Henstedt-Ulzburg. Wählergemeinschaft gewinnt sensationell zehn Direktmandate in Henstedt-Ulzburg – auf Kosten der CDU

Die Paukenschläge kommen im Minutentakt: Als ab 19 Uhr die Ergebnisse aus den Wahllokalen im Henstedt-Ulzburger Rathaus präsentiert werden, nimmt eine politische Zäsur ihren Gang. Und das zunächst ohne die Gewinner in der ersten Reihe. Die Wählergemeinschaft Henstedt-Ulzburg (WHU) erscheint erst, als ihr Triumph amtlich ist. Am Ende des Abends sind es zehn gewonnene Direktmandate – sensationelle neun mehr als noch 2013. Die WHU ist die stärkste Fraktion (zehn Sitze, zuletzt acht), CDU (von zwölf auf neun), SPD (von acht auf sechs) und BfB (von acht auf fünf) haben verloren. Nur die FDP gewann ebenso, darf künftig drei Gemeindevertreter stellen.

Die WHU-Spitzenkandidatin Karin Honerlah, bekannt für ihre scharfe Zunge, sagt zugleich in Richtung der politischen Konkurrenz: „Es wäre falsch, weiter auf Stau- und Baupartei zu machen.“ Wen sie meint: insbesondere die CDU. „Die Wähler haben eine Botschaft gesendet. Wir wollen kein Wachstum um jeden Preis, wir wollen nachhaltig für den Ort handeln. Dieses Gepredige von Wachstum können die Leute nicht mehr hören.“

Offensichtlich hat die WHU das Topthema richtig gesetzt: Die Ortsentwicklung, speziell unter Eindruck der durch eine politische Mehrheit beschlossenen Ansiedlung des Rewe-Logistikzentrums. CDU, SPD und FDP standen hierfür mit ihren Namen. Und wer die Gesichter prominenter Christdemokraten wie Fraktionschef Sven Oldag und Bürgervorsteher Dietmar Kahle sieht, kann die Fassungslosigkeit förmlich spüren. „Ich hatte mir vorgenommen, meinen Wahlkreis zu gewinnen, wir wollten stärkste Fraktion werden und an Wählerstimmen gewinnen“, so Kahle. Keiner dieser Wünsche trifft ein. Die WHU wird den Bürgervorsteherposten besetzen dürfen – vielleicht mit Verena Grützbach, die ihren Wahlkreis wie schon vor fünf Jahren direkt gewinnt. 2013 hatte die CDU allerdings 14 Direktmandate errungen. „Der Ort ist gespalten“, auch das sagt Dietmar Kahle, „es geht in zwei Richtungen.“

Auch Horst Ostwald, Fraktionsvorsitzender der SPD, zählt seine Sozialdemokraten zu den Verlierern. „Wir wollten über 20 Prozent kommen. So ist das nicht zufriedenstellend. Gerade durch Rewe hat es eine starke Polarisierung gegeben. Es herrschte eine große Unsicherheit vor, wie diese Wahl ausgeht.“

Was grundsätzlich auffällt: Zahlreiche Neueinsteiger gewinnen ihre Wahlkreise auf Anhieb. Darunter sind viele Frauen: Doreen Müller und Katrin Iwersen für die WHU, Claudia Meyer, Jasmin Krause und Annika Ahrens-Glismann von der CDU.

Die zweite Wählergemeinschaft in der Großgemeinde, die BfB (Bürger für Bürger), die sich ja einst von der WHU abgespalten hatte, verliert knapp 25 Prozent ihrer Stimmen im Vergleich zu 2013. „Wir haben Federn gelassen“, sagt Spitzenkandidat Jens Iversen. Tile Abel, zuletzt Fraktionsvorsitzender, bemerkt in Richtung des Wahlsiegers: „Die WHU hat aktuelle, aber keine langfristigen Projekte in den Vordergrund gestellt.“ Jetzt gebe es keine festen Mehrheiten mehr in der Gemeindevertretung. „Es müssen neue gefunden werden. Und das ist gut.“

Was fast untergeht: Die FDP profitiert ebenso von einer Wählerwanderung – vielleicht von der Union. Bisher hatten die Liberalen zwei Gemeindevertreter, künftig sind es drei. Auch in diesem Falle hatte die Partei auf ein Thema gesetzt, das die Bürger ärgert: Die Straßenausbaubeiträge – für die FDP müssen diese komplett abgeschafft werden.