Norderstedt. Wenn Eltern ihre Kinder untergebracht haben, sind sie zufrieden mit der Betreuung – doch zunächst muss erst ein Platz ergattert werden
75 Prozent der Norderstedter Eltern sind mit der Qualität der Betreuung in den Kindertagesstätten der Stadt und bei den Tagesmüttern sehr zufrieden oder zufrieden. Das ergab eine Umfrage der Stadtverwaltung, an der sich 17 Prozent oder 591 Haushalte von insgesamt 3408 Haushalten mit Kindern zwischen 0 und 6 Jahren beteiligt haben. „Das ist ein schönes Ergebnis für alle, die in den vergangenen Jahren viel Arbeit in die Qualitätsverbesserung in den Kitas gesteckt haben“, sagt Sabine Gattermann, Leiterin des Amtes für Schule, Sport und Kindertagesstätten.
Doch bei aller Zufriedenheit der Eltern und Kinder in den Kitas – man muss es zunächst erst mal schaffen, für sein Kind in Norderstedt einen Betreuungsplatz zu ergattern. Glücklich kann sich schätzen, wer das sogar in seiner Wunsch-Kita um die Ecke schafft.
Denn Norderstedt erlebt einen Baby-Boom bei gleichzeitig nicht mehr ausreichenden Betreuungskapazitäten. In der Umfrage nennen 38 Prozent der Eltern die aktuelle Mangel-Situation bei Krippen- und Kita-Plätzen als das größte Problem. Auch vor dem Hintergrund, dass 41 Prozent der Befragten in naher Zukunft einen neuen Betreuungsplatz benötigen. Entweder weil Nachwuchs unterwegs oder geplant ist. Oder weil Mutter oder Vater nach der Baby-Pause wieder in den Job zurückkehren wollen.
Über 638 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren verfügt die Stadt Norderstedt bei unterschiedlichen Trägern, darunter 200 Plätze bei Tagesmüttern. Für die über dreijährigen Kinder stehen 2136 Kita-Plätze zur Verfügung. Die Stadt baut die Infrastruktur derzeit aus, erreicht bis zum demnächst beginnenden Kindergartenjahr vier neue Kitas mit insgesamt 240 neuen Plätzen für die Kinder über drei Jahre. „Damit müssten wir dann zunächst ganz gut zurechtkommen“, sagt Sabine Gattermann. Doch gerade in der Betreuung der unter Dreijährigen sei die Platz-Kalkulation schwierig. „Wir rechnen derzeit mit 700 neuen Kindern pro Jahr. Früher waren es nur etwa 600 bis 630. Alle haben einen Rechtsanspruch auf Betreuung, aber welche Eltern ihn in Anspruch nehmen, das können wir nur schätzen“, sagt Gattermann. Ausgegangen werde in der Planung von einer Abdeckung von etwa 70 Prozent aller Kinder. „Danach fehlen uns etwa 100 Krippenplätze. Doch je nach Entwicklung können daraus auch schnell 200 fehlende Plätze werden.“ Wie man darauf angemessen reagiert, das will die Stadt mit der Politik im Jugendhilfeausschuss nach der Sommerpause diskutieren.
Emotionale Zuwendung für die Kinder ist das Wichtigste
Gattermann und ihr Team werten zurzeit die Umfrageergebnisse genauer aus. Erstellt wurde sie innerhalb des von der Bundesregierung unterstützten Projektes „Qualität vor Ort“, in dem Norderstedt Modellkommune ist. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, eine bessere frühkindliche und vorschulische Bildung zu konzipieren. „Es war höchst interessant, wie unterschiedlich manche Dinge von den Eltern auf der einen Seite und von Fachleuten auf der anderen Seite wahrgenommen werden“, so Gattermann. „Ein Beispiel dafür sind Info-Broschüren, die wir ganz toll fanden, die von Eltern jedoch eher links liegen gelassen werden, weil sie nicht genug auffallen oder zu speziell sind.“ Die Quellen für Eltern seien in erster Linie Suchmaschinen und die Homepage der Stadt. 80 Prozent der Befragten wünschen sich, dass sie dort alle Infos zu Familien-Themen finden, etwa zum Anmeldeverfahren, eine Liste aller Betreuungsmöglichkeiten oder Hebammen. Derzeit sei die städtische Homepage ungenügend, urteilen die Eltern.
Die emotionale Zuwendung für ihre Kinder ist den Eltern bei der Betreuung in der Kita am wichtigsten, gefolgt von kompetenten Mitarbeitern und dem pädagogischen Konzept. Der Personalschlüssel einer Kita müsse stimmen und die Nähe zum Wohnort, ebenso die Öffnungszeiten. Laut Befragung verbringen die Kinder zehn bis elf Stunden als Schlafzeit, fünf bis sieben Stunden bei den Eltern und sechs bis acht Stunden in der Krippe, Kita oder bei der Tagesmutter. Mit der Betreuungszeit sind 38 Prozent der Eltern zufrieden, 37 Prozent wünschen sich eine flexiblere Betreuungszeit, 22 Prozent eine längere. Ein großer Kritikpunkt der Eltern bleiben die aus ihrer Sicht intransparenten Vergabekriterien der Krippen und Kitas bei der Platzvergabe. „Die Eltern wissen manchmal einfach nicht, warum sie jetzt abgewiesen wurden“, sagt Jasmina Sutter von der Kreiselternvertretung der Kitas. Das ist bei jeder Einrichtung anders. Und das sorge für Frust bei den Eltern. Sabine Gattermann ist das bewusst: „Die Vergabekriterien sind nun mal Trägersache. Wenn wir genügend Plätze hätten, wäre das auch nicht das Problem.“ Es sei sinnvoll, wenn Kitas genau hinschauen, wen sie in die Gruppen aufnehmen. Das Geschlecht der Kinder, die Religionszugehörigkeit bei kirchlichen Trägern, Migrationshintergrund, Geschwisterkinder und Wohnortnähe – all das falle mal mehr und mal weniger ins Gewicht. Bis 2020 wird das von der Landesregierung installierte Kita-Onlineportal (kitaportal-sh.de) verpflichtend für alle Städte und Kommunen, sagt Gattermann. „Momentan fehlt uns in Norderstedt dafür noch die Schnittstelle. Aber wir arbeiten daran und schauen dann, was über das Portal möglich ist in Sachen Transparenz bei der Vergabe.“