Tangstedt. Der Ausbau des Nahversorgungszentrums in Tangstedt beginnt – mittelfristig sollen neue Wohngebiete folgen.

Ein Bürgermeister muss Wahrheiten aussprechen, selbst wenn diese nicht jedem Mitbürger gefallen. „Der Ortsteil Tangstedt ist der Mittelpunkt unserer Gemeinde. Auch wenn die Wilstedter das nicht so gern hören“, sagt Jürgen Lamp. Der CDU-Politiker ist selbst Ur-Wilstedter, kennt seine Nachbarn – aber ist eben auch seit Juni Bürgermeister des Ortes.

Jenes Tangstedt soll bessere Einkaufsmöglichkeiten bekommen und neue Wohngebiete. Und all das wird sich aller Voraussicht nach auf den gleichnamigen Ortsteil konzentrieren. „Es gibt in Wilstedt zwar auch Bedürfnisse nach kleinen Geschäften. Aber wir hatten dort einen kleinen Edeka, da ist keiner mehr hingegangen“, sagt Lamp.

Landesplanung macht Gemeinde enge Vorgaben

Deswegen kommt nur noch ein Standort in Frage. Der erste Schritt ist bereits getan, der Ausbau des Nahversorgungszentrums hat begonnen. Viel ist zwar noch nicht zu sehen, doch auf dem Grundstück für den neuen Aldi-Markt an der Eichholzkoppel ist zumindest der Mutterboden abgetragen, der Lärmschutzwall ist erkennbar, die Fläche selbst ist abgesperrt. „Die können loslegen“, so Lamp, die Baugenehmigung liege längst vor. „Bis Jahresende will Aldi fertig werden.“

Eigentlich hat die Gemeinde ja schon einen Discounter, sogar nur 50 Meter entfernt in einem Gebäudekomplex zusammen mit Edeka. Die Diskussionen um diese Immobilie beschäftigen den Ort seit Jahren. Denn Aldi hatte wiederholt beantragt, einen neuen Markt (3300 Quadratmeter) bauen zu wollen. Edeka könnte sich dann 2019 vergrößern (1500 Quadratmeter), und es bliebe sogar noch Platz für eine Budnikowsky-Filiale. Dazu laufen derzeit die Gespräche, wie der Lotto-/Postladen und der Friseur integriert werden – die verantwortliche Projektgesellschaft hat versprochen, diese zu berücksichtigen. „Wir sind in abschließenden Gesprächen“, sagt deren Vertreter Jörg Utermark.

Die schleswig-holsteinische Landesplanung musste von diesen Projekten allerdings erst einmal überzeugt werden. Lamps Vorgänger Norman Hübener (SPD) gelang in den schwierigen Verhandlungen mit Kiel irgendwann der Durchbruch. Zur Erklärung: Als Kommune im sogenannten Achsenzwischenraum sind Tangstedt enge Entwicklungsgrenzen gesetzt, der Naherholungscharakter muss im Ort überwiegen. Ein erweitertes Einkaufsgebiet passte da nach Ansicht der Planer nicht hinein. Die Tangstedter Politik war damit ganz und gar nicht glücklich. „Das ist am Ortsrand, belastet den Ortskern nicht, der Verkehr läuft über die Bundesstraße 432 ab. Und es wird angenommen, es rechnet sich für die Wirtschaft“, sagt Jürgen Lamp.

Das ganze Vorhaben kann allerdings auch von einer anderen Perspektive her betrachtet werden. Denn im Grunde genommen handelt es sich um einen Vorgriff auf die Zukunft. Bis 2030 darf Tangstedt laut Vorgabe der Landesplanung um 15 Prozent wachsen bei seiner Bevölkerung – das wären fast 1000 Einwohner. „Es ist noch Luft nach oben“, sagt der Bürgermeister. „Wir müssen einen Kompromiss zwischen dem Grünen, den Menschen und dem Gewerbe finden.“

Streit um „Kuhteich“-Bebauung birgt Zündstoff

Es steht auch schon fest, wo die meisten der Neubürger leben sollen: Nur wenige Meter entfernt von Supermarkt und Discounter. Da wäre einerseits die Fläche zwischen Lindenallee und dem Komplex mit der Grundschule und den beiden Kindertagesstätten. Dieses Grundstück gehört allerdings einer Erbengemeinschaft. Die Kaufverhandlungen stocken. Dabei will die Gemeinde parallel die Verkehrsführung verändern – die Schulstraße soll eine Einbahnstraße werden, dafür eine Anbindung zur Hauptstraße kommen. „Rein theoretisch können wir auch nur die Straße bauen“, sagt Lamp bereits.

Ebenso kompliziert: das von der Gesellschaft Norddeutsche Grundeigentum geplante Wohngebiet „Kuhteich“. Dort gibt es eine Bürgerinitiative, die sich gegen die Form der Bebauung wendet. „Der Vertrag muss geändert werden“, sagt der Bürgermeister, „das liegt beim Notar. Die Höhe der Bebauung ist das Streitthema. Die politischen Mehrheiten haben sich durch die Kommunalwahl so verändert, dass der vorhandene Entwurf keine Mehrheit mehr hat.“ Die Debatte birgt Zündstoff, denn es geht um die Schaffung bezahlbarer Wohnungen. „Gerade der Wunsch nach seniorengerechtem Wohnen ist in der Gemeinde enorm groß, das habe ich in vielen Gesprächen mit Senioren gehört.“