräte, ein Pétanquefeld. Außerdem Klettergeräte, Sandkiste, Streetballanlage sowie ein eigenes Vereinshaus für junge Camper. Und eine Kaminsauna. Sie ist wohl der einzige Ort auf dem Platz, an dem sich auch Nicht-FKKler ohne viel Nachzudenken komplett ausziehen würden.
„Nichts zwickt und zwackt“
Die Nacktcamper lassen auch bei allen anderen Sportarten die Kleidung am liebsten im Koffer. Weniger ins Schwitzen kommen sie deshalb aber noch lange nicht. „Sportliche Höchstleistungen wurden in diesem Sommer keine erzielt“, sagt Ehrenberg. Auf die Frage, was zum Beispiel am Nackt-Tischtennisspielen so besonders sei, antwortet er: „Nichts zwickt und zwackt. Ich muss weder erst meine Sportklamotten anziehen, noch sie nachher wieder wechseln. Ich dusche und kann sofort in den Pool springen. Ohne Kleider bin ich frei.“
Das Gefühl dieser „unbeschreiblichen Freiheit“ hat der Hamburger vor mehr als 30 Jahren für sich entdeckt. Da schwamm er während eines Spanienurlaubs das erste Mal nackt im Meer. Ein Freund von ihm tat das nicht. „In seiner Badehose hat sich dann ein Krebs verfangen“, sagt Ehrenberg und lacht, den panischen Gesichtsausdruck des Kumpels wieder vor Augen. Zur FKK-Sportgemeinschaft Hamburg ist er über seine ehemaligen Schwiegereltern gekommen, die auch heute noch im Nachbarwohnwagen ihre Freizeit verbringen. Gearbeitet hat Ehrenberg bis zu seinem Vorruhestand als Bankkaufmann. In Anzug, Hemd und mit Schlips. An jedem Wochentag. „Umso befreiender waren die Stunden hier auf dem Campingplatz“, sagt der begeisterte Triathlet.
Mit Hose kommt sich Bernd fast komisch vor
Seit fünf Jahren ist er nun erster Vorsitzender des 1951 gegründeten Vereins, bei dem sich alle Mitglieder auch mit Eigenleistungen einbringen. Camper Bernd aus Hamburg kümmert sich zum Beispiel im Wechsel mit Vereinskameraden um die Pflege der Rasenflächen und die Reinigung des Schwimmbades. Seit 1990 kommt der 63-Jährige regelmäßig hierher. Mit der Nacktheit hatte er von Anfang an keine Probleme. „Dabei bin ich überhaupt nicht freizügig aufgewachsen“, sagt der Konstrukteur in Rente.
Mittlerweile verbringt er mit seiner Frau Anne nahezu jede freie Minute in Ammersbek. Am liebsten nackt. „Mit Hose komme ich mir hier fast komisch vor.“ Aber „natürlich ziehen auch wir Nacktcamper etwas über, sobald es kühler wird“, ergänzt Anne. In den vergangenen Wochen war es jedoch selten kühl. „Ich hatte noch nie so wenig Wäsche wie in dieser Saison. Eigentlich wasche ich fast nur Handtücher“, sagt die gelernte Arzthelferin.
18 Euro kostet eine einmonatige Schnuppermitgliedschaft
Heißt: So durchgehend und lang wie im Sommer 2018 konnten die FKK-Anhänger in Ammersbek noch nie völlig nackt urlauben. „Das genießen wir sehr“, sagt das Paar, das sich für den Verein weitere Mitglieder wünscht. „Junge und engagierte Familien würden dem Platz gut tun und für frischen Wind sorgen.“ Dem stimmt Frank Ehrenberg zu. Der Vorsitzende sagt: „Derzeit haben wir rund 55 Mitglieder. Vor zwei Jahren waren wir noch mehr als 80.“ In den 70er-Jahren seien es sogar um die 250 gewesen. „Wer sich nicht sicher ist, ob FKK-Campen etwas für ihn ist, kann auch erst einmal nur testweise zu uns kommen“, sagt Ehrenberg.
18 Euro kostet eine einmonatige Schnuppermitgliedschaft für eine Familie, neun Euro für eine Einzelperson. Ein Stellplatz ist für zwei Euro am Tag zu haben, die Jahresgebühr dafür beträgt 190 Euro. „Wer einmal alle Hemmungen über Bord geworfen hat und mit den Kleidern auch den Alltag abstreift, will nie wieder dieses freie und natürliche Gefühl missen“, ist Frank Ehrenberg überzeugt.
Kontakt zur FKK-Sportgemeinschaft Hamburg finden Interessierte auf der Homepage des Vereins unter www.fsh-hamburg.de und telefonisch unter 0157/320 54 119. Adresse: Moordamm in 22949 Ammersbek/OT Hoisbüttel