Verzicht ist offenbar der neue Wohlstand. Wer 40 lange Tage bis Ostern fastet, gibt ab, auf was er verzichten kann – wenn er denn will. Wer fastet, hat sich im Griff und zeigt die nötige Disziplin – im Gegensatz zu armseligen dumpfen Konsumbürgern.
Wer fastet, hat meinen Respekt. Es geht mir aber neuerdings schwer auf den Senkel, dass einige Faster ihre offensichtliche Leidenszeit unbedingt der Umwelt schildern müssen. Es muss laut gesagt werden, damit es auch wirklich jeder deutlich mitbekommt. Wie, du willst dein Leben nicht ändern? Schau nur, wie gut mir das Kasteien tut! Ich fühle mich wie neugeboren! Kurz geknurrt: Ich kann diese Wehklagerei nicht mehr hören! Liebe Faster: Verzichtet fleißig und aus vollem Herzen oder aus ehrlicher Überzeugung. Entsagt dem Hochprozentigen aus der Flasche, allen süßen Verlockungen, der Zigarette danach oder was einem sonst noch das Leben verschönert. Aber kein Wort davon!
Die Askese ist eure Entscheidung. Macht, was ihr wollt, aber leidet still. Und zeigt nicht mit dem moralischen Zeigefinger auf uns Willenlose. Keiner sitzt gern auf der Anklagebank – und schon gar nicht, wenn andere diese Bank hingestellt haben – ungefragt. Schweigt bitte über eure Enthaltsamkeit. Es scheint, als wäre dies das Schwierigste am Fasten.