Henstedt-Ulzburg. Die Gewerkschaft Ver.di kritisiert die Transfergesellschaft für die von Kürzungen betroffenen Klinik-Mitarbeiter in Henstedt-Ulzburg.

„Wir wollen Personal möglichst in bettenfernen Bereichen abbauen, beispielsweise in der Verwaltung.“ Diese Aussage des Generalbevollmächtigten für die Sanierung des insolventen Paracelsus-Konzerns, Reinhard Wichels, ist knapp einen Monat alt. Und, folgt man der Gewerkschaft Ver.di, nicht mehr zutreffend für den Klinikstandort Henstedt-Ulzburg. Am vergangenen Dienstag und Mittwoch waren dort betroffene Mitarbeiter eingeladen zu Informationsveranstaltungen über einen Übergang in eine Transfergesellschaft. „56 Leute haben eine Einladung bekommen“, sagt Imke Wriedt, Fachbereichssekretärin für Südholstein – laut Paracelsus waren es nur 27.

Mitarbeiter müssen sich bis zum 21. März entscheiden

Was auf dem Tisch liegt, ist folgendes Angebot: Transfergesellschaft, Kündigung durch das Unternehmen oder ein freiwilliges Ausscheiden. Zur Erinnerung: 60 Vollzeitstellen sollen in der Gemeinde abgebaut werden, wie viele Angestellte das sind, ist noch nicht bekannt. Das Verhältnis zwischen Verwaltungs- und Pflegekräften sei „50/50“, sagt Wriedt. „Und das sind nicht nur dauerhaft Kranke oder Mitarbeiter, die kurz vor der Rente sind, die in eine Transfergesellschaft gezwungen werden.“ Transfergesellschaften haben den Zweck, dass Arbeitnehmer sich maximal zwölf Monate fortbilden und weiter qualifizieren können, um dann möglichst neue Jobs zu finden. Auf Antrag eines Betriebes kann die Bezahlung durch die Agentur für Arbeit übernommen werden.

Auf Nachfrage erklärt Simone Hoffmann, Sprecherin des Konzerns: „Wir sind nach wie vor bemüht, den Personalabbau sozial verträglich zu gestalten für die Klinik und die Patienten.“ Es könne aber sein, dass auch Pflegekräfte betroffen seien. „Wir halten uns aber an die Benchmark-Werte.“ Also an Personalschlüssel, wie sie in der Branche üblich sind.

Wer im Fall Henstedt-Ulzburg eine entsprechende Option über einen Wechsel in eine Transfergesellschaft vorliegen hat, muss sich bis zum 21. März entscheiden. Wriedt: „Die Rechtslage in diesem Insolvenzverfahren macht die Kündigungen leicht. Mit einem verkleinerten Personalstamm wird es bei den zu erwartenden höheren Belastungen wieder auch längerfristig Erkrankte geben.“ Sie berichtet von einer 58 Jahre alten Mitarbeiterin, die seit 34 Jahren bei Paracelsus arbeitet, nun aber eine Kündigung erhalten habe. „Auf der anderen Seite wird eine jüngere Kollegin eingearbeitet, die günstiger ist und keine teure Altersvorsorge hat.“ Durchschnittlich würden die Abfindungen laut der Gewerkschaft Ver.di nur zweieinhalb Brutto-Monatsgehälter umfassen.

Für Unruhe in der Klinik sorgte in den letzten Tagen ein Rat der Gewerkschaft an Mitarbeiter, sich neue Arbeitsplätze zu suchen. „Wir empfehlen Angestellten, sich umzuschauen. Diejenigen, die kämpfen, sind diejenigen, die sich wegbewerben.“ In der „Segeberger Zeitung“ kritisiert die Betriebsratsvorsitzende Gisela Bettin diese Aussage. „Wie kann man so etwas sagen? Die Transfergesellschaft ist ein guter Weg für die Betroffenen.“ Ihre Stellvertreterin Lore Scheier sagte, die Ver.di-Statements seien „nicht unterstützend“.

Dreistellige Zahl potenzieller Investoren

Ärzte sind bisher nicht von Kündigungen betroffen. Henrik Herrmann, Vorsitzender des Marburger Bundes in Schleswig-Holstein, verfolgt die Entwicklung trotzdem genau. „Wir betrachten den Stellenabbau in der Pflege und die Unterbesetzung sowohl im ärztlichen als auch im pflegerischen Bereich mit Sorge. Unterbesetzung und Arbeitsüberlastung gefährden nicht nur die Gesundheit der Mitarbeiter, sondern stellen auch eine Gefährdung der Patientengesundheit dar.“

Keine Neuigkeiten gibt es bei der Suche nach Käufern für die Paracelsus-Gruppe. Wie berichtet, gibt es großes Interesse an dem Konzern – in dreistelliger Zahl sowohl aus der deutschen Gesundheitsbranche als auch von ausländischen Finanzinvestoren. „Wir versuchen, Paracelsus als Ganzes zusammenzuhalten“, sagt Simone Hoffmann. „Aber der Gläubigerausschuss entscheidet.“ Reinhard Wichels hat allerdings die Möglichkeit nicht mehr ausgeschlossen, dass das Unternehmen auch an verschiedene neue Eigentümer gehen könnte. Ungefähr zur Jahresmitte soll es Klarheit geben – also auch für Henstedt-Ulzburg.