Norderstedt. Die Vereinsgastronomie von Norderstedts größtem Sportverein, TuRa Harksheide, sucht einen neuen Pächter – wieder einmal.
Es ist ja ein beliebtes Klischee über Freizeitsportler – ein wenig gekickt auf dem Rasen oder ein paar Bälle übers Netz gedroschen – und dann geht es ab zur dritten Halbzeit ins Fußball-Vereinsheim oder zum letzten Satz ins Tennis-Vereinsheim, wo dann bei Weizenbier und Currywurst-Pommes alles noch mal ordentlich durchgesprochen wird, inklusive Verbrüderungsszenen und Zigarettchen im Mundwinkel.
In schlechten deutschen Filmen überlebt dieser Freizeitsportler noch. In der Realität muss man ihn lange suchen. Wirte von Vereinsgastronomien haben diese Suche allerdings längst aufgegeben. In Zeiten, in denen Menschen die ständige Selbstoptimierung als Lebenszweck sehen, ihren Körperfettanteil per Fitness-Armband an ihr Mobiltelefon übertragen, da ist mit Weizenbier und Currywurst im Vereinsheim kein Auskommen mehr zu erwirtschaften.
In Norderstedt ist die Vereinsgaststätte des größten Norderstedter Sportvereins ein gutes Beispiel für die schwierige Lage. 101 %-Harksheide steht noch über dem Eingang der geschlossenen Gaststätte. Es müsste eigentlich 0 %-Harksheide heißen, denn der Laden ist schon lange dicht. Der Verein lag seit zwei Jahren mit der Pächterin im juristischen Clinch.
Streit um Pachteinnahmen vor Gericht
Man stritt sich vor Gericht um ausbleibende Pachteinnahmen und die Frage, wem wie viel von der Kneipe eigentlich gehört. Der Rechtsstreit ist jetzt erledigt, wie die TuRa-Vorsitzende Andrea Mordhorst bestätigt. „Und wir haben vor dem Oberlandesgericht vollumfänglich Recht bekommen. Wir haben wieder alle Schlüssel der Gaststätte und sind endlich handlungsfähig.“
Aber nach dem Rechtsstreit bleibt das alte Problem – wie soll der Verein die Vereinskneipe zum Laufen bringen? Mordhorst ist da sehr zuversichtlich. „Also eigentlich muss man als Wirt an dem Standort schon viel falsch machen, um den Laden nicht zum Laufen zu kriegen.“ Die TuRa-Chefin glaubt, dass die Vereinsgastronomie Lagegunst habe. „Was haben wir denn an Gastronomie in der näheren Umgebung? Da fällt mir derzeit nur das Mongolei auf dem Marktplatz ein. Und die Zwutschkerl Alm in der Tennishalle nebenan – aber die ist ja bald auch nicht mehr da, wenn die neue Dreifeldhalle von der Stadt gebaut wird.“
Und so suchen Mordhorst und der Verein nun also einen vernünftigen Pächter, mit dem man einen möglichst langfristigen Pachtvertrag von zehn Jahren oder mehr abschließen kann. „In der Pacht sind wir – denke ich – moderat. Daran hat es auch in der Vergangenheit sicherlich nicht gelegen, dass Pächter gescheitert sind.“ Auch Mordhorst macht sich nichts vor. Mit den „Vereinsmenschen“ allein, also den Sportlern auf der Anlage, könne kein Pächter wirtschaften. „Nein, wenn man hier Erfolg haben will, muss man sich schon ein wenig drehen“, sagt Mordhorst.
Möglich sei alles. Von der Wiege bis zur Bahre, sagt Mordhorst. Will meinen: Der neue Pächter müsse versuchen, das Lokal als Familiengaststätte zu etablieren, die insgesamt vier Räume des Gebäudes mit eine Kapazität von etwa 190 Gästen durch Familienfeiern jedweder Art ausgebucht zu bekommen. „Auch wir als Verein machen Veranstaltungen. Und die sind eine Chance, sich zu beweisen und so durch Mundpropaganda Folgeaufträge zu bekommen“, sagt Mordhorst. Grundlage für eine neue Pacht sei aber, dass der Gastronom zunächst in eine Küche und die Inneneinrichtung der Gaststätte investiert. Denn zurzeit stehen die Räume komplett leer.
Konzept ging nicht auf
2014 hatte Mordhorst die Gaststätte mit ähnlichen Argumenten an den Wirt Markus Sellmann und den Koch Christof Sens verpachtet. Die beiden versuchten es mit einem breit gefächerten Konzept, eine Mischung aus Vereinslokal, Theater-Bühne, Party-Location und Sports-Bar. Sellmann, im zweiten Leben Schauspieler, wollte sogar eine Bühne in Norderstedt etablieren. Auf der Karte des 101 %-Harksheide fanden sich handgemachte Pizza und Pasta, ebenso aber die Schnitzel-Currywurst-Platte für die ganze Familie.
2016 beendete Sellmann das Unterfangen – nach eigenen Aussagen, weil er in zwei Jahren keinen einzigen Cent Gewinn gemacht hatte. Um mit Familienfeiern zu überleben, hätte er jedes Wochenende eine davon gebraucht – auch das klappte nicht. Und im Sommer, wenn alle im Urlaub sind, die Sportanlage spärlich besucht ist, dann könne man faktisch schließen. Andrea Mordhorst sagt, es gebe schon Interessenten für die Pacht. Hoffentlich haben sie mehr Erfolg.