Norderstedt. Hausbrand in Friedrichsgabe zerstört Wohngebäude. Bewohner werden gerettet – auch dank eines Passanten.
Der Brandgeruch hängt immer noch über dem Meisenkamp, aus dem Obergeschoss des Einfamilienhauses direkt gegenüber des Friedhofs Friedrichsgabe qualmt es weiterhin. Die letzten Glutnester werden erst am Freitagmittag gelöscht – viele Stunden, nachdem der erste Alarm bei der Einsatzleitstelle eingeht. Es sei sehr knapp gewesen, sagt die freiwillige Feuerwehr. Offenbar haben die Bewohner viel Glück gehabt in den dramatischen Morgenstunden. „Ich bin um 5.07 Uhr alarmiert worden. Ein Feuer Y, das heißt, es sind Menschenleben in Gefahr“, sagt Einsatzleiter Jürgen Klingenberg. Als die ersten zwei Züge der Norderstedter Feuerwehr eintreffen, brennt das Gebäude in voller Ausdehnung. „Aber ich habe sofort gehört: Alle Personen sind aus dem Gebäude heraus.“
Ein Radfahrer wählt um 5.07 Uhr den Notruf
Denn zwei Männer handeln sofort. Der eine ist Jurek Huminski (46). Der Pole wohnt in dem Haus, ist Pfleger für ein Ehepaar – der Mann (84) ist Diabetiker, sitzt im Rollstuhl, die Frau (79) hat Parkinson. „Ich habe die Rufe aus dem Erdgeschoss gehört: Hilfe, Hilfe!“
Als Huminski aufsteht, zieht ihm der beißende Qualm in die Nase. Rauchmelder gibt es offenbar keine. Vielleicht wäre das Feuer ansonsten früher wahrgenommen worden. Huminski versucht, ins Treppenhaus zu gelangen, doch der Türbereich ist zu heiß. In „Schlüpfer und Latschen“, berichtet er, klettert er aus dem Fenster, springt aus dem ersten Stock.
Währenddessen fährt auf der Straße Stefan Müller-Mau auf seinem Fahrrad vorbei. Wie immer zu dieser Zeit – er arbeitet auf dem Friedhof als Reinigungskraft. Er hört Jurek Huminski rufen. „Ein Glück, dass ich gerade da war. Ich habe die Feuerwehr verständigt. Dann bin ich reingegangen zu dem Ehepaar. Die Frau stand schon in der Tür. Den Mann habe ich zusammen mit dem Pfleger in den Rollstuhl gehoben und rausgefahren.“ Doch auch im Anbau des Hauses ist noch ein Bewohner (59). Müller-Mau zögert nicht, tritt die Tür ein. Dass er hilft, sieht er als Selbstverständlichkeit an. „Wenn man so etwas sieht, muss man etwas tun.“
Die Ortswehren aus Friedrichsgabe, Harksheide und Garstedt bekämpfen mit 90 Feuerwehrleuten und zwei Drehleitern von allen Seiten die Flammen – die Glashütter Wehr ist zu dieser Zeit in Bereitschaft, um den Brandschutz für die Stadt zu gewährleisten. Das Dach des brennenden Haus wird geöffnet, um an die Brandnester zu gelangen. Nach zweieinhalb Stunden können die ersten Kräfte aus dem Einsatz entlassen werden. Jürgen Klingenberg, der auch stellvertretender Gemeindewehrführer ist, kommt am Mittag zurück, trifft sich dort mit dem Brandermittler der Kriminalpolizei. Nach Untersuchungen kommt dieser zu dem Schluss, dass ein technischer Defekt höchstwahrscheinlich die Ursache ist – und keine Fremdeinwirkung vorliegt.
Die Bewohner haben ihr Hab und Gut verloren
Die Bewohner sind obdachlos, haben ihr Haus, ihr Hab und Gut verloren. Der 84-Jährige ist mitgenommen, aber unverletzt, seine Frau erlitt einen Schock und vermutlich eine leichte Rauchvergiftung, sie kommt in die Asklepios-Klinik Nord. Martin Skowron, Leiter des Pflegedienstes Domicil, kennt das betroffene Ehepaar, seine Mitarbeiter kommen seit Jahren täglich vorbei. Er besorgt Insulin für den Mann, kümmert sich um die Unterbringung. „Ich habe ganz Norderstedt abtelefoniert, jedes einzelne Pflegeheim, auch Henstedt-Ulzburg.“ Er kassiert ausschließlich Absagen, es gibt nirgendwo freie Plätze. Die Ausnahme: Die Geriatrie in Ochsenzoll, wo der Mann nun untergekommen ist.