Norderstedt. Für viele Menschen, die in der Stadt Norderstedt einfach keine Wohnung finden, ist Katrin Fasel die letzte Hoffnung.
Die Suche nach bezahlbarem Wohnraum in Norderstdt ist für Geringverdiener, Bedürftige und Menschen in Notsituationen nahezu aussichtslos. Norderstedt ist das teuerste Pflaster des Landes. 9,45 Euro pro Quadratmeter ist der durchschnittliche Mietpreis in der Stadt. Etwa 4500 günstige Wohnungen fehlen laut Studien. In ihrer Petition „Obdach für alle“, die Norderstedter Sozialverbände im September an Politik und Wohnungswirtschaft richteten, wurde eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft gefordert, die als sozialer Bauherr die klaffende Lücke auf dem Wohnungsmarkt schließen soll.
Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder will der Lage mit einem lokalen Bündnis für Wohnungsbau begegnen, einem runden Tisch mit allen Akteuren des Wohnungsmarktes. Während Verwaltung, Politik und Wirtschaft Lösungsansätze diskutieren, verzweifeln Betroffene auf der Suche nach Wohnungen: Geringverdiener, Arbeitslose, Geflüchtete und Obdachlose. Vielen bleibt nur noch die Endstation Notunterkunft.
Kein geregeltes Leben ohne Wohnung, aber nur wer ein geregeltes Leben hat, bekommt den Zuschlag vom Vermieter – um den Kreislauf, der nicht selten in die Obdachlosigkeit führt, zu durchbrechen, hat die Stadt Katrin Fasel eingestellt. Seit April 2017 ist sie im Bereich Wohngeld und soziale Dienste ausschließlich für die Vermittlung von Wohnungen zuständig. Fasel hat ein Netzwerk zu allen Vermietern der Stadt aufgebaut, sie durchleuchtet täglich alle gängigen Immobilienportale im Internet und kennt jedes Neubauprojekt mit gefördertem Wohnraum in der Stadt. In den vergangenen Monaten hat sie 58 Menschen in 24 Wohnungen in der Stadt vermittelt. Menschen, die das alleine nie geschafft hätten.
Fasel gelingt das, weil sie als Leumund für die vermeintlich schwer Vermittelbaren fungiert. „Ich setze mich mit den Wohnungssuchenden und ihrer Geschichte auseinander. So kann ich einschätzen, wen ich guten Gewissens einem kooperativen Vermieter vermitteln kann“, sagt Fasel. Wer schon betrunken zum Beratungsgespräch kommt, hat keine Chance. Wer vorgeschlagene Wohnungen ablehnt, auch nicht. „Unzumutbare Wohnungen werden von mir aussortiert. Niemand wird in das letzte Kellerloch vermittelt“, sagt Fasel.
Geflüchtete kennen ihre Rechte und Pflichten nicht
Eine Liste mit etwa 60 potenziellen Kandidaten führt sie derzeit. Beim Vermieter baut sie Vorbehalte und Befürchtungen ab. „Ich bleibe auch nach der erfolgten Vermietung am Ball und begleite die Klienten noch eine Zeit lang.“ Für Geflüchtete bietet sie Crash-Kurse im deutschen Mietrecht an, damit sie wissen, welche Rechte und Pflichten beim Mietvertrag entstehen. Allen hilft sie bei der Kommunikation mit dem Jobcenter, das die Miete bis zur Norderstedter Obergrenze von 530 Euro (eine Person) übernimmt.
„Ich wäre mit meiner Tochter irgendwo in Hamburg in einer Notunterkunft gelandet – oder obdachlos geworden“, sagt eine 29 Jahre alte Mutter, die von Fasel in eine geförderte Wohnung in einem Plambeck-Neubau in Norderstedt-Mitte vermittelt wurde. Ihr Schicksal ist exemplarisch für viele und zeigt, dass der Weg in die Obdachlosigkeit kürzer geworden ist. Die 29-Jährige verließ ihren Mann und nahm ihre siebenjährige Tochter mit. Die Wohnungssuche für die arbeitslose Alleinerziehende war sinnlos, eine Odyssee über die Sofas und Gästebetten von Freunden und Bekannten begann. „Auch für meine Tochter war das belastend.“ Katrin Fasel war für sie die Rettung. „Mit der Wohnung habe ich meine vier Wände, eine Tür, die ich schließen kann“, sagt sie. Die Tochter hat einen Lebensmittelpunkt, eine neue Schule und die junge Mutter kann sich nun um einen Job bemühen. Die Wohnung steht am Anfang der Existenzgründung und ermöglichst diese erst.
Die Notlage vieler Menschen wird von kriminellen Geschäftemachern auf dem Wohnungsmarkt ausgenutzt. Katrin Fasel kennt die gängigen Tricks und die entsprechenden Vermieter. Gerade Geflüchtete werden zu Opfern, weil sie sich nicht auskennen. So wie ein 31 Jahre alter Iraker, der in Norderstedt gemeinsam mit zwei anderen Parteien in einer 67 Quadratmeter Wohnung in Garstedt lebte. „Von jedem Bewohner nahm der private Vermieter pro Zimmer die Mietobergrenze für eine Person in Höhe von 512 Euro“, sagt er. Macht 1536 Euro pro Monat – absoluter Wucher.
Der Iraker ließ sich später noch auf das Angebot des Vermieters ein, in eine private Einliegerwohnung umzuziehen. „Ich gründe gerade meine eigene Firma. Ich will Waren aus dem Nahen Osten importieren. Mein Businessplan steht“, sagt er. Doch plötzlich verbietet der Vermieter ihm, aus der Wohnung heraus Geschäfte zu koordinieren und Geschäftspartner zu empfangen. „Ich möchte mein eigenes Geld verdienen, eine Existenz aufbauen, heiraten und Steuern zahlen – etwas zurückgeben. Aber er zerstörte meine Pläne.“ Mittlerweile lebt er wieder in einer Unterkunft der Stadt. „Ich will mich hier integrieren und befolge die Regeln. Erlebe dann aber Deutsche, die das Hilfesystem betrügen und ausbeuten.“
Katrin Fasel ist im Rathaus unter der Rufnummer 040/53 59 51 81 zu erreichen