Bad Segeberg. Das Segeberger Wahrzeichen wird zum Hotel umgebaut. In sechs Zimmern können die Gäste den Blick bis zur Ostsee genießen.
Schon von Weitem sichtbar, weist er den Weg nach Bad Segeberg: der Wasserturm. Ein Bau mit wechselhafter Geschichte, der jetzt einem weiteren Lebensabschnitt entgegensteuert. Der 35 Meter hohe Turm, der auf dem 80 Meter hohen Kalkberg thront, wird zum Hotel umgebaut. Damit dürfte eine der ungewöhnlichsten Herbergen im Norden und, neben den Karl-May-Spielen, dem Großen Segeberger See und den Fledermaus-Höhlen, ein weiterer Besuchermagnet in der Kreisstadt entstehen.
„Wir haben den Bauantrag gestellt, die jetzigen Bewohner ziehen Ende des Monats aus, im März wollen wir mit den Umbauarbeiten beginnen“, sagt Hanno Hagemann, dessen Firma Argos das Bauwerk mit der Rotklinker-Fassade vor gut einem halben Jahr von Wolfgang Harksen gekauft hat. Sechs Zimmer will der neue Eigentümer im schlanken Zylinder unterbringen, alle übereinander mit Schlafzimmer, Küche und Bad – zwischen 25 und 30 Quadratmeter groß. Zunächst betreten die Gäste den Eingangsbereich mit Wohnzimmer, Galerie und Turmbar, dann geht es mit dem Lift oder über die Wendetreppe in die gebuchte Etage. „Wir müssen den Fahrstuhl nach oben erweitern, jetzt reicht er nur bis zum vierten Stock“, sagt Hagemann. Geklärt werden müsse noch der Fluchtweg – mangels Außentreppe könnte die Feuerwehr Gäste im Notfall über die Drehleiter retten.
Familien-Appartements neben demTurm heißen Bullerbü
Frühstück, Mittag- und Abendessen gibt es nicht, der Turm wird zum Aparthotel mit Appartements, vollständig eingerichteten kleinen Wohnungen mit Küche, Bad und einem Wohnschlafzimmer, die auch tageweise vermietet werden sollen. „Für solche Angebote gibt es Bedarf, der Markt wächst stark“, sagt Hagemann. Der Wasserturm ist nur ein Teil des geplanten Hotelkomplexes. Hagemann hat im Umfeld des Wasserturms weitere Häuser gekauft. Um den Turm gruppieren sich Gebäude, die saniert und für Hotelzwecke hergerichtet werden sollen.
So wird ein Haus, das direkt an der Zufahrt zum Turm liegt, zum Familien-Domizil mit dem Namen „Bullerbü“. Geplant ist auch die Umwandlung des Hauses Am Kalkberg 8 zum „Herrenhaus“ mit kleineren Appartements, Sauna- und Wellnessbereich. Ein Saal für Feste soll außerhalb des Turms hergerichtet werden, zudem ist ein Cottage für Gartenfeiern vorgesehen. Mittelpunkt aber bleibt der Wasserturm mit Blick auf den Kalkberg und das Stadion.
Die genaue Investitionssumme steht, gemäß Hagemann, noch nicht fest. Er geht von einem niedrigen Millionenbetrag aus. „Der Vorbesitzer hat ja schon viel Geld in die Hand genommen, um den Turm wohnlich zu gestalten“, sagt der Investor.
Wolfgang Harksen ersteigerte das Bauwerk, das von 1907 bis 1910 hochgezogen wurde, im April 1997 und erfüllte sich einen Jugendtraum. Die Segeberger waren erleichtert, dass sich endlich jemand des vom Zerfall bedrohten Turms annahm, der zu dem Zeitpunkt schon 20 Jahre leer gestanden hatte. Harksen baute das unter Denkmalschutz stehende Gebäude aus und lebte mit seiner Familie auf vier Etagen, die mit einem Fahrstuhl erschlossen sind. Im Eingangsbereich gibt es eine große Sitzecke und eine Empore, es schließen sich ein Büro und die ehemaligen Kinderzimmer an. Auf je einer Etage liegen Küche Wohnzimmer und Schlafzimmer. Direkt unter dem Dach ist der Hauswirtschaftsraum. 83 Fenster garantieren den guten Aus- und Rundumblick über Bad Segeberg – und das schon, erklärt der neue Eigentümer, vom zweiten Stockwerk an. Wer sich ganz oben in der Maisonette-Wohnung einmietet, könne bei gutem Wetter bis Travemünde gucken. Und hat den Logenplatz für die Karl-May-Spiele im Kalkbergrund inklusive.
„Natürlich wollen und müssen wir Geld verdienen. Mir geht es aber vor allem darum, das Wahrzeichen der Stadt zu erhalten und für die Segeberger zu öffnen“, sagt Hagemann. Möglicherweise gebe es günstige Eröffnungsangebote für alle, die in der Kreisstadt wohnen. Ursprünglich sahen die Pläne vor, dass der Umbau bis zur Karl-May-Saison im Sommer fertig ist. Doch dieses ambitionierte Ziel musste Hagemann aufgeben. Er rechnet damit, dass der Hotel-Komplex im Oktober oder November eröffnet werden kann.
Große Stolpersteine liegen nicht mehr im Weg. Die Segeberger Politiker waren begeistert von den Hotelplänen. Der Bebauungsplan müsse nicht geändert werden, er sehe eine Mischnutzung vor. Allerdings meldeten sich einige Anlieger zu Wort, nachdem das Projekt bekannt geworden war. Sie fürchteten um den Wert ihrer Immobilien und befürchteten wachsenden Verkehr durch die Gäste. Die Parkplätze reichten nicht, sagten die Kritiker. „Vor drei Wochen haben wir uns mit den Anwohnern zusammengesetzt und unser Konzept erläutert. Damit konnten wir die Ängste und Sorgen ausräumen“, sagt der Bauherr, der nun auf die Baugenehmigung wartet, um den alten Turm zu neuem Leben zu verhelfen.